Bankbürgschaft übersendet: Anspruch auf Bauhandwerkersicherheit nach § 650f BGB erfüllt!

OLG Düsseldorf, Urteil vom 03.03.2023 - 22 U 111/22 BGB § 362 Abs. 1, § 650f

Verlangt der Auftragnehmer vom Auftraggeber die Stellung einer Bauhandwerkersicherheit gem. § 650f BGB, wird der Anspruch auf Sicherheitsleistung durch Übersendung einer Bürgschaftsurkunde und deren Entgegennahme durch den Auftragnehmer erfüllt. Das gilt auch dann, wenn die Vertretungsmacht der Unterzeichner der Bürgschaftsurkunde nicht hinreichend nachgewiesen ist.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 03.03.2023 - 22 U 111/22

BGB § 362 Abs. 1, § 650f

 

Problem/Sachverhalt

Der Auftraggeber (AG) stellte auf das Sicherungsverlangen des Auftragnehmers (AN) nach § 650f BGB eine Bankbürgschaft vom 21.05.2021. Die Bürgschaftsurkunde wurde von zwei Mitarbeitern der Sparkasse ohne Vertretungszusatz unterzeichnet. Am 14.03.2022 erhielt der AN eine Vollmachtsbestätigung zweier Vorstände der Sparkasse, wonach die unterzeichnenden Mitarbeiter ermächtigt waren, die Bürgschaftsurkunde zu unterschreiben. Der AN wendet ein, dass die nach § 650f BGB geschuldete Sicherheit wegen des zunächst fehlenden Nachweises der Vertretungsmacht der Mitarbeiter der Sparkasse nicht mehr im Mai 2021 erfüllt worden sei.

Entscheidung

Der Einwand bleibt ohne Erfolg! Der dem AN gem. § 650f BGB zustehende Anspruch auf Sicherheitsleistung sei durch die Übersendung der Bürgschaft vom 21.05.2021 erfüllt worden. Der Erfüllung bereits im Mai 2021 stehe nicht entgegen, dass die Bürgschaftsurkunde von zwei Mitarbeitern der Sparkasse unterzeichnet wurde und dem AN erst später eine Vollmachtsbestätigung zuging. Gemäß § 362 Abs. 1 BGB erlösche das Schuldverhältnis, wenn die geschuldete Leistung bewirkt werde. Subjektive Merkmale gehörten nicht zum Tatbestand der Erfüllung. Maßgeblich sei, ob die geschuldete Leistung bewirkt werde. Das müsse nicht einmal durch eine Leistungshandlung des Schuldners geschehen. Die geschuldete Leistung sei hier schon im Mai 2021 bewirkt worden. Der Hauptschuldner der Bürgschaft (hier: der AG) habe die Bürgin (hier: die Sparkasse) mit der Übernahme der Bürgschaft zu Gunsten des Gläubigers (hier: des AN) beauftragt und der AN habe die Bürgschaftsurkunde entgegengenommen. Dadurch sei ein Bürgschaftsvertrag zwischen ihm und der Sparkasse begründet worden.

Die Ansicht des AN, im Mai 2021 sei nicht oder jedenfalls nicht vollständig erfüllt worden, weil die Vertretungsmacht der Unterzeichner der Bürgschaft nicht hinreichend nachgewiesen worden sei, finde auch keine Stütze im Gesetz. Der Leistungsempfänger (hier: der AN) trage das Risiko der Beurteilung, ob Leistungshandlungen den Leistungserfolg bewirkt haben, selbst. Die Erfüllung hänge nicht davon ab, ob und inwieweit der AN sicher sein kann, ob die geschuldete Leistung bewirkt ist. Die Bürgschaft sei wirksam erteilt worden. § 650f BGB enthalte keine Regelung dazu, dass der Besteller dem Unternehmer die Erfüllung durch zusätzliche Erklärungen nachweisen müsste. Im Übrigen seien die Zweifel des AN kaum nachvollziehbar. Die Bürgschaft sei auf einem mit Wasserzeichen versehenen Papier der Sparkasse ausgestellt worden und entspreche nach Form und Geschäftszeichen einer vom AN akzeptierten Bürgschaft vom 11.11.2020. Es sei schon sehr ungewöhnlich, wenn die Mitarbeiter einer Sparkasse Bürgschaften unterschrieben hätten, obwohl sie hierzu nicht bevollmächtigt seien. Dem Risiko, dass der AG eine Bürgschaftserklärung fälsche, könne schon durch einen Anruf bei der Sparkasse begegnet werden.

Praxishinweis

Ob die Bürgschaft wegen fehlender Vollmacht der Mitarbeiter der Sparkasse unverzüglich i.S.d. § 174 BGB vom AN zurückgewiesen wurde, ist der Entscheidung des OLG nicht zu entnehmen. Unabhängig davon sollte ein AG - um den rechtlich sicheren Weg zu gehen - die Vollmacht grundsätzlich im Original an den AN übergeben, da im Einzelfall die Übergabe einer Bürgschaftskopie nicht ausreicht (vgl. OLG Dresden, IBR 2015, 424; OLG Köln, IBR 2014, 269; OLG Bremen, IBR 2013, 741; BeckOK BauvertrR/Scharfenberg, BGB § 650f Rz. 28b f.).

 

RA und FA für Bau- und Architektenrecht, FA für Vergaberecht Philipp Scharfenberg, Heidelberg