1. Eine Frist zur Stellung einer Sicherheit gem. § 650f BGB ist angemessen, wenn sie so bemessen ist, dass dem Besteller die Beschaffung der Sicherheit ohne schuldhaftes Verzögern möglich ist (hier bejaht für eine am 26.03.2020 zugehende Setzung einer Frist bis zum 07.04.2020).
2. Eine Bitte des Bestellers um Fristverlängerung unter Hinweis auf die Corona-Situation und die bevorstehenden Osterfeiertage ist unbeachtlich, wenn sich der Besteller auf derartige pauschale Aussagen beschränkt, ohne darzulegen, welche konkreten Auswirkungen die Corona-Situation auf seine Hausbank und damit auf die Beibringung der Sicherheit hat und aus welchem Grund ihm die Sicherheitsleistung vor den erst nach Ablauf der Frist beginnenden Osterfeiertagen nicht möglich sein wird.
Problem/Sachverhalt
Ein Architekt (A) schließt am 18.10.2019 mit einem Projektentwickler (AG) einen Architektenvertrag. Mit Schreiben vom 26.03.2020, dem AG am selben Tag per E-Mail zugehend, setzt A dem AG eine Frist zur Beibringung einer Sicherheit gem. § 650f BGB bis 02.04.2020, was A mit Mail vom 31.03.2020 bis zum 07.04.2020 verlängert. Der AG stellt innerhalb der Frist keine Sicherheit. A kündigt deshalb den Vertrag aus wichtigem Grund. Zu Recht?
Entscheidung
Ja! Entscheidend ist, ob A dem AG eine "angemessene Frist zur Leistung der Sicherheit" (§ 650f Abs. 5 Satz 1 BGB) gesetzt hatte. Das richtet sich nach den in Leitsatz 1 wiedergegebenen Kriterien. Zu berücksichtigen ist, dass der Besteller unter Umständen Verhandlungen mit einem oder mehreren baufinanzierenden Kreditinstituten führen muss. Ohne schuldhaftes Zögern handelt ein Besteller, wenn er die Beschaffung der Sicherheit so weit wie möglich beschleunigt, weshalb nach der Vorstellung des Gesetzgebers in der Regel eine Frist von sieben bis 10 Tagen ausreicht. Unter Einbeziehung der am 31.03.2020 gewährten Fristverlängerung bis zum 07.04.2020 betrug die Frist deutlich mehr als eine Woche, was für den AG, der als Projektentwickler im ständigen Kontakt mit Kreditinstituten steht, im Grundsatz ausreichend war. Unbeachtlich ist das Schreiben des AG vom 31.03.2020, in dem der AG die Frist wegen der Corona-Situation und der bevorstehenden Osterfeiertage als unangemessen kurz zurückwies und um Verlängerung bis zum 17.04.2020 bat (vgl. Leitsatz 2). Das gilt umso mehr, da der AG im Schreiben vom 31.03.2020 nicht einmal zu erkennen gab, dass er in den vergangenen vier Tagen bereits Anstrengungen zur Beibringung der Sicherheit eingeleitet hatte.
Praxishinweis
Für Bauunternehmer/Planer ist es von größter Bedeutung, die angemessene Frist zur Stellung einer Sicherheit gem. § 650f BGB zutreffend zu bestimmen und erst nach Fristablauf weitergehende Schritte wie eine Kündigung aus wichtigem Grund einzuleiten. Für die Empfänger derartiger Sicherungsverlangen - die Besteller - gilt nichts anderes, wenn sie die Frage beantworten müssen, wie viel Zeit sie haben, um die Sicherheit zu stellen und damit eine Kündigung des Unternehmers/Planers aus wichtigem Grund zu verhindern. Viele Gerichtsentscheidungen orientieren sich an der Gesetzesbegründung aus 1991, BT-Drs. 12/1836, S. 8 f.), wonach eine Frist von sieben bis 10 Tagen in der Regel notwendig sein wird. Ich halte im Hinblick auf die Überforderung vieler großer Banken mit § 650f BGB (wobei eine Bankbürgschaft nicht das einzige zulässige Sicherungsmittel ist!) eher eine Frist von 14 Kalendertagen für angemessen (gänzlich anders im Hinblick auf eine Wohnungseigentümergemeinschaft indes zuletzt OLG München, IBR 2021, 73).
RA und FA für Bau- und Architektenrecht Dr. Claus Schmitz
