Der Bauträger und seine Pflicht zur Eigentumsübertragung

Eine Besonderheit des Bauträgervertrages gegenüber dem „normalen“ Bauvertrag ist, dass der Bauträger sich nicht nur verpflichtet, das Haus oder die Eigentumswohnung für den Erwerber (vom Gesetz „Besteller“ genannt) zu errichten, sondern zugleich die Verpflichtung übernimmt, dem Erwerber das Eigentum zu verschaffen. Denn wer mit einem Bauträger baut, tut das nicht als Bauherr auf einem eigenen Grund und Boden.

Vielmehr ist der Bauträger Bauherr, der auf seinem Grund und Boden das Bauwerk errichtet. Im Bauträgervertrag ist daher regelmäßig vereinbart, dass der Bauträger erst dann verpflichtet ist, das Eigentum zu übertragen, wenn die vollständige Bezahlung erfolgt ist. Da diese Form des Bauens besondere Risiken aufweist, gelten auch besondere Spielregeln und Schutzmechanismen zugunsten des Erwerbers.

 

Eigentumsverschaffungspflicht

Im Regelfall wird im Bauträgervertrag bereits die Auflassung (= Einigung zwischen Verkäufer und Käufer über den Übergang des Eigentums) des Baugrundstücks oder der Eigentumswohnung erklärt, jedoch der Vollzug der Auflassung im Grundbuch von der vollständigen Zahlung des Kaufpreises abhängig gemacht. Die vollständige Zahlung des Kaufpreises kann der Bauträger jedoch nur dann verlangen, wenn er sein Werk vollständig fertiggestellt hat, § 3 Abs. 2 MaBV.

 

Begriff der vollständigen Fertigstellung

Was unter einer vollständigen Fertigstellung in diesem Sinne zu verstehen ist, ist nach wie vor umstritten. Das Oberlandesgericht Celle hat mit Urteil vom 30.10.2014 (16 U 90/14) ausgeführt, dass – anders als die Abnahme – die vollständige Fertigstellung voraussetze, dass sämtliche Mängel, also auch unwesentliche Mängel, die grundsätzlich einer Abnahmereife nicht entgegenstehen, beseitigt sein müssen. Auch das Kammergericht Berlin hat mit Urteil vom 18.10.2022 (7 U 41/21) diese Rechtsauffassung eingenommen: Eine vollständige Fertigstellung sei nur dann gegeben sei, wenn sämtliche Mängel – auch solche Mängel, die der Abnahmefähigkeit grundsätzlich nicht entgegenstehen – beseitigt seien. Demgegenüber wird insbesondere von namhaften Kommentatoren in der baurechtlichen Literatur vertreten, dass unwesentliche Mängel der vollständigen Fertigstellung jedenfalls dann nicht entgegenstehen, wenn sie nicht in dem Abnahmeprotokoll benannt sind. Wenn und soweit die Parteien übereinstimmend in einem Protokoll festgelegt haben, welche Mängel noch zu beseitigen sind, dann soll nach dem Urteil des OLG Hamm vom 03.07.2007 (21 U 14/17) darin eine konkludente Einigung liegen, dass das Objekt nicht vor Beseitigung dieser Mängel vollständig fertiggestellt sei, selbst wenn es nach der Art eigentlich nur unwesentliche Mängel seien. Gleich, wie man die vollständige Fertigstellung definiert: Es kommt nicht selten dazu, dass es dem Bauträger über einen längeren Zeitraum nicht gelingt, die vollständige Fertigstellung zu bewirken. In solchen Fällen wird die Verweigerung der Eigentumsumschreibung im Grundbuch gelegentlich als „Druckmittel“ eingesetzt.

 

Pattsituation?

Die in einer solchen Situation liegende Widersprüchlichkeit ist offensichtlich: Einerseits gelingt es dem Bauträger aus den unterschiedlichsten Gründen nicht, die Voraussetzungen für die vollständige Fertigstellung im Rechtssinne zu erreichen und damit die Voraussetzung für die Zahlung der letzten Rate zu schaffen. Andererseits macht er die Übertragung des Eigentums gerade davon abhängig, dass die letzte Rate bezahlt wird. Der Bauträger behindert sich also quasi selbst.

In den Fällen, in denen der Erwerber nicht auf die Verschaffung des Eigentums angewiesen ist – er ist durch eine Auflassungsvermarkung ja gesichert - kann der Erwerber diese Situation aussitzen. Es gibt aber auch Situationen, in denen der Erwerber - aus welchen Gründen auch immer - zu einem bestimmten Zeitpunkt ins Grundbuch als Eigentümer eingetragen werden will – und sei es auch nur, um dem Bauträger dieses Druckmittel zu nehmen.  Hier stellt sich die Frage, ob der Erwerber die Eintragung ins Grundbuch verlangen kann, obwohl er noch nicht vollständig bezahlt hat.

 

Pflicht des Bauträgers zur Eigentumsübertragung

Diese Frage ist wird häufig zu bejahen sein: Denn ein Bauträger, der mit der vollständigen Fertigstellung oder der Beseitigung von Mängeln in Verzug gerät, verhält sich treuwidrig, wenn er gleichzeitig den Vollzug der Auflassung von der vollständigen Bezahlung, die wiederum von der vollständigen Fertigstellung abhängig ist, abhängig macht.

Das Kammergericht Berlin legt in einer aktuellen Entscheidung den Bauträgervertrag so aus, dass der Bauträger zum Vollzug der Auflassung auch vor vollständiger Fertigstellung (und Kaufpreiszahlung) dann verpflichtet ist, wenn lediglich ein geringer Kaufpreis zur Zahlung offen steht. Als gering sieht das Kammergericht 8,5 % des Kaufpreises an (KG Berlin, Urteil vom 18.10.2022 - 7 U 41/21). Ähnlich sieht es das OLG München: Einem Erwerber, der einen Großteil der vereinbarten Vergütung bereits geleistet hat und einen Teil der Vergütung wegen Mängeln – im konkreten Fall waren es 8 Prozent - (berechtigt) zurückbehält, kann die Auflassung und Eintragungsbewilligung ins Grundbuch nicht verweigert werden kann, wenn die Verweigerung gegen Treu und Glauben verstößt. Zwar gebe es keine feste Grenze, bis zu welchem Betrag das möglich sei, sondern es habe eine umfassende Würdigung des Einzelfalls stattzufinden, wobei der betragsmäßig offenstehende Teil der Leistung nur ein zu würdigendes Kriterium sei. Es müsse aber auch das zeitliche Momentum berücksichtigt werden: Wenn es dem Bauträger nicht gelingt, innerhalb der von ihm vertraglich zugesicherten Fristen ein mangelfreies Werk herzustellen, ist das zugunsten des Erwerbers in die Waagschale zu werfen. In diesem Sinne hat das OLG Hamburg mit Urteil vom 17.04.2015 (9 U 35/14) sogar einen Mangeleinbehalt von 10 % als nicht der Eigentumsübertragung entgegenstehend angesehen.

In älteren Entscheidungen ist das aber durchaus auch einmal anders gesehen worden: Das OLG Karlsruhe hat sich im Urteil vom 18.07.2006 (17 U 326/05) auf den Standpunkt gestellt, dass der Bauträger die Übertragung des Grundstückseigentums auch dann unter Berufung auf sein Zurückbehaltungsrecht verweigern könne, wenn die sogar verjährte Restkaufpreisforderung lediglich 3,5% des Kaufpreises betrage und die Verjährung deshalb eingetreten ist, weil der Erwerber seinerseits von seinem Zurückbehaltungsrecht bis zur vollständigen Mängelbeseitigung Gebrauch gemacht hat.

 

Fazit

Die Pflicht des Bauträgers zu Übertragung des Eigentums kann auch in solchen Fällen häufig durchgesetzt werden, in denen der Erwerber einen Teil des Kaufpreises berechtigt zurückhält und der Bauträger mit seiner Pflicht zur vertragskonformen Leistung in Verzug geraten ist

Marco Röder

  • Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
  • Mitglied der ARGE Baurecht im DAV
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