Der Bauträger ... und die (vermeintliche) Abnahme II

Im Beitrag „Der Bauträger … und die (vermeintliche) Abnahme I“ stellte Rechtsanwalt Marco Röder dar, weshalb die Abnahme der Bauleistung so wichtig ist und welche Folgen gescheiterte Abnahmen bzw. vermeintliche Abnahmen insbesondere aufgrund unwirksamer Abnahmeklauseln haben können.

Im diesem zweiten Teil beleuchtet der Autor nun die zu beobachtende Praxis, dass Bauträger die Übergabe der Wohnung davon abhängig zu machen versuchen, dass zunächst die Abnahme erklärt wird und darüber hinaus der Kaufpreis vollständig – oder jedenfalls bis auf die Fertigstellungsrate – bezahlt wird.

Der Hintergrund für eine solche Vorgehensweise des Bauträgers leuchtet ein: Solange die Wohnung nicht übergeben ist, besteht zumindest bei den Erwerbern, die die Wohnung zur Eigennutzung erworben haben, häufig ein gewisser zeitlicher Druck, in die Wohnung auch zum vertraglich vereinbarten Termin einziehen zu können. Ist der Erwerber erst einmal eingezogen, ist er in einer deutlich komfortableren Situation. Als letztes – meist wenig nützliches – Druckmittel bleibt dem Bauträger nur die Verweigerung der Eigentumsumschreibung im Grundbuch. Da der Erwerber durch eine Auflassungsvormerkung gesichert ist, kann er diese Situation im Regelfall allerdings gut aussitzen.

So verwundert es nicht, wenn Bauträger versuchen, vor der Übergabe nicht nur die Abnahme des Erwerbes einerseits, sondern andererseits auch die Übergaberate und sogar auch die Fertigstellungsrate zu erlangen. Teilweise wird letzteres in dem vertraglich vereinbarten Zahlungsplänen so geregelt, dass die Bezugsfertigkeitsrate und die Rate für die vollständige Fertigstellung zu einer siebten und letzten Rate zusammengezogen werden: Mit einer solchen Klausel, die eine Zahlungen von „11,9 % nach Bezugsfertigkeit und vollständiger Fertigstellung sowie Zug-Um-Zug gegen Besitzübergabe“ vorsieht, wird der Eindruck vermittelt, der Bauträger sei erst dann verpflichtet, den Besitz an der Wohnung zu verschaffen – also den Schlüssel zu übergeben – wenn die vollständige Vergütung bezahlt ist. Dies wird mit der tatsächlichen Handhabe kombiniert, dass die Schlüsselübergabe weiterhin von der Abnahme abhängig gemacht wird. Es findet ein Abnahmetermin statt, der Erwerber erklärt die Abnahme, zahlt die komplette Vergütung und erhält danach die Schlüssel. Wenn zu diesem Zeitpunkt das Objekt wirklich vollständig fertigstellt wäre, spräche nichts gegen diese Regelung. Tatsächlich ist das aber regelmäßig nicht der Fall, da die Besitzübergabe des Sondereigentums meist deutlich vor der vollständigen Fertigstellung stattfindet.

Mit dieser Vorgehensweise haben Bauträger trotzdem häufig faktisch Erfolg, obwohl die in den entsprechenden Verträgen aufgenommenen Regelungen eigentlich nachteilig für Bauträger sind und dem Erwerber, der die Nerven und die Zeit hat, diesen Vorteil zu seinen Gunsten zu nutzen, ausspielen könnte.

Die Bezugsfertigkeitsrate ist gegen Besitzübergabe dann zu bezahlen, wenn das Objekt zumutbar bewohnt werden kann, was voraussetzt, dass die öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen vorliegen, Haus- und Wohnungstüren eingebaut sind, Licht, Wasser-, Heizungs- und Kochmöglichkeiten sowie sämtliche Sanitäreinrichtungen vorhanden und nutzbar sein müssen. Der Bezugsfertigkeit steht insbesondere nicht entgegen, wenn die Außenanlagen noch nicht vollständig fertiggestellt sind und noch Restarbeiten auch in der Wohnung selbst ausgeführt werden müssen oder noch Mängel beseitigt werden müssen, ohne dass der Bezug der Wohnung wesentlich erschwert wird.

Macht der Bauträger – anders als es die MaBV vorsieht – die Übergabe neben der Zahlung der Bezugsfertigkeitsrate auch von einer (Teil-)Abnahme des Sondereigentums abhängig, wird es problematisch. Denn das Wesen der Abnahme ist die „körperliche Hinnahme des Werks verbunden mit der Billigung des Werks als im Wesentlichen vertragsgemäß ausgeführt (BGH, Urteil vom 05.06.2014, VII ZR 276/13). Zur Abnahme gehört die Übernahme des Werks und dessen Billigung als im Wesentlichen vertragsgerecht. Die Rechtsprechung zergliedert also den Abnahmevorgang in eine körperliche Entgegennahme der Leistung (Inbesitznahme) und eine rechtsgeschäftliche Erklärung der Billigung des Werks. Die Abnahme ist vom Erwerber zu erklären, wenn das Werk vertragsgemäß erbracht ist. Dabei muss dem Erwerber aber eine Prüfung möglich sein und eine solche Prüfung einer hergestellten Wohnung wird sich nicht darauf beschränken können, dass man die Wohnung kurz besichtigt, um festzustellen, ob es Schrammen an den Wänden oder den Böden gibt. Fehlende Konstruktionsunterlagen, Revisionspläne und Bestandsaufnahmen können so wesentlich sein, dass die Abnahme verweigert werden kann. Der Bedeutung der Abnahme wird es gerecht, wenn der Erwerber, der zur Abnahme verpflichtet ist, wirklich prüfen kann, ob der Bauträger seine Hauptleistungspflicht ordnungsgemäß erfüllt hat und das Werk im Wesentlichen ordnungsgemäß hergestellt hat. Wird dem Erwerber diese Prüfung nicht ermöglicht bzw. nur ein kurzer Einblick gewährt, wird er mit Fug und Recht sich auf den Standpunkt stellen können, dass er jedenfalls mit der Abgabe der Abnahmeerklärung deshalb nicht in Verzug sei, weil eine ordnungsgemäße Prüfungsmöglichkeit verwehrt worden ist.

Wird als Schlussrate neben der Bezugsfertigkeit auch die vollständige Fertigstellung vereinbart, schafft sich der Bauträger selbst ein Problem, da er seinen eigenen Ratenzahlungsplan nicht zu Ungunsten des Erwerbers verändern kann. Die vollständige Fertigstellung wird aber regelmäßig in einem Zeitpunkt noch nicht erreicht sein, zu dem die Bezugsfertigkeit erreicht ist und den Erwerbern die Wohnung zu übergeben ist. Denn zur vollständigen Fertigstellung gehört auch die vollständige Fertigstellung der Außenanlagen, die je nach Witterungsperiode zu einem deutlich späteren Zeitpunkt ausgeführt werden. Darüber hinaus geht die Rechtsprechung davon aus, dass jedenfalls die Mängel, die in einem Abnahmeprotokoll festgehalten sind, beseitigt sein müssen, bevor von einer vollständigen Fertigstellung im Sinne der MaBV auszugehen ist, unabhängig davon, ob es sich um wesentliche oder unwesentliche Mängel handelt (OLG Hamm, Urteil vom 03.07.2007, 21 U 14/07; Kammergericht Berlin, Urteil vom 26.02.2019, 27 U 9/18).

Verknüpft der Bauträger die Bezugsfertigkeitsrate mit der Fertigstellungsrate, so wird er häufig vor dem Problem stehen, dass der von ihm geschuldete Übergabetermin deutlich vor der vollständigen Fertigstellung liegt und er nach seinen eigenen Vertragsbedingungen nicht berechtigt ist, die letzte Rate zu verlangen. Verweigert er dann mit Hinblick darauf, dass nach seinen Vertragsbedingungen vor Übergabe die letzte Rate zu bezahlen ist, kommt er mit der Übergabe in Verzug und ist dem Erwerber zum Schadenersatz verpflichtet.

Im Übrigen geht das Oberlandesgericht München in (umstrittenen) Entscheidungen davon aus, dass eine Verknüpfung zwischen einer Teilabnahme und einer Übergabe unwirksam ist. Eine Regelung, nach der die Übernahme erst nach einer Abnahme erfolgen soll, soll zur Unwirksamkeit des gesamten Zahlungsplanes führen (OLG München, Urteil vom 25.10.2016, 9 U 334/16; OLG München, Urteil vom 28.01.2019, 28 U 3555/18).

Fazit

Somit schaffen sich Bauträger mit entsprechenden Klauseln nur selbst Probleme. Der Erwerber, der die Nerven dazu hat, muss sich auf eine entsprechende Umsetzung nicht einlassen und kann „sein Recht“ durchsetzen. Erwerber sollten sich also nicht ins Boxhorn jagen und sich nicht zu einer übereilten Abnahme drängen lassen oder zu einer voreiligen Zahlung in dem Glauben, dass sie nur auf diese Art und Weise den benötigten Besitz an der Wohnung erhalten können.

Marco Röder

  • Rechtsanwalt
  • Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Mitglied der ARGE Baurecht
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