Auflassungsklage gegen Bauträger: Gebührenstreitwert?

OLG Celle, Beschluss vom 20.04.2023 - 5 W 15/23 GKG § 48 Abs. 1 Satz 1; §§ 3, 6 Satz 1 ZPO

Der Streitwert einer Klage auf Auflassung und Bewilligung der Eintragung ist in den Fällen, in denen nur noch eine im Verhältnis zum Kaufpreis geringe Restforderung streitig ist und allein das Bestehen oder Nichtbestehen dieser Restforderung über die Erfolgsaussichten der Klage entscheidet, auf den Wert der streitigen Forderung zu begrenzen.*)

OLG Celle, Beschluss vom 20.04.2023 - 5 W 15/23

GKG § 48 Abs. 1 Satz 1; §§ 36 Satz 1 ZPO

Problem/Sachverhalt

K und Bauträger B schließen einen notariellen Bauträgervertrag (§ 650u BGB) über den Kauf und die Herstellung einer Doppelhaushälfte. Der Kaufpreis beträgt auf 254.200 Euro. Hiervon hat K bereits 96,5% gezahlt, mithin 245.303 Euro. Auf sein Anerkenntnis wird B zur Auflassung und Bewilligung der Eintragung durch Anerkenntnisurteil verurteilt. Das Landgericht setzt den Wert des Streitgegenstandes der Klage auf 259.000 Euro fest. Einer sofortigen Beschwerde des B hilft es teilweise ab und setzt den Streitwert auf (nur) 8.897 Euro fest.

Entscheidung

Das OLG ist der Ansicht, die sofortige Beschwerde könne über den Teilabhilfebeschluss des Landgerichts hinaus keinen Erfolg haben. Die Kammer habe den Wert zutreffend ausnahmsweise auf den Wert der noch streitigen Restforderung i.H.v. 8.897 Euro festgesetzt. Zwar werde zum Teil vertreten, der Verkehrswert des aufzulassenden Grundbesitzes sei auch dann maßgebend, wenn der Beklagte die Auflassung nur verweigere, weil er eine geringfügige Gegenforderung geltend mache (Hinweis auf Zöller/Herget, ZPO, 34. Auflage, § 3 Rz. 16.22). Für diese Auffassung spreche, dass Einwendungen und Gegenrechte der Beklagtenseite bei der Wertberechnung ohne Einfluss zu bleiben hätten (Hinweis auf OLG Köln, IBR 2005, 1109). Vorzugswürdig sei allerdings die Auffassung, wonach zumindest in den Fällen, in welchen nur noch eine im Verhältnis zum Kaufpreis, bzw. zum Grundstückswert geringe Restforderung streitig sei und allein das Bestehen oder Nichtbestehen dieser Restforderung über die Erfolgsaussichten der Klage entscheide, der Streitwert auf den Wert der streitigen Forderung zu begrenzen sei (Hinweis u.a. OLG Karlsruhe, IBR 2022, 224; OLG Stuttgart, ZMR 2019, 465; OLG Düsseldorf BauR 2015, 869; OLG Hamm BauR 2013, 995). Zwar gelte § 6 ZPO grundsätzlich auch für die Festsetzung des Gebührenstreitwertes. In Fällen, in denen aufgrund der konkreten Umstände eindeutig zu erkennen sei, dass der wirtschaftliche Wert des Verfahrens für den Kläger weit unter dem sich aus § 6 ZPO ergebenden Streitwert liege, sei bei der Streitwertfestsetzung aber von Verfassungs wegen die tatsächliche wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreits für den Kläger zu berücksichtigen (Hinweis auf BGH, ZInsO 2018, 134). Dem stehe nicht entgegen, dass die Restforderung des B gar kein Gegenstand des Verfahrens sei.

Praxishinweis

Streiten die Parteien um das Eigentum an einer Sache, ist § 6 Satz 1 ZPO, auch für den Gebührenstreitwert, entsprechend anwendbar (Toussaint/Elzer, 53. Aufl. 2023, ZPO § 6 Rz. 8). Dies gilt auch bei Grundstücken, auch dann, wenn um die Pflicht zur Auflassung gestritten wird (BGH, NJW-RR 2020, 1456 Rz. 4). Maßgeblich ist also grundsätzlich der Grundstückswert! In Fällen, in denen aufgrund der konkreten Umstände eindeutig zu erkennen ist, dass der wirtschaftliche Wert des Verfahrens für den Kläger weit unter dem sich aus § 6 ZPO ergebenden Streitwert liegt, soll nach h.M., der das OLG zu Recht folgt, aber nur das wirtschaftliche Interesse der klagenden Partei maßgeblich sein (vgl. u. a. BVerfG, NJW-RR 2000, 946 unter II 1; Toussaint/Elzer, 53. Aufl. 2023, ZPO § 6 Rz. 3). Verlangt der Kläger im Übrigen lediglich die Zustimmung zum Vollzug einer erklärten Auflassung, gilt nicht Anderes (vgl. Toussaint/Elzer, 53. Aufl. 2023, ZPO § 6 Rz. 3).
 

RiKG Dr. Oliver Elzer, Berlin

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