Nachbericht zur 62. Baurechtstagung: „Klassentreffen" der besonderen Art

Am 17. und 18. November 2023 hieß es in München wieder „Grüß Gott!“ zur 62. Baurechtstagung der ARGE Baurecht. Auch dieses Mal hatten die Referierenden spannende Themen im Gepäck und luden zum Rundgang ins baurechtliche Hochland ein. Am Freitagabend ließen sich die Teilnehmenden süffiges „Helles“ und bayerische Spezialitäten schmecken, zünftig untermalt von Tuba und Akkordeon. Bei der Mitgliederversammlung am Samstag stellte sich der Geschäftsführende Ausschuss zur Wiederwahl – wie die Wahl ausging und was sonst noch in München geschah, lesen Sie im Nachbericht von Rechtsanwältin Marie-Christin Lehmann.

Zwar nicht mit Bier und Weißwurst, dafür aber mit einem leckeren Frühstück, startete die Baurechtstagung in München mit dem „Grundlagenfrühstück“. Anders als sonst, waren hier aber nicht nur die jungen Baurechtsanwältinnen und Baurechtsanwälte anzutreffen. Denn bei dieser Baurechtstagung startete zum ersten Mal das neue Mentorenprogramm der ARGE Baurecht mit jungen Juristinnen und Juristen, die beim vorgelagerten Welcome-Event auf ihre zugelosten Mentoren trafen.

Gestärkt von dem Frühstück hielt Rechtsanwalt Tobias Prevorsek den ersten Vortrag des Tages im Rahmen der Grundlagenveranstaltung. In seinem Vortrag „Die Abnahme beim Bauvertrag“ ging es rund um die Themen und einzelnen Probleme der Abnahme, bei dem sich die spannende Frage an die Zuhörenden anschloss: Wann ist es eigentlich sinnvoll eine Klage auf Abnahme für den eigenen Mandanten zu erheben?

Nach einer kleinen Pause begrüßte die Vorsitzende der ARGE Baurecht, Dr. Birgit Franz, die zahlreichen Teilnehmenden – sowohl online als auch vor Ort – mit einem herzlichen „Grüß Gott!“. Sodann startete das Fachprogramm mit dem Vortrag von Rechtsanwalt Dr. Claus Schmitz, Vize-Vorsitzender der ARGE Baurecht, zu dem Thema: „Vorauszahlungen und die Absicherung eines etwaigen Rückforderungsanspruchs des Bestellers“.  In seinem Vortrag zeigte Dr. Schmitz auf, dass es nicht nur gut überlegt sein will, wann Vorauszahlungen zwischen den Parteien vereinbart werden sollten, sondern, dass auch bei einer zu vereinbarenden Sicherheit für eine Rückzahlung der Vorauszahlung Vorsicht geboten ist und hier viele Fallstricke lauern können.

Es folgte Rechtsanwalt Olaf Lenkeit mit einem ebenfalls aber anders spannenden Vortrag zur Frage: „Verbraucherbauvertrag – oder besser nicht?“ Hierbei erläuterte der Referent, dass der Verbraucherbauvertrag deutlich häufiger in der Praxis anzutreffen ist, als man zunächst annehmen möchte. Dies aber kann, vor allem bei Fragen des Widerrufs eines Verbraucherbauvertrages, erhebliche Folgen für den Bauunternehmer haben.

Nach einer kurzen Kaffeepause verlieh Rechtsanwalt Dr. Petra Sterner den Nachwuchsförderpreis der ARGE Baurecht. Dieser „Summa cum Bau“ ging dieses Mal an Nico Eichholtz für seine Seminararbeit „Ausübungskompetenz der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Verhältnis zum Bauträger“.

Anschließend widmeten sich Rechtsanwalt Marcel Manz und Ingenieur Hilko Eilers dem Thema „Integrierte Projektabwicklung, die (R)Evolution des Bauvertragsrechts?“ Die beiden Referenten brachten ihre geballten praktischen Erfahrungen ein – beide arbeiten im deutschlandweit größte IPA-Projekt zusammen – und zeigten auf, dass der Ansatz „ein anderes Spiel mit anderen Regeln“ ist. IPA erfordert eine völlig andere Herangehensweise als im BGB- oder VOB/B-basierten Bauvertrag üblich. Genau darin liegen riesige Chancen für die an Großbauvorhaben beteiligten Parteien.

Passend zu seinem Thema „Terminüberschreitung – Anforderungen an die Entlastung des Unternehmers gemäß § 286 Abs. 4 BGB“ startete Rechtsanwalt Dr. Söre Jötten mit wenigen Minuten Verzug in den letzten Vortrag des Tages. Der Kollege betonte noch einmal die Wichtigkeit der Mahnung zur Begründung eines Verzuges und zeigte dabei auf, dass dies insbesondere bei den auf Baustellen nicht unbekannten Behinderungen und dadurch eintretenden Bauzeitverschiebungen von erheblicher Bedeutung ist.

Ganz nach Münchener Tradition ging es am Freitag bei der Abendveranstaltung in das Schneider Bräuhaus, wo es bei guter Gesellschaft und vielen interessanten, aber auch lustigen Gesprächen neben der traditionell bayrischen Küche und das ein oder andere Weissbier auch traditionell bayrische Live-Musik gab.

Ganz der bisherigen Tradition der Baurechtstagungen folgend, ging es auch am nächsten Samstagmorgen mit der bekannten und beliebten BGH-Rechtsprechungsübersicht des Vorsitzenden Richters am BGH Rüdiger Pamp weiter. Mit viel Witz und Humor führte er durch die ergangenen Entscheidungen des BGH der letzten sechs Monate.

Gestärkt von der Kaffeepause hielten Rechtsanwältin Christine Weyand und Rechtsanwältin Ulrike Vestner ein fesselndes Plädoyer für die Schlichtung. Getreu dem Motto: Schlichten statt streiten brachten die Referentinnen den Teilnehmenden das Schlichtungsverfahren gemäß Schlichtungs- und Schiedsordnung für Baustreitigkeiten (SOBAu 2020) und die für alle Beteiligten nervenschonenden Vorzüge dieser Methode der außergerichtlichen Streitbeilegung näher.

Nicht nur um „den Schlaf der Anwälte zu verbessern“ referierte der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht a. D., Ulrich Schröder, mit viel Esprit und Witz seinen Vortrag zum Thema „Spezielle haftungsträchtige Probleme der Streitverkündung“ und setzte damit einen wohlklingenden Schlussakkord der 62. Baurechtstagung. Anschließend fanden sich die Anwesenden zur Mitgliederversammlung zusammen. Nachdem alle Tagesordnungspunkte abgearbeitet waren, stellten sich die Mitglieder des Geschäftsführenden Ausschusses zur Wiederwahl – und wurden allesamt erneut bestätigt.

Mit diesem spannenden und sicherlich für den ein oder anderen „schlafverbessernden“ Vortrag endete diese äußerst interessante Baurechtstagung. Und wer in diesen zwei Tagen noch nicht genug der bayrischen Tradition und von München selbst bekommen hat, der konnte bei dem am Samstagnachmittag stattfindenden Architekturspaziergang durch Haidhausen noch so einiges an bayrischer Tradition für sich mitnehmen.

Marie-Christin Lehmann

  • Rechtsanwältin
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