Erstellt ein Bodengutachter ein unrichtiges Baugrundgutachten und erwirbt der Auftraggeber auf dieser Grundlage das Baugrundstück, steht ihm ein Anspruch auf Ersatz der Mehrkosten für die Gründung nur dann zu, wenn der Bodengutachter eine Garantie für die Richtigkeit der Begutachtung übernommen hat.
OLG Köln, Urteil vom 16.07.2014 - 11 U 44/13; BGH, Beschluss vom 13.08.2015 - VII ZR 178/14 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
BGB § 280 Abs. 1, §§ 633, 634 Nr. 4
Problem/Sachverhalt
Bodengutachter B erstellt ein altlastenorientiertes Baugrundgutachten, auf dessen Grundlage K das begutachtete Grundstück erwerben möchte, um eine Lagerkühlhalle zu errichten. Konkrete Angaben zu Lage und Art der Halle sowie der Außenanlagen liegen B nicht vor. Die Beurteilung oder Ermittlung der zu erwartenden Kosten der jeweiligen Gründung obliegt B nicht. Sein Gutachten weist daher darauf hin, dass die Größe der auf den Baugrund abzuleitenden Lasten nicht genau bekannt sei, als Anhalt für weitere Planungen aber das Ergebnis der Baugrundaufschlüsse erläutert und allgemein zur Gründung des geplanten Bauvorhabens Stellung genommen werde. K kauft das Grundstück und errichtet die Halle, jedoch fallen bei K weitaus höhere Kosten für die Planung und den Bau an, weil anders als (angeblich) im Gutachten des B dargestellt hätte gegründet werden müssen. K macht diese Mehrkosten geltend, denn das Gutachten des B sei mangelhaft. K habe das Grundstück nur im Vertrauen auf die Richtigkeit der im Gutachten des B enthaltenen Angaben über eine - relativ kostengünstige - Gründung des Gebäudes erworben. Das hätte er nicht, wenn das Gutachten richtig gewesen wäre. Mit Erfolg?
Entscheidung
Nein! K mache dem Grunde nach Ersatz des Vertrauensschadens geltend, der Höhe nach indes die in Kenntnis der tatsächlichen Baugrundverhältnisse für die Gründung vorgenommenen Mehraufwendungen. Diese seien aber nicht dadurch entstanden, dass das Gutachten "falsch" sei; vielmehr wären diese auch und gerade dann entstanden, wenn das Gutachten die Bodenverhältnisse "richtig" beschrieben hätte. Bei Schadensersatz wegen unrichtiger Begutachtung sei jedoch nur der Schaden maßgeblich, der im Vertrauen auf die Richtigkeit des Gutachtens entstanden sei, also das negative Interesse, während K verlange, so gestellt zu werden, als träfe die Begutachtung zu. Dieses positive Interesse könne aber nur bei einer Garantie für die Richtigkeit des Gutachtens beansprucht werden. Diese setze eine - hier nicht vorliegende - Verpflichtung zur Schadloshaltung für den Fall voraus, dass der garantierte Erfolg nicht eintrete. K könne daher nur verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er den nachteiligen Vertrag nicht abgeschlossen. Gerade diesen Anspruch, also von den Folgen des Abschlusses des Vertrags befreit zu werden, mache K nun aber nicht geltend. Wenn K sich gegen einen Kauf entschieden haben würde, hätte er gerade keinen Schaden in Gestalt erhöhter Bau- und Baunebenkosten gehabt.
Praxishinweis
Das ist richtig. Denn der Haftungsumfang wird durch den Schutzzweck der Norm begrenzt (BGH, IBR 1992, 119). Ein Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens bei Verletzung von Beratungs- und Auskunftspflichten, der die unrichtige Begutachtung gleichsteht, ist durch das Interesse an der Richtigkeit der Auskunft bzw. des Gutachtens begrenzt. Maßgeblich ist daher das sog. "negative Interesse"; der Geschädigte ist so zu stellen, wie er bei richtiger Auskunft gestanden hätte (BGH, NJW 2003, 3049 ff). Bei einem Kauf kann daher Befreiung vom Kaufvertrag verlangt werden (BGH, Urteil vom 26.09.1991 - VII ZR 376/89, IBRRS 2000, 0147). Nur bei einer übernommenen Garantie für die Richtigkeit der Auskunft ist - ausnahmsweise - das positive Interesse zu ersetzen (BGH, NJW 1998, 982 f).
RA und FA für Bau- und Architektenrecht Thomas Käseberg, Leipzig
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