Baugrundgutachter muss für tragfähige Gründung sorgen!

OLG Koblenz, Urteil vom 01.12.2016 - 1 U 1205/14; BGH, Beschluss vom 13.09.2017 - VII ZR 316/16 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

1. Wird ein Ingenieur mit der Baugrunduntersuchung inklusive Gründungsberatung sowie der Sanierungsplanung als Festlegung der Sanierungsmaßnahmeverfahren beauftragt, verletzt er seine Vertragspflichten und haftet auf Schadensersatz, wenn er eine zu geringe Auskofferung und eine entsprechende Verfüllung empfiehlt, diese aber nicht zu der benötigten und erforderlichen Tragfähigkeit für die späteren Aufbauten führen.

2. Der Schaden ermittelt sich aus der Differenz zwischen den Kosten, die bei einer Bodenverbesserung angefallen wären, die von vorneherein die erforderliche Tragfähigkeit berücksichtigt, und den Kosten, die tatsächlich entstanden sind.

OLG Koblenz, Urteil vom 01.12.2016 - 1 U 1205/14; BGH, Beschluss vom 13.09.2017 - VII ZR 316/16 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

BGB §§ 633, 634; HOAI 2002 § 92 Abs. 1 Nr. 3

Problem/Sachverhalt

Der Auftraggeber (AG) beauftragte den Auftragnehmer (AN) mit der Sanierungsplanung sowie Baugrunduntersuchungen inklusive Gründungsberatung nach § 92 HOAI 2002 in Bezug auf den geplanten Neu- und Anbau sowie Verkehrs- und Parkflächen. Auf Empfehlung des AN wurde der Boden der Gesamtfläche mit einer 30 cm dicken Lavaschicht zur Sicherstellung des Baustellenverkehrs verfüllt. Im weiteren Planungsverlauf musste der aufbereitete Boden für den späteren Aufbau der Verkehrs- und Parkflächen ausgetauscht werden, da er nicht hinreichend tragfähig war. Durch andere günstigere und erkennbare Maßnahmen hätte von vorneherein eine Tragfähigkeit hergestellt werden können. Der AG wirft dem AN vor, er habe es zu vertreten, dass die Tragfähigkeit des Geländes trotz des zunächst eingebrachten Bodenmaterials nicht gegeben war. Damit habe der AN seine Pflichten aus der Sanierungs- und Gründungsberatung nach § 92 Abs. 1 Nr. 3 HOAI 2002 verletzt und unnötige Kosten verursacht. Der AN beruft sich darauf, dass die Bodenverbesserung nicht der eigentlichen Sanierungsmaßnahme, sondern nur der Befestigung der Wege für den Baustellenverkehr gedient habe. Er schulde im Übrigen keine Planung der Verkehrsanlagen nach §§ 51 ff. HOAI 2002. Der AG verlangt die unnötigen Kosten für den Austausch der ersten "Bodenverbesserung" vom AN erstattet.

Entscheidung

Mit Recht! Der AN hat die ihm obliegenden Pflichten verletzt, indem er eine Auskofferung und Verfüllung empfahl, die die erforderliche Tragfähigkeit für den späteren Aufbau der Verkehrsfläche nicht hinreichend berücksichtigte. Der AN hatte nach der Auslegung des Vertrags auch die geplanten Straßen- und Parkflächen in seine Überlegungen zur Gründungsempfehlung mit einzubeziehen. Für den AN waren die Grundlagen, mit denen er die Tragfähigkeit in dem Bereich der noch auszubauenden Verkehrsfläche von vorneherein hätte erreichen können, auch hinreichend erkennbar. Die für den Ausbau der nicht tragenden Lavaschicht entstandenen Kosten hätten bei einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung vermieden werden können. Diese Mehrkosten kann der AG vom AN ersetzt verlangen.

Praxishinweis

Das Ergebnis des OLG Koblenz erscheint auch vor dem Hintergrund richtig, dass das Gebot der Wirtschaftlichkeit im Rahmen der Planung stets zu beachten ist (vgl. § 3 Abs. 4 HOAI 2013). Zwar bedeutet dies nicht, dass der Ingenieur als Finanzberater des Auftraggebers fungiert. Er hat jedoch ihm bekannte Interessen zu berücksichtigen. Allerdings ist das Urteil im Übrigen einer Verallgemeinerung nur schwer zugänglich. Denn das Gericht stellt in seiner Urteilsbegründung maßgeblich auf die Auslegung des Vertrags zu den konkreten Vertragspflichten sowie die Erkennbarkeit der fehlenden Tragfähigkeit - und damit vorrangig auf Besonderheiten des Einzelfalls - ab.

RAin und FAin für Bau- und Architektenrecht Anne Schönbrunn, Berlin

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November 2017