Unwirksame Abnahmeklauseln in Bauträgerverträgen

BGH, Beschluss vom 12.09.2013, Az.: VII ZR 308/12

Erwerber von Bauträger-Eigentumswohnungen wenden sich häufig erst kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist „nochmal schnell“ wegen Mängeln an einen Anwalt, oder wenn es vermeintlich schon zu spät ist. Häufig läuft die Gewährleistungsfrist aber nicht so, wie vorgestellt, sodass vermeintlich verlorene Ansprüche gerettet sind. Wie kann das sein?

Ausgangssituation:

Ein in der Rechtspraxis immer noch nicht optimal gelöstes Problem besteht in der Abnahme des Gemeinschaftseigentums von neu errichteten Wohnungseigentumsanlagen. Jeder Erwerber einer Eigentumswohnung hat einen eigenen Vertrag mit dem Bauträger geschlossen, durch den er Miteigentum am gesamten Gemeinschaftseigentum erhält. Aufgrund seines Vertrages hat er dementsprechend für das gesamte Gemeinschaftseigentum die Abnahme zu erklären. Viele Bauträger versuchen in den Erwerbsverträgen diese Vielzahl von Abnahmen durch Abnahmeklauseln zu bündeln. Diese Klauseln stellen AGB dar, deren Wirksamkeit im Einzelfall zu überprüfen ist.

Beispiel:

(Nach BGH, Beschluss vom 12.09.2013, Az.: VII ZR 308/12)

Ein Bauträger verwendete folgende Abnahmeklausel:

„Für das Gemeinschaftseigentum findet im Regelfall eine gesonderte Abnahme statt. Der Käufer bevollmächtigt unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, und zwar jeden für sich allein, den nachgenannten vereidigten Sachverständigen, den nach dem Wohnungseigentumsgesetz für das Kaufobjekt bestellten Verwalter sowie den Verwaltungsbeirat mit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums. Das Gemeinschaftseigentum ist somit abgenommen, wenn entweder alle Käufer oder anstelle von Käufern der Sachverständige oder der Verwalter oder der Verwaltungsbeirat das Gemeinschaftseigentum abnimmt.“

Bei dieser Klausel handelt es sich um eine sogenannte Vollmachtslösung bzw. um den Versuch einer Lösung, denn die Klausel ist unwirksam. Sie soll Abnahmen für alle nicht selbst erklärten Abnahmen bewirken, indem für diejenigen Erwerbsverträge, zu denen die als Werkbesteller fungierenden Wohnungseigentumserwerber keine solche Erklärungen abgegeben haben, eine Erklärung durch einen bevollmächtigten Vertreter möglich gemacht wird.

Dies stellt eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 BGB dar. Denn der Bauträger hat als teilender Eigentümer die Möglichkeit, den ersten Verwalter bereits in der Teilungserklärung zu bestellen. Dieser wäre dann der durch AGB des Bauträgers bestellte Vertreter der Erwerber für deren Willenserklärung zur Abnahme obwohl der Bauträger es in der Hand hat, einen Erstverwalter zu bestellen, der mit ihm wirtschaftlich oder rechtlich verbunden ist. Fallgestaltungen mit Interessenkollisionen sind daher möglich.

Hinweis:

Der Bundesgerichtshof weist darauf hin, dass die gesetzliche Möglichkeit des Widerrufs der formularmäßig erteilten Vollmacht gemäß § 168 Satz 3 BGB zwar möglich wäre, die unangemessene Benachteiligung jedoch nicht kompensiere. Für die Beratungspraxis und die anwaltliche Prüfung von Bauträgerverträgen ist es ratsam, die potentiellen Erwerber auf diese Möglichkeit hinzuweisen und die Rechtslage zu erläutern.

 

Rechtsanwalt Johannes Jochem


RJ Anwälte, Wiesbaden