In einer aktuellen Initiativstellungnahme weist der DAV-Ausschuss darauf hin, dass die seit 2016 geltende aktuelle Fassung des § 4 Abs. 7 VOB/B jener von 2002 entspricht und daher dringend einer Revision bedarf. Ziel dieser Überarbeitung ist es, die bisherige Regelung gegen eine auch als AGB wirksame Neufassung zu ersetzen. Hierbei sollte besonders das berechtigte Interesse des Auftraggebers berücksichtigt werden, mit der Mängelbeseitigung nicht auf die Fertigstellung der Gesamtleistung durch den Auftragnehmer warten zu müssen, wenn bestimmte Umstände vorliegen.
Zudem plädiert der DAV-Ausschuss für eine präzisere und praxisnähere Regelung hinsichtlich der Teilkündigung von mangelhaften Leistungen. Hierbei sollten vor allem die Interessen des Auftraggebers bei der Mängelbeseitigung berücksichtigt werden. Bisherige Bestimmungen, insbesondere die Definition eines „in sich abgeschlossenen Teils er vertraglichen Leistung“, wurden als zu eng betrachtet. Darüber hinaus empfiehlt der DAV-Ausschuss eine Anpassung des § 8 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B in Bezug auf die geregelte Teilkündigung.
„Die geforderten Anpassungen der VOB/B sind dringend erforderlich, um Rechtssicherheit und Fairness im Bauvertragsrecht zu gewährleisten und unangemessene Benachteiligungen zu vermeiden“, sagt Prof. Dr. Klaus Eschenbruch, Vorsitzender des Gesetzgebungsausschusses privates Bau- und Architektenrecht im DAV. Der Ausschuss besteht aus acht renommierten und erfahrenen Baurechtsanwältinnen und Baurechtsanwälten. Sechs der acht Mitglieder sind Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht im DAV.
Hintergrund: Die VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B) ist ein in Deutschland weitverbreitetes vorformuliertes Vertragswerk, das Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen regelt. Es wird vom Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA), in dem Auftraggeber- und Auftragnehmerverbände vertreten sind, bei Bedarf fortgeschrieben. Die VOB/B hat den Charakter von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und wird nur Vertragsbestandteil, wenn ihre Geltung zwischen den Vertragsparteien vereinbart wird.
In der derzeit geltenden Fassung regelt die VOB/B in § 4 Abs. 7, dass Leistungen, die schon während der Ausführung als mangelhaft oder vertragswidrig erkannt werden, vom Auftragnehmer auf eigene Kosten durch mangelfreie zu ersetzen sind. Diese Klausel hat der BGH in einer Entscheidung vom 19.01.2023 für unwirksam erklärt, weil der Auftragnehmer durch sie benachteiligt wird. Dies aber nicht, weil die Klausel dem Auftraggeber bereits vor Abnahme einen Anspruch auf Mängelbeseitigung einräumt, sondern weil bei Nichtbeseitigung eines noch so kleinen Mangels die Kündigung des gesamten Auftrags droht.
Der Gesetzgebungsausschuss privates Bau- und Architektenrecht des DAV ist der Auffassung, dass die Klausel dringend überarbeitet werden muss. Denn der Anspruch auf Beseitigung eines Mangels ist in bestimmten Fällen essenziell, so z. B., wenn ansonsten andere Bauunternehmen ihre Leistungen nicht weiterführen können oder die Beseitigung des Mangels später viel aufwändiger wird, weil er überdeckt wird.
Hierfür hat der Gesetzgebungsausschuss einen konkreten Formulierungsvorschlag unterbreitet. Danach soll der Beseitigungsanspruch des Auftraggebers vor der Abnahme der Bauleistung nur dann bestehen, wenn ihm nach den Umständen des Einzelfalls ein längeres Abwarten nicht zuzumuten ist. Auch soll er, wenn der Mangel nicht beseitigt wird, die Kündigung auf einen Teil des Auftrags beschränken können, anstatt den ganzen Vertrag zu beenden.