Der lateinische Rechtsgrundsatz "Pacta sunt servanda" besagt, dass Verträge einzuhalten sind. Wenn das vertraglich vereinbarte Bausoll unverändert bleibt und keine Anpassungsmechanismen vereinbart sind, bleiben Bauunternehmer auch dann an die vereinbarten Preise gebunden, wenn sich Einkaufspreise nach Vertragsschluss aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Lage verändern – sei es aufgrund der Corona-Pandemie oder des Ukraine-Kriegs.
Die Anforderungen an eine Vertragsanpassung sind äußerst hoch und entsprechende Urteile selten
Nur in Ausnahmefällen weicht die Rechtsprechung von diesem Grundsatz ab. Dafür müssen sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss derart schwerwiegend verändern, dass den Vertragsparteien ein Festhalten am Vertrag im konkreten Einzelfall nicht mehr zuzumuten ist. „Die Anforderungen an eine Vertragsanpassung sind äußerst hoch und entsprechende Urteile selten“, erläutert Baurechtsanwalt Koos.
Eine Preisanpassung kann natürlich vertraglich geregelt werden. Beispielsweise kann eine Stoffpreisgleitklausel vereinbart werden, die Preisanpassungen für bestimmte Baustoffe sowohl nach oben als auch nach unten ermöglicht, abhängig von der Preisentwicklung. Alternativ dazu können sogenannte "cost+fee-Regelungen" für bestimmte Leistungen im Vertrag genutzt werden. Solche Regelungen bieten viele Vorteile gegenüber Stoffpreisgleitklauseln. Sie müssen zwar ebenfalls sorgfältig vereinbart werden, unter anderem um Fehlanreizen zu teurem Einkauf entgegenzuwirken. Das Unwirksamkeitsrisiko ist aber grundsätzlich geringer, die praktische Anwendung meist einfacher als bei Stoffpreisgleitklauseln.
Wenn der Vertrag eine solche Klausel enthält oder Kostenrisiken anderweitig vertraglich geregelt wurden, ist § 313 BGB grundsätzlich nicht anwendbar.
Fehlen vertragliche Lösungen, sind für eine Anpassung des Vertrags nach § 313 BGB bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen: Zunächst muss ein Umstand, der sich nach Vertragsschluss durch ein unvorhersehbares Ereignis verändert hat, für beide Parteien zur Grundlage des Geschäfts geworden sein. Weiter darf das Risiko der Änderung nicht bereits einer der Parteien vertraglich zugewiesen sein.
Zuletzt muss die Änderung derart gravierend sein, dass ein Festhalten am unveränderten Vertrag für einen der Vertragspartner nicht zumutbar ist. Nur wenn alle Voraussetzungen kumulativ vorliegen, kommt eine Vertragsanpassung in Betracht. Die hohen Hürden einer Vertragsanpassung nach § 313 BGB machen deutlich, dass sie in der Praxis viel seltener zu einer rechtlich durchsetzbaren Preisanpassung führen, als es die zahlreichen Versuche von Auftragnehmern vermuten lassen.
„Wir empfehlen Auftraggebern, pauschal geforderte Preisanpassungen wegen bereits bei Vertragsschluss erkennbarer Risiken grundsätzlich abzulehnen“, sagt Koos. Es sollten konkrete Erläuterungen und Nachweise für die Voraussetzungen der geforderten Anpassung verlangt werden. Auch ein Hinweis auf die gesetzliche Risikoverteilung, nach der beim Festpreisvertrag der Auftragnehmer grundsätzlich das Risiko schwankender Einkaufspreise trägt, kann in Verhandlungen hilfreich sein.
„Die Anforderungen an eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB sind äußerst hoch. Wie so oft ist eine einvernehmliche Lösung zwischen den Vertragspartnern meist der bessere Weg“, empfiehlt Koos. Sein Rat: Lange und kostspielige Rechtsstreitigkeiten vermeiden und stattdessen schnelle und effektive einvernehmliche Lösungen finden, um die Kosten und den Zeitrahmen des Projekts im Griff zu behalten und sicherzustellen, dass das Projekt erfolgreich abgeschlossen werden kann.
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