Einheitspreise sind keine Festpreise!

BGH, Urteil vom 20.07.2017 - VII ZR 259/16

Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eines Einheitspreis-Bauvertrags enthaltene Klausel "Die dem Angebot des Auftragnehmers zu Grunde liegenden Preise sind grundsätzlich Festpreise und bleiben für die gesamte Vertragsdauer verbindlich." benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen und ist daher unwirksam.*)

BGH, Urteil vom 20.07.2017 - VII ZR 259/16

BGB § 306 Abs. 2, § 307 Abs. 1, 2, § 313; VOB/B § 2 Abs. 3

Problem/Sachverhalt

Im Zuge der Durchführung eines Einheitspreisvertrags für Bauarbeiten kommt es zu Minderleistungen. Der VOB-Vertrag enthält die im Leitsatz zitierte, vom Auftraggeber (AG) gestellte Klausel. Der Auftragnehmer (AN) beansprucht eine Preisanpassung gem. § 2 Abs. 3 VOB/B u. a. wegen ungedeckter Baustellengemeinkosten i.H.v. ca. 8.000 Euro. Landgericht und OLG weisen die Klage ab.

Entscheidung

Der BGH ist anderer Auffassung und verweist den Rechtsstreit an das OLG zurück. Zwar müsse die Klausel so ausgelegt werden, dass sie gerade auch den bei der Durchführung eines Bauvertrags nicht seltenen Fall einer Massenänderung, die 10% des im Vertrag gewählten Mengenansatzes überschreite, erfasse. Die Klausel sei jedoch gem. § 307 BGB unwirksam. Sie erlaube bei "kundenfeindlichster" Betrachtung die Auslegung, dass durch sie auch Ansprüche auf Anpassung der Vergütung nach § 313 BGB wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage ausgeschlossen sein sollen. Der Ausschluss dieses Anspruchs benachteilige den AN in unangemessener Weise, weil er auch in Fällen, in denen ihm dies unzumutbar wäre, am unveränderten Vertragspreis festgehalten würde (vgl. BGH, IBR 2016, 3). Die Unwirksamkeit der Klausel führe dazu, dass § 2 Abs. 3 VOB/B anwendbar sei.

Praxishinweis

Nach der Entscheidung des BGH steht nun fest, dass mit der im Leitsatz zitierten Klausel dem AN nicht nur das Preisrisiko für die gesamte Vertragsdauer übertragen wird, vielmehr auch das Massenrisiko. Da die Klausel aber auch den Preisanpassungsanspruch nach § 313 BGB erfasst - bei der kundenfeindlichsten Auslegung wird das in der Klausel enthaltene Wort "grundsätzlich" als "ausnahmslos" verstanden - ist sie gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Was aber ist die Konsequenz dieser Unwirksamkeit? Führt die Unwirksamkeit der Klausel dazu, dass sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften richtet, d. h. nach den §§ 631 ff. BGB, die ja ein dem § 2 Abs. 3 VOB/B vergleichbares Preisanpassungsrecht gerade nicht beinhalten, oder kann der AN nunmehr seine Ansprüche doch noch auf § 2 Abs. 3 VOB/B stützen? Der BGH hat jetzt entschieden, dass dann, wenn die Geltung der VOB/B insgesamt vereinbart wurde, § 2 Abs. 3 VOB/B als Ersatzregelung anzuwenden ist. Dem steht nach Auffassung des BGH § 306 Abs. 2 BGB nicht entgegen. Zwar führt danach die Unwirksamkeit einer Bestimmung dazu, dass sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften regelt. Eine hiervon abweichende Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Klauselverwenders - hier die Anwendbarkeit der VOB/B - ist regelmäßig ihrerseits wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam (BGH, Urteil vom 26.03.2015 - VII ZR 92/14, Rz. 45 m.w.N., IBRRS 2015, 0844). Nach Auffassung des BGH ist es allerdings schon fraglich, ob die Vorschrift des § 306 Abs. 2 BGB nach ihrem Zweck auch dann Anwendung findet, wenn eine im Vergleich zum Gesetz für den Vertragspartner günstigere Ersatzklausel zur Verfügung steht. Entscheidend ist letztlich jedoch, dass sich der Verwender, vorliegend der AG, nicht auf die Unwirksamkeit einer von ihm gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingung berufen könne (vgl. BGH, Urteil vom 25.02.2016 - VII ZR 49/15, Rz. 42 m.w.N., IBRRS 2016, 0755).

RA Dr. Helmut Finken, Geilenkirchen

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