HOAI 202x: Bundeswirtschaftsministerium veröffentlicht Honorargutachten

Wie viel sind Planungsleistungen künftig wert – und wie lässt sich das seriös berechnen? Das Bundeswirtschaftsministerium hat ein neues Gutachten zur Überarbeitung der Honorarberechnung in der HOAI vorgelegt.

Es liefert erstmals seit über zehn Jahren fundierte Vorschläge zur Anpassung der Honorartafeln an die Realität in Planungsbüros und berücksichtigt die sich stellenden Herausforderungen – von der Baukostenentwicklung bis zur Digitalisierung. Mehr zum Honorargutachten erfahren Sie in diesen kompakten Überblick von Rechtsanwalt Tobias Köhler.

Wer steckt dahinter?

Das Gutachten wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) von einem interdisziplinären Team unter Federführung der Universität Stuttgart (Prof. Christian Stoy u. a.) und der Hans Lechner ZT e. U. erstellt. Mitgewirkt haben z. B. Fachleute aus den Bereichen Architektur, Bauökonomie und Statistik. In architektenrechtlicher Hinsicht wurde das Gutachten durch ARGE-Baurecht-Mitglied Dr. Ralf Averhaus (Leinemann Partner Rechtsanwälte, Berlin) begleitet.

Was wurde untersucht?

Ziel war u. a. die wissenschaftlich fundierte Fortschreibung der Honorarwerte der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Untersucht wurden dabei u.a.:

  • Die wirtschaftliche Entwicklung in der Planungsbranche seit dem letzten Gutachten 2012,
  • Rationalisierungen,
  • Änderungen der rechtlichen und technischen Anforderungen,
  • neue Leistungsbilder (z. B. „Städtebaulicher Entwurf“),
  • Möglichkeiten zur „Dynamisierung“ der Honorartafeln,
  • die Tafelgrenzwerte, usw.

Warum war das notwendig?

Seit dem Grundsatzurteil des EuGH vom 04.07.2019 (Az. C-377/17) und der folgenden Novelle von 2021 ist die HOAI kein verbindliches Preisrecht mehr. Die geltenden Honorartafeln berücksichtigen nicht die geänderten Umstände in der Bau- und Planungsbranche, insbesondere die erheblichen Preissteigerungen aufgrund der Corona-Krise und der russischen Invasion der Ukraine, den gestiegenen Planungsaufwand (z. B. durch höhere Nachhaltigkeitsanforderungen und/oder BIM) und den hohen wirtschaftlichen Druck in Planungsbüros durch gestiegene Personal- und Sachkosten.

Das neue Honorargutachten ist Teil der Bestrebung, die HOAI 202x im Hinblick auf eine praxisgerechte, moderne Anwendung zukunftsfähig zu machen. Auf diese Weise soll die HOAI als Vertragsgrundlage von Planungsleistungen attraktiv bleiben – auch ohne bindendes Preisrecht zu sein. 

Wie wurde vorgegangen?

Die AutorInnen des Honorargutachtens haben auf bereits bestehenden Grundlagen (u. a. das Honorargutachten von 2012 und das Planungsbereichsgutachten 2024) aufgebaut und diese anhand von aktuellen Sekundärdaten zu Baupreisen, Bürostrukturen, Rationalisierungseffekten sowie technischen und rechtlichen Veränderungen fortentwickelt. Primärdatenerhebungen waren im kurzen Untersuchungszeitraum nicht möglich – stattdessen wurden u.a. Experteninterviews genutzt, um die Modellannahmen zu validieren.

Erarbeitet wurden u. a.:

  • Neue Honorartafeln für alle Leistungsbilder,
  • Anhebung der unteren und oberen Tafelgrenzwerte (z. B. Gebäudeplanung: EUR 100.000,00 bis EUR 50 Mio.)
  • Vorschlag zur Einführung eines „Mittelsatzmodells“ anstelle von Honorarspannen,
  • dynamisierte Honorartafeln für die Flächenplanungen und
  • beim Bauen im Bestand, Abminderungsfaktoren je Leistungsbild und -phase.

Das Mittelsatzmodell fand jedoch in dem zum Honorargutachten eingerichteten (paritätisch besetzten) Begleitkreis keine Mehrheit.

Wann kommt die Umsetzung?

Das Honorargutachten wurde im Januar 2025 vorgelegt und Ende März hier online veröffentlicht. Gemeinsam mit dem bereits 2024 vorgelegten Gutachten zur Fortentwicklung der Leistungsbilder bildet es eine fundierte fachliche Grundlage für die Novellierung der HOAI, die politisch im Laufe des Jahres vorbereitet werden soll.

Der ursprüngliche Zeitplan hatte eine Beratung im Bundeskabinett im Frühjahr 2025 anvisiert, wurde jedoch durch die vorgezogene Bundestagswahl zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben. Ein konkreter Verordnungsentwurf liegt daher derzeit noch nicht vor. Im neuen Koalitionsvertrag ist die HOAI nicht erwähnt.

Was bedeutet das für die Praxis?

Das Honorargutachten zeigt, dass eine auf die heutigen Anforderungen der Branche angepasste Honorierung von Planungsleistungen möglich und notwendig ist. Es liefert hierfür nachvollziehbare Werte und Modelle. Die Frage, ob und inwieweit verbindlich diese in einer künftigen HOAI 202x umgesetzt werden, bleibt politisch zu klären.

Für Planende, Auftraggeber und Vergabestellen ist das Gutachten dennoch eine wichtige Referenz, um faire und belastbare Honorarvereinbarungen zu treffen. Zusammen mit dem Planungsbereichsgutachten bietet es der Praxis eine wichtige Orientierungshilfe für die Beschreibung der Leistungen und deren Honorierung.

Tobias Köhler

  • Rechtsanwalt
Mitglied in der Arbeitsgruppe junge Baurechtler:innen
Kanzleiprofil

Wir werden das Thema weiter beobachten und in loser Folge immer wieder über den Fortgang berichten.