Die Tagung begann mit der Grundlagenveranstaltung für junge Baurechtler. VROLG Stuttgart Hans-Joachim Rast referierte über die Voraussetzungen der Prüfbarkeit einer Schlussrechnung. Anhand von Fällen aus der eigenen Praxis erklärte der Referent anschaulich, wann eine Schlussrechnung prüffähig ist und wann es überhaupt sinnvoll ist, sich auf deren Fehlen zu berufen.
Prof. Florian Faust hielt den ersten Vortrag des Fachprogramms und beleuchtete die Möglichkeiten, einen Werklieferungsvertrag im Sinne von § 650 BGB vertraglich an einen Werkvertrag anzugleichen, vor allem in Bezug auf Abnahme, Mängelrechte und auch kaufmännische Rügepflicht. Sein Fazit: Es funktioniert nur eingeschränkt; Verbraucherschutz und AGB-Recht ziehen klare Grenzen. Hierauf folgte Rechtsanwalt Prof. Frank Siegburgs Darstellung des „Architektenvertrags im Wandel“. Angesichts der ungewissen Zukunft der HOAI erläuterte er neue Tendenzen bei der Beschreibung der Leistungsbilder für die Architektentätigkeit. Anhand eines unter Mitwirkung zahlreicher Praktiker erstellten Entwurfs zeigte er, wie reformbedürftig die gewohnten Leistungsbilder sind, die bislang üblicherweise auch bei der Vertragsgestaltung der HOAI entnommen werden.
Neue SOBau 2020 - neues Format auf dem Podium
Der Rest des ersten Tages war der Vorstellung und Diskussion des Entwurfs der neuen Schlichtungs- und Schiedsordnung für Baustreitigkeiten (SOBau 2020) gewidmet. Die Kollegen Dr. Birgit Franz, Dr. Ulrich Böttger und Christian Meier, als Mitglieder des Autorenteams des aktualisierten Regelwerks, stellten die maßgeblichen Änderungen und deren Hintergrund vor. Ausführlichere Regelungen zur Streitverkündung, ein vorläufiges Streitbeilegungs- und Feststellungsverfahren und vieles mehr soll die SOBau für die moderne Baupraxis attraktiv machen. In der folgenden Diskussion wurden Fragen geklärt und Bedenken angemeldet, die nun vor der endgültigen Veröffentlichung der SOBau eingearbeitet werden.
Die Abendveranstaltung fand im Felix Club, auf dem Dach der ehemaligen Leipziger Postdirektion statt. Dort konnte man noch einmal soziale Kontakte für die kommenden Wochen der „social distance“ tanken, von der seinerzeit noch nicht die Rede war.
Der zweite Tag der Tagung wurde mit den „Big Five“ eingeleitet, einer Vorstellung der wichtigsten neuen Urteile des VII. Zivilsenats des BGH durch VRBGH Rüdiger Pamp. Besondere Aufmerksamkeit wurde einem druckfrischen Urteil zu § 642 BGB geschenkt, in dem neue Maßstäbe für die Vergütung bei fehlender Mitwirkung des Bestellers erarbeitet wurden. Es folgte ein Vortrag von Rechtsanwalt Peter Oppler zur Vereinbarung von Zwischenfristen: Sind sie zulässig und sind sie nützlich? Beides bejahte er und stellte die rechtliche Grundlage dar. Die Tagung endete mit einer Einführung in die Geheimnisse des „beA“. Schritt für Schritt erklärte Rechtsanwaltsfachangestellte Jennifer Patz das Versenden eines Schriftsatzes. Wer dies sonst noch nie selbst gemacht hat, konnte sich danach sicher sein, diese Aufgabe im Notfall auch persönlich übernehmen zu können.
Trotz Corona-Risiko war die Tagung mit rund 250 Teilnehmenden gut besucht. Die 56. Baurechtstagung ist für November in München geplant. Hoffentlich hat sich die Lage bis dahin beruhigt und die Baurechtler können sich wieder in gewohnt herzlicher Manier austauschen.
Ferdinand Meier