1. Liegt ein Planungsmangel vor, der sich noch nicht im Bauwerk realisiert hat, ist der Planer zur Nacherfüllung verpflichtet; der Besteller muss dem Planer eine Frist zur Nacherfüllung setzen, bevor er Schadensersatz statt Leistung verlangen kann.
2. Setzt der Besteller dem Planer wegen eines Mangels eine Frist zur Nacherfüllung, die der Planer zwar einhält, die Nacherfüllung aber (wiederum) mangelhaft ist, dann ist eine erneute Fristsetzung erforderlich, wenn der Besteller die Nacherfüllung angenommen hat.
OLG Frankfurt, Urteil vom 11.05.2020 - 29 U 56/19; BGH, Beschluss vom 18.01.2023 - VII ZR 119/20 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
BGB §§ 280, 281, 363, 633, 634 Ziff. 4
Problem/Sachverhalt
Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Ingenieur mit der Planung und Organisation der Verkehrsführung während der Bauausführung (Umleitung) im Rahmen des Ausbaus eines Autobahnkreuzes. Im Mai 2014 überreicht der Ingenieur eine Planung, bei der erforderliche Höhenangaben fehlen. Der AG forderte den Ingenieur Ende August 2014 auf, die fehlenden Planunterlagen bis zum 05.09.2014 vorzulegen. Am 04.09.2014 legt der Ingenieur Pläne vor, die wiederum fehlerhaft waren, weil regelwidrig nicht auf die Bestandshöhe, sondern auf die Endhöhe abgestellt wurde. Diese Pläne gibt der AG an das ausführende Unternehmen weiter. Wegen der Fehlerhaftigkeit der Planung kommt es zu Verzögerungen im Bauablauf, so dass der AG vom Ingenieur Schadensersatz i.H.v. rund 1,6 Mio. Euro verlangt.
Entscheidung
Ohne Erfolg! Ein Anspruch aus §§ 633, 634 Ziff. 4, 280, 281 BGB besteht nicht. Zwar ist die vorgelegte Planung mangelhaft (§ 633 BGB). Da sich die Planung noch nicht im Bauwerk verwirklicht hat, ist eine Nacherfüllung in Bezug auf die Höhenangaben möglich und vom Ingenieur geschuldet. Diese hat er vorgenommen, wenn auch (wiederum) fehlerhaft. Der Schuldner - hier der Ingenieur - muss die Nacherfüllung innerhalb der gesetzten Frist vollständig und in der geschuldeten Qualität leisten, so dass die Leistung im Ergebnis dem geschuldeten Zustand entspricht. Erbringt er dabei erneut eine mangelhafte Leistung, kann der AG diese zurückweisen; nimmt er die Leistung an, kann er nach Auffassung des OLG erst nach nochmaliger Fristsetzung Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Wird also wegen eines Mangels eine Nacherfüllungsfrist gesetzt, die der Unternehmer zwar einhält, die Nacherfüllung aber mangelhaft vornimmt, ist grundsätzlich eine erneute Nachfristsetzung erforderlich. Hier hat der AG die Planung entgegengenommen, so dass eine nochmalige Fristsetzung erforderlich war. Diese ist nicht erfolgt und war nach allgemeinen Grundsätzen auch nicht entbehrlich.
Praxishinweis
Die Ausführungen des OLG überzeugen nicht. Der Besteller muss dem Planer grundsätzlich die Gelegenheit der Nacherfüllung geben, bevor er sekundäre Mängelrechte geltend machen kann. Der Planer muss den gerügten Mangel innerhalb der gesetzten Frist beseitigen. Erfolgt dies nicht oder nicht vollständig, stehen dem Besteller die sekundären Mängelrechte zu. Einer weiteren Fristsetzung bedarf es wegen dieses Mangels nicht - auch dann nicht, wenn der Besteller die Nacherfüllung angenommen hat. Dies kann eine Rolle für die Darlegungs- und Beweislast spielen (vgl. § 363 BGB), ob die Nacherfüllung erfolgreich war. Andernfalls läuft der Besteller, der von einer umfassenden Mängelbeseitigung ausgeht, Gefahr, in eine Endlosschleife von Fristsetzungen und Mängelbeseitigung zu geraten, bis ihm die weitere Nacherfüllung nicht mehr zumutbar ist - das ist gesetzlich so nicht vorgesehen. Nach der Systematik der §§ 633 ff. BGB ist eine Fristsetzung geboten und ausreichend. Innerhalb der Frist muss der Unternehmer/Planer liefern. Tut er das nicht, hat er die Möglichkeit der Mängelbeseitigung verpasst.
RA und FA für Bau- und Architektenrecht Dr. Walter Klein, Köln
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