Die gemeinsame Beschäftigung bei einem Großprojekt kann zwischen Gesamtschuldnern gegenseitige und bei besonderen Anhaltspunkten für einen konkreten Informationsbedarf des Mitschuldners auch aktive Informationspflichten begründen.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.07.2016 - 5 U 111/15
BGB §§ 242, 421
Problem/Sachverhalt
Der Architekt und der ausführende Auftragnehmer (AN) hatten eine Abfallverbrennungsanlage saniert. Hierbei war der Architekt mit der Planung und Überwachung, der AN mit den Ausführungsleistungen beauftragt. Noch während der Sanierung kam es zu einem Mangel, der zur Unterbrechung des Probebetriebs und damit zu erheblichen Schäden führte. Der Architekt bestritt jede Verantwortung. Der Bauherr nahm den AN - ohne Beteiligung des Architekten - in einem Schiedsverfahren in Anspruch, das durch Vergleich beendet wurde. Nach Abschluss der Sanierung verklagt der Architekt den Bauherrn auf Zahlung von Resthonorar. Die Klage scheitert, denn der Bauherr rechnet erfolgreich mit Schadensersatzansprüchen aus dem Schadensfall auf. Der Architekt wendet in jenem Verfahren erfolglos ein, diese Schadensersatzansprüche seien bereits durch den Vergleich mit dem AN erledigt. Der Architekt ist der Ansicht, er sei mit seinem Einwand nur deshalb gescheitert, weil der AN ihn nicht rechtzeitig und ausreichend über den im Schiedsverfahren geschlossenen Vergleich informiert und damit seine Informationspflichten aus dem Gesamtschuldverhältnis verletzt habe. Der Architekt verlangt Schadensersatz i.H.v. rund 1,7 Mio. Euro.
Entscheidung
Die Klage bleibt auch in der Berufung ohne Erfolg! Zunächst einmal bestehe entgegen anderslautender Literaturmeinungen (Böttcher, in: Erman, BGB, 14. Aufl. § 426 Rz. 13; Looschelders, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2012, § 426 Rz. 101) keine allgemeine Pflicht, bei Befriedigung des Gläubigers die anderen Mitschuldner zu informieren. Nicht vertraglich begründete Nebenpflichten seien als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben zurückhaltend und anhand der jeweiligen Verhältnisse zu bestimmen. Hier seien der Architekt und der AN gemeinsame Auftragnehmer desselben Großprojekts gewesen. Dies könne - anders als bei zufälliger Gesamtschuld - ausreichende Nähe und damit auch gegenseitige (aktive) Informationspflichten begründen. Deren Vorliegen und eine schuldhafte Verletzung der Pflichten verneint das OLG hier aber aufgrund des konkreten Ablaufs, denn für den AN seien keine besonderen Anhaltspunkte für einen konkreten Informationsbedarf des Architekten erkennbar gewesen.
Praxishinweis
Die Klage scheiterte zwar. Die Begründung ist aber beachtenswert. Es sind durchaus Sachverhaltsvarianten denkbar, in denen die "besonderen Anhaltspunkte für einen konkreten Informationsbedarf" vorliegen können. Auftragnehmer von Bauvorhaben, die als Gesamtschuldner haften, sollten daher bei Befriedigung des Gläubigers prüfen, ob eine Information der Mitschuldner angezeigt ist.
RA und FA für Bau- und Architektenrecht Armin Heisiep, Frankfurt a.M.
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