Arglist beim Kaufvertrag: Die hohen Hürden des Nachweises

OLG Koblenz, Urteil vom 13.09.2017 - 5 U 363/17

1. Der subjektive Tatbestand der Arglist setzt zumindest Eventualvorsatz voraus. Eine leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis genügt folglich nicht. 2. Ein arglistiges Verschweigen ist danach nur gegeben, wenn der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. 3. Dagegen genügt es nicht, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflichtiger Tatsachen hätte aufdrängen müssen, weil dann die Arglist vom Vorsatz abgekoppelt und der Sache nach durch leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis ersetzt würde. Folglich kann ein bewusstes sich verschließen nicht den Anforderungen genügen, die an die Arglist zu stellen sind. 4. Die erforderliche Kenntnis muss tatrichterlich festgestellt werden und kann nicht durch wertende Überlegungen ersetzt werden.

OLG Koblenz, Urteil vom 13.09.2017 - 5 U 363/17

BGB § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1, §§ 433, 434, 444

Problem/Sachverhalt

Die Beklagten verkauften unter Ausschluss der Gewährleistung ein Einfamilienhaus, das von ihnen selbst errichtet und ca. 10 Jahre bewohnt wurde. Ein Jahr vor dem Verkauf wurden von ihnen Pflasterarbeiten beauftragt, bei denen Schäden am Sockeloberputz zutage traten. Eine Ausbesserung war erfolgt. Beim Verkaufsgespräch erklärten die Verkäufer, dass der Sockel nachgeputzt sei, da durch die Pflasterarbeiten mit der Rüttelplatte Schäden verursacht wurden, was sich aber als falsch erwies. Nach dem Kauf wurde durch die Käufer eine Untersuchung beauftragt. Dabei wurde festgestellt, dass die Abdichtung mangelhaft war und die Mängelbeseitigungskosten sich auf ca. 14.000 Euro belaufen. Die Käufer machen Schadensersatz geltend.

Entscheidung

Das OLG hebt die stattgebende Entscheidung der Vorinstanz auf und weist die Klage ab. Zwar bestand der Mangel nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen bereits bei Errichtung des Gebäudes. Allerdings wurde der Nachweis nicht geführt, dass die Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hätten. Denn nach der Beweiswürdigung konnte nicht davon ausgegangen werden, dass die Verkäufer den Mangel kannten oder ihn für möglich hielten. Die Verkäufer mussten nicht einmal wissen, dass die Abdichtung mangelhaft war. Zwar war von einem Zeugen Feuchtigkeit nach der Errichtung festgestellt worden. Das ersetzt aber keine Kenntnis der Verkäufer. Folgen der Feuchtigkeit waren bei Verkauf auch feststellbar gewesen. Die falsche Auskunft war den Verkäufern auch nicht vorzuwerfen (weitere Nachweise Germer, IMR 2017, 215).

Praxishinweis

Die lesenswerte Entscheidung prüft schulmäßig die Voraussetzungen einer Haftung bei Arglist. Der Senat erläutert überzeugend, warum ein Nachweis der Kenntnis des Mangels nicht erbracht wurde und die Auskunft unschädlich war. Die Entscheidung macht deutlich, wie wichtig die genaue Befragung und Protokollierung von Zeugenaussagen in erster Instanz ist. Denn dort wurde eben nicht erklärt, dass die Verkäufer nach der Errichtung des Hauses von eintretender Feuchtigkeit Kenntnis hatten. Soweit das OLG allerdings der Ansicht ist, dass ein Zusammenhang zwischen der Täuschung und dem Kaufentschluss gegeben sein muss, ist dies fraglich (mit guten Gründen: Lauer, IBR 1998, 406).

RA und FA für Bau- und Architektenrecht Joachim Germer, Dinslaken

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