Häufig treffen hierbei in der Praxis unterschiedliche Vorstellungen an die Anforderungen der Ausführungsplanung und den damit beauftragten Architekten auf die Vorstellung des mit der Ausführung beauftragten Unternehmens, das diese Planung auf der Baustelle umzusetzen hat. Vielfach verlangt auch der Auftraggeber des Architekten, dass dieser Werkstatt- und Montagepläne des ausführenden Unternehmens prüft und anerkennt. Insbesondere dann, wenn später Mängel auftreten, wird in Prozessen erbittert darüber gestritten, ob es sich (zumindest auch) um Planungsfehler des Architekten handelt. Dabei stellt sich dann häufig auch die Frage, wie detailliert der mit der Ausführungsplanung beauftragte Architekt eigentlich planen muss.
Detaillierungsgrad der Planung
Die Anforderungen an die Ausführungsplanung des Architekten ergeben sich jedenfalls mittelbar aus § 34 HOAI Anlage 10 Nr. 10.1, dort zu Leistungsphase 5. Ist der Architekt mit den Leistungen beauftragt, muss er auf Basis der Entwurfs- und Genehmigungsplanung eine Ausführungsplanung erstellen, mit allen für die Ausführung notwendigen Einzelangaben (zeichnerisch und textlich). Er muss das Objekt durch vollständige Ausführungs-, Detail- und Konstruktionszeichnungen, nach Art und Größe des Objekts im erforderten Umfang und Detaillierungsgrad unter Berücksichtigung aller fachspezifischen Anforderungen im Maßstab 1:50, bis erforderlichenfalls sogar dem Maßstab 1:1, planerisch erstellen und während der weiteren Erstellung des Objekts diese Planung auch fortschreiben. Die Beschreibung der Leistungsphase 5 in der Anlage 10.1 zu § 34 HOAI stellt hierbei jedoch nur die Leitplanke der Anforderungen an die Ausführungsplanung dar. Welchen Detaillierungsgrad die Pläne tatsächlich haben müssen, ist je nach Einzelfall zu beurteilen, und kann durchaus schwierig zu klären sein (BGH, Urteil vom 05.11.1987 – VII ZR 326/86).
Maßgeblich sind die Anforderungen an die Ausführung, insbesondere unter Berücksichtigung der vorhandenen Verhältnisse und Kenntnisse, die von einem ausführenden Unternehmen unter Berücksichtigung der baulichen und örtlichen Gegebenheiten zu erwarten sind (BGH, Urteil vom 15.06.2000 – VII ZR 212/99). Die Ausführungsplanung dient als Grundlage für die anderen an der Planung fachlich Beteiligten, sowie der gewerkeorientierten Bearbeitung während der Objektausführung. Es ist für die Detaillierung daher darauf abzustellen, was die weiteren an der Bauausführung Beteiligten, in der Regel ist dies das mit der Ausführung beauftragte Unternehmen, benötigen, um auf Basis ihres vorausgesetzten Fachwissens die nötige Anleitung zur Objektausführung zu haben. Bei dem vorauszusetzenden Fachwissen dürfte maßgeblich auf das Wissen desjenigen abzustellen sein, der auf der Baustelle für die Durchführung des Gewerks verantwortlich ist, d.h. der Baufacharbeiter, wie beispielsweise der Polier oder der Vorarbeiter. Soweit noch Werkstatt- und Montagepläne vom ausführenden Unternehmer hergestellt werden müssen, dürfte auf die Kenntnis desjenigen abgestellt werden, der diese Montagepläne üblicherweise fertigt. Für diese Personen muss der mit der Ausführungsplanung beauftragte Architekt lesbare, verständliche und fachlich einwandfreie Pläne erstellen, die eindeutige Angaben zur vorgesehenen Ausführung machen. Insbesondere an schwierigen oder schadensgeneigten Stellen hat der mit der Ausführungsplanung beauftragte Architekt seine Planung in einer „jedes Risiko auszuschließenden Weise“ zu verdeutlichen (BGH, Urteil vom 15.06.2000 – VII ZR 212/99; KG Berlin, Beschluss vom 09.04.2010 – 7 U 144/09; OLG Celle, Urteil vom 04.10.2012 – 13 U 234/11; OLG Koblenz, Urteil vom 30.09.2014 – 3 U 413/14).
Pflicht zur Prüfung von Werkstatt- und Montageplänen
Soweit der ausführende Unternehmer für die Ausführung eigene Werkstatt- und Montagepläne zu fertigen hat, kann der Architekt – abhängig von der Vertragsgestaltung – verpflichtet sein, auch diese Werkstatt- und Montagepläne zu prüfen. Soweit Leistungen nach den Leistungsbildern der HOAI vereinbart sind, so ist der Architekt gemäß Anlage 10.1 zu § 34 HOAI, im Rahmen der Leistungsphase 5 auch zur Überprüfung der erforderlichen Montagepläne, der vom Objektplaner geplanten Baukonstruktion und baukonstruktiven Einbauten auf Übereinstimmung mit seiner Ausführungsplanung verpflichtet.
Was ist aber hierunter zu verstehen?
Eine konkrete Begriffsbestimmung, was unter „Werkstatt- und Montageplänen“ zu verstehen ist, findet sich in der HOAI nicht. Es hat sich aber im Laufe der Zeit in der Kommentarliteratur und den einschlägigen Regelwerken ein einheitliches Verständnis dieses Begriffes gefestigt, auch wenn in diesem Zusammenhang verschiedene Begriffe synonym verwendet werden, wie beispielsweise Werkstattzeichnungen, Werkstattpläne, Zusammenbauzeichnungen, Montagezeichnungen, Montagepläne, Stücklisten, Montagelisten, Werkpläne. Die Verwendung des Begriffs Werkpläne findet sich häufig als Synonym für die Werkstattpläne, ist allerdings höchst missverständlich, da Architekten in der Praxis vielfach auch ihre Ausführungsplanung als Werkpläne bezeichnen.
Werkstattpläne
Unter Werkstattplänen oder Werkstattzeichnungen sind zunächst Zeichnungen zu verstehen, die einzelne Werkstücke in ausführlicher Darstellung aller Einzelheiten und Maße wiedergeben und in der Regel vom ausführenden Unternehmen selbst gefertigt werden. Sie enthalten üblicherweise Darstellungen jedes einzelnen Konstruktionsteils in größerem Maßstab, um die Werkstattfertigung zu ermöglichen (vgl. dazu ausführlich Seifert, BauR 2012, 1857, m.w.N.). Diese Werkstattpläne dienen dem ausführenden Unternehmen als Grundlage für die Anfertigung der einzelnen Werkstücke in seinen Werkstätten. Diese Werkstattzeichnungen oder Werkstattpläne sind für den Bauherrn selbst im Ergebnis oft eher uninteressant, für das ausführende Unternehmen bei der handwerklichen und konstruktiven Umsetzung des geschuldeten Werks aber unerlässlich.
Montagepläne
Unter Montagezeichnungen oder Montageplänen versteht man in der Regel ein Zusammenfügen von verschiedenen vom Unternehmer hergestellten Werkstücken zu einem Ganzen. Die Montageplänen dienen dem Unternehmer dazu, die einzeln gefertigten Werkstücke auf der Baustelle korrekt zusammenzufügen, um das geschuldete Werk zu erstellen.
Die Werkstatt- und Montagepläne sind in aller Regel Unternehmerleistung. Diese Pläne setzen jedoch wiederum eine ausführungsreife Planung des Architekten voraus und bauen auf dieser Ausführungsplanung auf.
Abhängig von seiner Vertragsgestaltung hat daher der mit der Ausführungsplanung beauftragte Architekt, die Wertstatt- und Montagepläne auf Übereinstimmung mit der von ihm gefertigten Ausführungsplanung zu überprüfen. Zwar wird dem ausführenden Architekten hier keine Spezialkenntnis des Unternehmers abverlangt. Erkennt der Architekt aber, dass ihm die für die Überprüfung der Werkstatt- und Montageplänen erforderliche Fachkenntnis fehlt, hat er den Bauherrn darauf hinzuweisen, dass ihm die entsprechende Expertise fehlt, um den Bauherrn in die Lage zu versetzen, einen Sonderfachmann zur Prüfung heranzuziehen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.12.2020 – 8 U 5/19). Aber auch bei der Hinzuziehung eines Sonderfachmannes haftet der Architekt jedoch für dessen Auswahl und Überprüfung nach dem Maß der von ihm als Architekten zu erwartenden Kenntnisse. Die ist insbesondere dann der Fall, wenn die mangelhafte Leistung des Sonderfachmanns auf Vorgaben des Architekten beruht oder der Architekt Mängel nicht beanstandet, die für ihn nach den vom Architekten zu erwartenden Kenntnissen erkennbar waren (BGH, Urteil vom 14.02.2001 – VII ZR 176/99).
Fazit
Die zu geringe Detaillierung der Planung ist häufig die Ursache für Mängel oder aber auch für Nachträge des ausführenden Gewerks, weil sich herausstellt, dass die Ausführungsplanung nicht den Gegebenheiten vor Ort Rechnung trägt oder jedenfalls wesentliche (Anschluss-)Details nicht in einer jedes Risiko ausschließenden Weise verdeutlicht. Auch dann, wenn Detailzeichnungen durch das ausführende Gewerk im Rahmen der Werkstatt- und Montageplanung erstellt werden, obliegt dem mit der Ausführungsplanung beauftragten Architekten die Pflicht zur Prüfung auf Übereinstimmung mit seiner Planung.
Für eine fehlerhafte Planung haftet der Architekt nur dann nicht, wenn er die gebotene Sorgfalt bei der Planung beachtet hat. Fehlt ihm die erforderliche Fachkenntnis, hat er den Auftraggeber zu informieren und auf die Hinzuziehung notwendiger Sonderfachleute hinzuwirken. Auch auf offenkundige Fehler in der Werkstatt- und Montageplanung muss er hinweisen. Übersieht er solche, haftet er ebenfalls (OLG Hamm, Urteil vom 12.04.2013 – 12 U 75/12; vgl. auch Gautier/Zerhusen, BauR 2015, 420.)
Im Einzelfall kann die Bestimmung der Planungs- und Prüfpflichten des mit der Ausführungsplanung beauftragten Architekten schwierig sein. Auch die häufig in (Regress-) Prozessen eingewandte Argumentation, das ausführende Unternehmen oder der Fachplaner habe ja auf Fehler oder Lücken in der Planung hinweisen müssen, hilft dem Architekten oft nicht weiter. Dem Architekten ist daher zu empfehlen, insbesondere dann, wenn andere an der Ausführung fachlich Beteiligte, eigene Details planen, stets auf die Übereinstimmung mit seiner Ausführungsplanung zu achten, auf Abweichungen frühzeitig hinzuweisen und sich auch bei der Hinzuziehung von Sonderfachleuten, nicht ausschließlich auf deren Spezialkenntnisse zu verlassen.
Rechtsanwältin Jennifer Essig
- Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
- Mitglied der Arbeitsgruppe junge Baurechtler:innen der ARGE Baurecht