1. Welche Leistungen ein Projektmanager und Baucontroller zu erbringen hat und damit die Beantwortung der Frage, ob dessen Leistungen mangelhaft sind, richtet sich nach dem Inhalt des geschlossenen Projektmanagement- und Baucontrollingvertrags.
2. Ein Projektmanager und Baucontroller darf keine Rechtsdienstleistungen erbringen. Die Frage, gegen welche Baubeteiligten in welchem Verfahren und mit welchen Streitverkündungen vorzugehen ist, stellt eine Rechtsdienstleistung dar, die den rechtsberatenden Berufen vorbehalten ist.
OLG München, Urteil vom 18.05.2021 - 9 U 5633/20 Bau (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen)
BGB § 280 Abs. 1; HOAI 2002 §§ 15, 73; RDG §§ 1, 2, 3
Problem/Sachverhalt
Ein Projektmanagementunternehmen war mit dem Baucontrolling gegenüber einem Generalunternehmer beauftragt worden. Zusätzlich waren ihm Teilleistungen der Objektplanung, Leistungsphase 9, für das Gebäude, die Freiflächenplanung und Technische Gebäudeausrüstung (TGA) übertragen worden. Bei dem Bauvorhaben zeigten sich nach Abnahme der Leistungen Rissbildungen, deren Ursache streitig war. Der Auftraggeber verlangte vom Baucontroller einen Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung, weil dieser nicht auf die Inanspruchnahme des Tragwerksplaners hingewirkt habe (sondern nur auf den Generalunternehmer, der für die Schäden nicht verantwortlich gemacht werden könne). Das Landgericht verurteilte das Projektmanagementunternehmen zur Zahlung eines Kostenvorschusses i.H.v. 254.660 Euro.
Entscheidung
Das OLG München weist die Klage ab. Das OLG befasstt sich zunächst detailliert mit den übernommenen Leistungspflichten des Projektmanagementunternehmens. Nur im Umfang der Leistungspflichten kann sich auch eine Verantwortlichkeit für die nicht ordnungsgemäße Leistungserbringung ergeben. Dieser Ansatz entspricht der gesicherten Erkenntnis, dass angesichts der Vielgestaltigkeit der Aufgabenzuweisungen an Projektmanagementunternehmen eine genaue Analyse der vertraglich übernommenen Leistungspflichten erforderlich ist, um Aussagen zur Haftung machen zu können. Das OLG sieht den Projektmanager auf der Grundlage des abgeschlossenen Vertrags allenfalls für verpflichtet an, auf eine Ursachenklärung hinsichtlich der Rissbildung vor Ablauf von Gewährleistungsfristen hinzuwirken. Mehr hätte ein Projektmanagement- und/oder Baumanagementunternehmen nicht tun müssen. Die Frage, gegen welche Baubeteiligten in welchem Verfahren und mit welchen Streitverkündungen vorzugehen ist, stellt eine Rechtsdienstleistung dar, zu deren Erbringung ein Projektmanager nicht verpflichtet ist. Denn Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich um einfache oder schwierige Rechtsfragen handelt.
Praxishinweis
Das Urteil darf nicht dahingehend verstanden werden, dass Projektmanager ungestraft einen unzutreffenden Rechtsrat geben können. Das OLG führt in den Entscheidungsgründen aus, dass ein Projektmanager, der die Grenze zur Rechtsberatung überschreitet und fehlerhaften Rechtsrat erteilt, dann auch für den unzutreffenden rechtlichen Rat zu haften hat (die Berufshaftpflichtversicherungen decken derartige Tätigkeiten und Haftungsfälle indes nicht ab). Wenn allerdings, so das OLG München, für den Auftraggeber klar war, dass mehrere Verantwortliche in Betracht kamen, dann wäre es die eigene Entscheidung gewesen, gegen welche Baubeteiligten vorzugehen sei. Der Umstand, dass der Baucontroller nur darauf gedrängt habe, den Generalunternehmer zu belangen, könne dementsprechend keinen Haftungsvorwurf begründen.
RA und FA für Bau- und Architektenrecht, FA für Steuerrecht Prof. Dr. Klaus Eschenbruch, Düsseldorf
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