Wann beginnt die Verjährung des Anspruchs auf Stellung einer Bauhandwerkersicherheit?

OLG München, Urteil vom 21.11.2023 - 9 U 301/23 Bau e (nicht rechtskräftig) BGB a.F. § 648; BGB § 199 Abs. 1, § 650f

1. Der Anspruch auf Stellung einer Bauhandwerkersicherheit aus § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. (jetzt § 650f Abs. 1 Satz 1 BGB) ist ein verhaltener Anspruch. Die Verjährungsfrist für diesen Anspruch beginnt nicht vor dem Verlangen des Unternehmers auf Sicherheitsleistung (Anschluss an BGH, IBR 2021, 296).
2. Die Verjährung des Anspruchs auf Stellung einer Bauhandwerkersicherheit beginnt am Schluss des Jahres, in dem der Unternehmer die Sicherheit verlangt hat.

OLG München, Urteil vom 21.11.2023 - 9 U 301/23 Bau e (nicht rechtskräftig)

BGB a.F. § 648; BGB § 199 Abs. 1, § 650f

Problem/Sachverhalt

Ein Architekt (A) macht für seine offenen Honoraransprüche einen Anspruch auf Sicherheit nach § 648a BGB a.F. i.H.v. gut 4.300.000 Euro geltend. Das Landgericht weist die Klage ab, weil der Anspruch verjährt sei (LG München I, IBR 2023, 131). Die Verjährung beginne nicht gem. § 199 Abs. 1 BGB zum Schluss des Jahres, in dem der Anspruch im verjährungsrechtlichen Sinne entstanden sei (sog. "Ultimo-Verjährung"). Der Verjährungsbeginn sei vielmehr im Wege einer Gesamtrechtsanalogie zu den §§ 604 Abs. 5, 695 Satz 2 und 696 Satz 3 BGB taggenau ab dem ersten Sicherungsverlangen zu berechnen. A legt Berufung ein.

Entscheidung

Mit Erfolg! Das OLG bewertet die Rechtslage anders und hebt das Urteil des Landgerichts auf. Der BGH habe zwar in seiner grundlegenden Entscheidung (IBR 2021, 296) zum Beginn der Verjährung des Anspruchs auf Sicherheitsleistung nach § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. offengelassen, ob § 199 BGB auch für diesen Anspruch anwendbar sei. Die überwiegende Meinung in der Literatur (vgl. Kniffka/Jurgeleit/Schmitz, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, § 650f Rz. 48; Grüneberg/Ellenberger, BGB, 82. Aufl., § 199 Rz. 1, 8) und obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OLG Köln, IBR 2020, 402) gehe jedoch von einer Anwendbarkeit des § 199 Abs. 1 BGB aus. Eine Gesamtrechtsanalogie sei hier unzulässig und könne folglich die Anwendbarkeit des § 199 Abs. 1 BGB nicht ausschließen. Damit beginnt die Verjährung aus § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. am Schluss des Jahres, in dem der Unternehmer die Sicherheit verlangt hat.

Praxishinweis

Im Zusammenhang mit § 650f BGB muss der Unternehmer verschiedene Verjährungsfristen im Blick behalten. Zum einen darf der Anspruch auf Sicherheitsleistung nicht verjähren. Um diesen Anspruch ging es im vom OLG München entschiedenen Fall. Wird die Sicherheit durch Bürgschaft geleistet, muss der Unternehmer weiterhin dafür sorgen, dass auch sein Anspruch gegen den Bürgen nicht verjährt. Schließlich ist dafür zu sorgen, dass die zu sichernde Forderung, also der eigentliche Vergütungsanspruch sowie die mit 10% mitzusichernden Nebenforderungen, nicht verjähren.

 

RA und FA für Bau- und Architektenrecht Dr. Achim Mundt, Landsberg/Lech 

Anmerkung der Redaktion

Gegen das Urteil wurde Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingelegt (Az.: VII ZR 245/23).

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