Objektplaner muss alles integrieren, aber nicht alles kontrollieren!

OLG Saarbrücken, Urteil vom 19.03.2014 - 1 U 420/12; BGH, Beschluss vom 06.04.2016 - VII ZR 83/14 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Für Mängel in dem zu integrierenden Gutachten eines Sonderfachmanns haftet der Objektplaner nur dann, wenn er klare Vorgaben des Sonderfachmanns missachtet oder wenn er klar erkennbare Mängel unbeachtet lässt.

OLG Saarbrücken, Urteil vom 19.03.2014 - 1 U 420/12; BGH, Beschluss vom 06.04.2016 - VII ZR 83/14 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

BGB §§ 281, 426, 633, 634; HOAI 1996 § 55 Abs. 2, §§ 90, 91

Problem/Sachverhalt

Beim Bau einer Abwasseranlage erstellt der Bodengrundgutachter einen geotechnischen Bericht. Nach der Befüllung des Klärbeckens kommt es zu einem Schadensereignis mit Verformungen und Ausbeulungen der Kunststoffdichtungsbahnen sowie Ausbrüchen der Verbundsteinflächen. Ursächlich ist nach den Feststellungen des Sachverständigen eine Unrichtigkeit im Bodengrundgutachten, wonach die Auftriebssicherheit der Klär- und Schonungsteiche im Betriebszustand gewährleistet sei. Tatsächlich liegt der Grundwasserspiegel über dem Wasserspiegel in den Klärteichen, was letztendlich zum Schadensereignis geführt hat. Neben dem Bodengrundgutachter wird auch der mit der Objektplanung gem. § 55 HOAI 1996 beauftragte Ingenieur gesamtschuldnerisch in Anspruch genommen. Die gegen ihn gerichtet Klage wird aber abgewiesen.

Entscheidung

Zu Recht! Nach gefestigter Rechtsprechung ist die Haftung des Objektplaners nur gegeben, wenn er klare Vorgaben eines Sondergutachtens missachtet oder wenn er für ihn nach seinem Wissensstand klar erkennbare Mängel des Gutachtens unbeachtet lässt. Vorliegend waren die Fehler im Bodengrundgutachten des Sonderfachmanns bezüglich der Auftriebssicherheit für den bauplanenden und bauleitenden Ingenieur nicht erkennbar. Nach den Feststellungen des Sachverständigen waren die Angaben nicht widersprüchlich und erforderten keine Nachfrage des Ingenieurs. Nach den in sich schlüssigen und überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen gab es keinen Anlass, weitergehende Überprüfungen oder Nachfragen anzustellen, zumal der Ingenieur nur mit der Objektplanung nicht aber auch mit der Tragwerksplanung beauftragt war.

Praxishinweis

Zu den Grundleistungen des Objektplaners gehört die Prüfung und Integration der Beiträge der anderen an der Planung fachlich Beteiligten. Dabei wird vom Objektplaner eine Überprüfung der Planung der Sonderfachleute dort erwartet werden, wo er über die notwendigen Kenntnisse verfügt (BGH, IBR 2003, 553). Er muss auf für ihn klar erkennbare Mängel eines Gutachtens hinweisen. Die Rechtsprechung tendiert mittlerweile dazu, dass vom Objektplaner keine Spezialkenntnisse erwartet werden müssen (OLG Jena, IBR 2015, 149; OLG Braunschweig, IBR 2009, 461). Das Risiko liegt für den Objektplaner aber weniger im rechtlichen als im tatsächlichen Bereich: Realisiert sich ein Schaden durch einen Fehler in der Sonderfachplanung neigen Sachverständige in Grenzfällen dazu, den Fehler als offenkundig anzusehen. Denn im Nachhinein lassen sich Fehler häufig als ohne Weiteres erkennbar darstellen, vor allem wenn es dadurch zu einem Schaden kommt. Für Objektplaner (Gebäude, Freianlagen, Ingenieur- und Verkehrsbauwerke) empfiehlt sich im Vertrag oder bei der Vertragsdurchführung darauf hinzuweisen, dass man über Spezialkenntnisse aus bestimmten Bereichen nicht verfügt. Allerdings sind auch hier Grenzen gesetzt, weil der Objektplaner gewisse Fachkenntnisse auch aus Bereichen der Sonderfachplanung haben muss.

RA Dr. Alexander Wronna, LL.M., Frankfurt a.M. 

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