Bauherren halten einem Nachtrag bei einem Pauschalpreisvertrag häufig die schlichte Aussage entgegen: Pauschal ist pauschal. Auftragnehmer argumentieren dagegen häufig mit der Unkalkulierbarkeit der ausgeführten Leistung: Ein Nachtrag sei deshalb gerechtfertigt, weil die Leistungsbeschreibung die tatsächlich notwendige Ausführungsart nicht habe erkennen lassen. Beide Positionen sind in ihrer Schlichtheit nicht geeignet, die Meinungsverschiedenheit zu lösen. Der Teufel steckt - wie so häufig - im Detail: Denn es kommt darauf an, was von der Pauschalpreisabrede abgedeckt ist.
Unkalkulierbarkeit der Leistung rechtfertigt nicht per se einen Nachtrag
Besonders riskant ist für den Auftragnehmer ein Vertrag, für dessen Angebot der Bieter und spätere Auftragnehmer die Leistung zum Zwecke der Angebotskalkulation selbst ermitteln und gegebenenfalls sogar planen muss. Die Leistungsseite ist in diesen Fällen nicht erschöpfend beschrieben und ohne umfangreiche Vorarbeiten kalkulierbar. Sie ist mehr oder weniger pauschal beschrieben. Es gibt keinen Rechtsgrundsatz, nach dem riskante Leistungen nicht übernommen werden können oder dürfen. Eine so nur funktionale Leistungsbeschreibung ist eine zulässige Form der Vertragsgestaltung. Der Auftraggeber kann also eine Leistung so beschreiben, dass der Bieter den Leistungsgegenstand zunächst selbst im Detail ermitteln und möglicherweise sogar selbst planen muss. Der spätere Auftragnehmer muss alle für den global beschriebenen Bereich notwendigen Leistungen im Rahmen des vereinbarten Preises erbringen. Für die Wirksamkeit eines Vertragsschlusses ist nicht von Bedeutung, dass die übernommene Bauverpflichtung kalkulierbar ist (BGH, Urteil vom 27.06.1996 - VII ZR 59/95). Dies gilt auch bei der öffentlichen Auftragsvergabe, selbst wenn die Übertragung der Planungsverantwortung aufgrund der kurzen Angebotsfrist ein unkalkulierbares Risiko enthält (OLG München, Urteil vom 12.02.2019 - 9 U 728/18 Bau). Die Unkalkulierbarkeit einer Leistung rechtfertigt per se also keinen Nachtrag.
Detaillierte Angabe im funktionalen Leistungsbeschrieb
Eine detaillierte Angabe im Leistungsverzeichnis einer funktionalen Ausschreibung führt nicht per se zu einer Begrenzung der Pauschalpreisabrede. Auch hier ist es eine Frage der Auslegung, was die Parteien wollten. Es ist möglich, dass der Auftraggeber lediglich zum Ausdruck bringen will, wovon er ausgeht, ohne dass er dies zum Vertragsinhalt erheben will (BGH, Urteil vom 30.06.2011 - VII ZR 13/10). Die Auslegung kann auch ergeben, dass die detaillierte Angabe lediglich die Geschäftsgrundlage des Vertrags beschreibt. Das kann insbesondere dann angenommen werden, wenn der Auftragnehmer davon ausgehen durfte, der Auftraggeber habe eine gewisse Gewähr für eine verlässliche Kalkulationsgrundlage geben wollen. Allerdings führt nicht jede detaillierte Angabe im Leistungsverzeichnis dazu, dass sie die Pauschalierung der Vergütung begrenzt; Insoweit kommt es - auch bezüglich einer vom Auftraggeber vorgegebenen Mengenangabe - im Rahmen der Auslegung auf die Umstände des Einzelfalles an.
Mengenangabe als Geschäftsgrundlage
Allgemein gilt, dass ein Auftragnehmer sich nicht auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen kann, wenn sich während der Vertragsdurchführung ein Risiko verwirklicht hat, das dem eigenen Einfluss- und Risikobereich unterfällt. Deshalb sind die Grundlagen der Preisermittlung, wozu beim Pauschalpreisvertrag auch die Mengen gehören, grundsätzlich keine Geschäftsgrundlage des Vertrages. Macht der Auftraggeber in einer Leistungsbeschreibung zum Pauschalvertrag detaillierte Angaben zu den Mengen oder die Mengen beeinflussende Faktoren, die erhebliche Bedeutung für die Kalkulation des Pauschalpreises haben, wird das häufig nach Treu und Glauben dahin zu verstehen sein, dass diese Angaben auch nach seinem Willen zur Geschäftsgrundlage des Vertrages erhoben werden sollen (BGH, Urteil vom 30.06.2011 - VII ZR 13/10). In solchen Fällen kommt eine Preisanpassung in Betracht, wobei es keine starre Risikogrenze in Gestalt eines Prozentsatzes des vereinbarten Pauschalpreises gibt. Es kommt vielmehr auf die gesamten Umstände des Falles an, wobei insbesondere auch berücksichtigt werden muss, inwieweit der Auftraggeber durch irreführende Angaben in der Ausschreibung zu einer Fehlkalkulation des Auftragnehmers beigetragen hat. Wirken sich die von den irreführenden Angaben im Vertrag abweichenden Mengen derart auf die Vergütung aus, dass das finanzielle Gesamtergebnis des Vertrages nicht nur den zu erwartenden Gewinn des Auftragnehmers aufzehrt, sondern auch zu Verlusten führt, ist das Festhalten an der Preisvereinbarung häufig nicht mehr zumutbar (BGH, Urteil vom 30.06.2011 - VII ZR 13/10).
Angebot des Unternehmers als Vertragsinhalt
Häufig wird im Text des Bauvertrages auf Anlagen zum Bauvertrag verwiesen und nicht selten auf Angebote des Unternehmers. In den Angeboten werden im Regelfall Prämissen aufgestellt und Konkretisierungen vorgenommen, welche die vom Unternehmer zu erbringenden Leistungen präzisieren, die von der Pauschale umfasst sind. Solche Konkretisierungen sind zulässig. Daher ist es nicht damit getan, den Text des Bauvertrages allein in den Blick zu nehmen. Die wesentlichen Angaben dazu, was von der Pauschale umfasst ist, findet sich dann in dem Angebot des Unternehmers. So kann ein Nachtrag allein deshalb gerechtfertigt sein, obwohl keine Veränderung in Bezug auf das zu bauende Objekt erfolgt, weil die Pauschale bestimmte Bauumstände voraussetzt, die sich als unzutreffend erweisen.
Fazit
Die bloße Bezeichnung eines Vertrages als Pauschalpreisvertrag ist für sich genommen nicht geeignet, Kostensicherheit zu gewährleisten. Es kommt immer darauf an, was von der Pauschale umfasst ist. Im Streitfall ist dies durch eine Auslegung des Vertrages zu ermitteln. Bei Pauschalpreisverträgen ist daher große Sorgfalt auf die Formulierung dessen, was von der Pauschale umfasst ist, zu legen, damit der garantierte Maximalpreis auch nicht überschritten wird und der Bauherr mit Recht sagen kann: Pauschal bleibt pauschal.