Herr Gendlin, woher kommt dieses unbändige Verlangen sich immer mit Rankings zu vergleichen?
Es ist ein tiefes Bedürfnis der menschlichen Psyche, wissen zu wollen, wo man im Verhältnis zu seinen Gleichgestellten steht. Wenn man die Frage auf Anwälte bezieht, dann kommt es sicher zusätzlich daher, dass sie immer wieder in kompetitive Situationen kommen. Vor Gericht haben sie einen Gegner und auch in Verhandlungen müssen sie oftmals die Interessen ihrer Mandanten gegen Positionen anderer durchsetzen. Dadurch wird das Bedürfnis sich zu messen natürlich noch erhöht. Anwälte wollen außerdem in Rankings vorkommen, weil sie gemerkt haben, dass es sich positiv auf ihr Geschäft auswirkt.
Wer profitiert mehr von Rankings? Mandant oder Kanzlei?
Beide Parteien profitieren in einem ähnlichen Ausmaß. Wenn ein Mandant einen Rechtsanwalt sucht, hat er durch seriöse Rankings eine Entscheidungshilfe die ihm Zeit und eine eigene Recherche spart. Da seriöse Rankings Primärdaten erheben, führt die Analyse solcher Daten – mit entsprechenden Abweichungen –zu einem Marktbild, bei dem Anwälte größtenteils für ihr gute Arbeit belohnt werden. Des Weiteren können Entscheidungsträger auf Mandantenseite ihre Auswahl von Kanzleien durch Rankingsplatzierungen dieser Kanzleien unterstützen und geraten bei ihren Vorgesetzen nicht in Erklärungsnotstand, wenn es Probleme mit der Kanzlei gibt.
Es profitiert allerdings auch die gesamte Anwaltschaft durch seriöse Rankings. Ein seriöses Ranking erhebt Daten, um die juristische Qualität der Arbeit einer Kanzlei zu bewerten und bietet nicht einfach ‚Preise‘ zum Kauf an. Unseriöse Rankings dagegen tragen zu einer Marktverzerrung bei, die dem Ruf der Anwaltschaft nicht förderlich ist.
Welche Rankings sind tatsächlich seriös und haben für Kanzleien und Klienten einen Mehrwert?
Eine umfassende Aufzählung aller Rankings würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Zu nennen sind aber definitiv Juve, Chambers & Partners, Legal 500 und IFLR.
Wer bei der Anwaltssuche auf ein Ranking stößt und prüfen möchte, wie seriös dieses ist, dem empfehle ich eine Kontrolle des Datenerhebungsprozesses des Rankings. Rankings die nicht solide arbeiten, haben in der Regel Formulare zur Einreichung und Bewertung auf der eigenen Webseite publiziert, bei denen nur wenige Daten abgefragt werden. Ein echtes No-Go ist es, wenn die E-Mail, die bei der Dateneingabe in ein solches Formular angegeben werden muss, vom Ranking nicht automatisch überprüft wird – Denn das bedeutet natürlich, dass man mit einer E-Mail-Adresse zumindest mehrmals abstimmen kann. An solchen Parametern kann auch jemand ohne juristische Fachkenntnisse oder Kenntnisse qualitativer Datenerhebung erkennen, dass ein solches Ranking zumindest fragwürdig arbeitet.
Seriöse Rankings dagegen arbeiten mit den Bewerbungsunterlagen, die von Kanzleien eingereicht werden. Dann ergänzen sie diese Daten durch eigenständige Recherchen. Die Mandanten der Kanzleien müssen damit natürlich einverstanden sein, da sie als Referenz abgefragt werden.
Was sollen Kanzleien tun, um ihre Leistung möglichst gut darzustellen und dadurch das eigene Ranking zu verbessern?
Wie bei allen Marketingmaßnahmen ist auch bei der Bewerbung um ein Ranking entscheidend, dass die Arbeit kontinuierlich gemacht wird. Meistens wird man nicht beim ersten Mal in das Ranking aufgenommen, da Rankings die Konstanz ihrer Ranglisten möglichst hoch halten möchten. Würde eine Kanzlei sich nämlich nur für eine einmalige Aufnahme bemühen und nach erfolgreicher Aufnahme keine Einreichung mehr durchführen, dann müsste sie im Folgejahr aus dem Ranking genommen werden. Dadurch würde eine Volatilität in den Rankings entstehen, die diese natürlich vermeiden wollen. Daher erfolgt die Aufnahme in ein Ranking in der Regel nur durch konstante, mehrmalige Einreichungen. Unterstützend dazu kann eine Kanzlei während des Jahres umfassende Pressearbeit betreiben, denn Rankings fragen Presseberichte, in denen Kanzleien vorkommen, gezielt ab.
Wie können Rechtsanwälte Top-Platzierungen in Rankings erreichen?
Der einzige und gleichzeitig wichtigste Tipp, den ich dazu geben kann ist: Wer sich seriös um Rankings bemühen will, muss entsprechend Ressourcen dafür abstellen. Egal ob Sie externe oder interne Mitarbeiter damit beauftragen, die Recherche und Datenaufbereitung ist so aufwändig, dass niemand sie „nebenher“ leisten kann. Was ich immer wieder sehe, und wo ich mit Sicherheit sagen kann, dass es scheitern wird, sind zum Beispiel Sekretariate oder Bibliothekskräfte, die „mal eben“ noch zu Rankingspezialisten umfunktioniert werden. Diese haben zumeist nicht das richtige Arbeitsprofil für die Rankingarbeit und nicht die Ressourcen.
Das klingt so, als würde sich der Aufwand, in ein Ranking zu kommen nur für Großkanzleien lohnen. Würden Sie auch kleinen Kanzleien oder Einzelanwälte raten, sich für ein Ranking zu bewerben?
Auf jeden Fall – Große Kanzleien reichen circa zehn bis 20 Rechtsgebiete ein. Eine kleinere Kanzlei reicht entsprechend weniger Rechtsgebiete ein, womit der Arbeitsaufwand auf die Kanzleigröße skalierbar ist. Rankings haben sich erst in der letzten Zeit speziell für kleine Kanzleien und Einzelanwälte geöffnet. Wer also in dieser Kanzleigröße mit einer Rankingplatzierung für sich werben kann, hat heute noch ein sehr gutes Unterscheidungsmerkmal zu seinen Mitbewerbern. Bei großen Kanzleien ist es eher so, dass es auffällt, wenn sie nicht gerankt ist.
Der Versuch sich erstmalig zu bewerben, kann auf keinen Fall schaden, da Fehlversuche, die nicht zu einer erstmaligen Aufnahme führen, auch nicht veröffentlicht werden.
Für welchen Rechtsbereich sind Rankings besonders relevant? Für welche weniger?
Für das Baurecht sind Rankings sehr relevant. Es gibt sogar bei manchen Rankings unter der klassischen Baurechtskategorie „Real Estate“ zusätzlich Unterkategorien wie „Real Estate Finance“ oder „Real Estate Construction“. Allgemein lässt sich sagen, je weiter die Tätigkeit der Kanzlei in den geschäftlichen Unternehmensbereich geht, desto relevanter sind Rankings. Für einen Familienrechtler, der auf kleine Scheidungen spezialisiert ist, sind Rankings weniger bedeutsam als für die Kanzlei, deren Hauptkunden große Baufirmen sind. Es gibt aber auch Rankings, die eigene Kategorien für vermögende Privatkunden – Private Clients – beinhalten.
Herr Gendlin, wir danken Ihnen für das Gespräch.