1. Ein Architekt, der sich zur Erstellung einer Genehmigungsplanung verpflichtet, schuldet als Werkerfolg eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung. Andernfalls ist das Architektenwerk mangelhaft. Die Mangelhaftigkeit erfasst das gesamte Architektenwerk, d. h. auch die Leistungsphasen, die der Genehmigungsplanung vorausgehen.
2. Der Architekt hat zwar ein Recht zur Nachbesserung der nicht genehmigungsfähigen Planung. Eine Nachbesserung kommt aber nur in Betracht, wenn die Planung in der beantragten Form dauerhaft genehmigungsfähig hergestellt werden kann. Auf grundlegende Änderungen der Planung zwecks Herstellung der Genehmigungsfähigkeit muss der Auftraggeber sich nachträglich nicht einlassen.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.12.2021 - 23 U 81/21; BGH, Beschluss vom 24.04.2024 - VII ZR 886/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
BGB §§ 631, 633, 635
Problem/Sachverhalt
Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Architekten (A) mit der Genehmigungsplanung (Leistungsphasen 1 bis 4) für ein bestehendes und sanierungsbedürftiges Mehrfamilienhaus. Es soll hochpreisig zu vermarktender Wohnraum geschaffen werden. A soll unter Ausnutzung des Bestandschutzes eine Wohnfläche erreichen, die aufgrund der geänderten planungsrechtlichen Situation mit einem Neubau nicht mehr erreichbar ist.
A hat zunächst eine sog. "Umbauvariante" geplant, die jedoch bei der Bauaufsicht erheblichen Genehmigungsbedenken, vor allem wegen der Stellplätze und entgegenstehender nachbarlicher Belange, begegnete. Deshalb hat A seine Planung geändert und sah nunmehr eine sog. "Neubauvariante" hinter der alten Fassade des vorhandenen Gebäudes vor. Für diese "Neubauvariante" wurde am 07.02.2013 eine Baugenehmigung erteilt.
Zwar hatte die Bauaufsicht im Jahr 2015 in Erwägung gezogen, die Genehmigung zurückzunehmen. Hierzu ist es jedoch nicht gekommen.
Der AG hat von der Baugenehmigung keinen Gebrauch gemacht und später mit einem anderen Architekten das Vorhaben realisiert. Dabei hat er vom Erhalt des bestehenden Gebäudes vollständig Abstand genommen. A meint, dass beide Planungen genehmigungsfähig gewesen seien und verlangt mit zwei Schlussrechnungen Honorar für beide Planungsvarianten. Zu Recht?
Entscheidung
Nein! A erhält nur Honorar für die "Neubauvariante", die er vertragsgemäß erbracht hat und für die eine Baugenehmigung erteilt wurde. Für die "Umbauvariante" bestehen keine Honoraransprüche, weil diese Planung nicht genehmigungsfähig war.
Nach ständiger Rechtsprechung muss eine Architektenplanung dauerhaft genehmigungsfähig sein; andernfalls liegt ein Mangel vor. Für die "Umbauvariante" konnte A die Genehmigungsfähigkeit nicht erreichen, da sowohl nachbarrechtliche Bedenken als auch Probleme mit der Stellplatzanordnung bestanden. Die Leistung ist somit mangelhaft, auch hinsichtlich der vorhergehenden Leistungsphasen.
Eine Nachbesserung wäre nur durch grundlegende Änderungen möglich gewesen, was der AG nicht akzeptieren muss. A erstellte jedoch eine genehmigungsfähige "Neubauvariante", für die die Genehmigung erteilt wurde. Auch wenn die Bauaufsicht später die Rücknahme erwog, blieb die Genehmigung bestehen. Weitere Mängel in der Planung oder Leistung des A wurden nicht festgestellt, so dass insoweit die geschuldete Werkleistung erbracht wurde.
Praxishinweis
Die dauerhafte Genehmigungsfähigkeit der Planung ist häufig Thema gerichtlicher Auseinandersetzungen. Ein Grund dafür ist, dass AG bei Renditeobjekten häufig die bestmögliche Ausnutzung ihrer Grundstücke wünschen und dazu die bestehenden Genehmigungsmöglichkeiten maximal ausnutzen wollen. Die Risiken für Planer sind dabei erheblich. Deshalb müssen sie so früh wie möglich die Genehmigungsfähigkeit prüfen und bei erkennbaren Genehmigungsrisiken den AG "mit ins Boot nehmen".
Dazu bedarf es einer umfassenden und vollständigen Aufklärung des AG. Diese ermöglicht es dann, gegebenenfalls die Risiken auf den AG zu übertragen (sog. "Risikoübernahme", vgl. z. B. BGH, IBR 2011, 280). AG müssen sich nicht auf grundlegende Änderungen der Planung einlassen. Insofern ist es wichtig, die Planungs- und Überwachungsziele eindeutig vertraglich festzulegen und bei bestehenden Genehmigungsrisiken vertraglich festzulegen, wer diese zu tragen hat.
Eine Besonderheit des hiesigen Falls liegt darin, dass die Baugenehmigung für die "Neubauvariante" mangels Ausführung der genehmigten Planung und Ablauf ihrer Geltungsdauer erloschen ist. Die sich daran anschließende Frage, ob in einem solchen Fall, in dem eine Genehmigung während ihrer gesamten Geltungsdauer Bestand gehabt hat, überhaupt die Genehmigungsfähigkeit der Planung in Zweifel gezogen werden kann, hat das OLG Düsseldorf bewusst nicht entschieden, weil eine fehlende Genehmigungsfähigkeit nicht ersichtlich war und es deshalb darauf nicht ankam.
Da die Genehmigungsfähigkeit als geschuldeter Werkerfolg nicht davon abhängt, ob von der Genehmigung auch tatsächlich Gebrauch gemacht wird, kann auch in einem solchen Fall ein Planungsmangel vorliegen. Der Werkerfolg ergibt sich aus dem Planungsvertrag und hängt nicht davon ab, ob das Werk später vom AG auch tatsächlich genutzt wird.
RA und FA für Bau- und Architektenrecht Matthias Hilka, Frankfurt a.M.
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