Die unklare Baubeschreibung und ihre Auslegung gem. § 650k Abs. 2 BGB

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts vom 28.04.20171 führte der Gesetzgeber über die Vorschriften in § 650j BGB und Art. 249 §§ 1, 2 EGBGB für Verbraucherbauverträge die Pflicht des Unternehmers ein, dem Verbraucher vorvertraglich eine besonderen Anforderungen an Inhalt und Form unterliegende Baubeschreibung zur Verfügung zu stellen. Deren Angaben sollen nach § 650k Abs. 1 BGB zum Inhalt des Verbraucherbauvertrages werden. Als Verbraucherbauverträge sind dabei gem. § 650i BGB solche Verträge zu qualifizieren, durch die ein Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird.2 Die Pflicht zur Übergabe einer entsprechenden Baubeschreibung gilt nach Art. 229 § 39 EGBGB für sämtliche seit dem 01.01.2018 abgeschlossenen Verbraucherbauverträge.

Der Gesetzgeber beabsichtigte, mit den neu eingeführten Vorschriften zur Baubeschreibung im Verbraucherbauvertrag ein nach alter Rechtslage offen zu Tage getretenes Verbraucherschutzdefizit zu beseitigen. Die bei Verbraucherverträgen allgemein bestehenden vorvertraglichen Informationspflichten aus § 312a Abs. 2 BGB  i.V.m. Art. 246 EGBGB  und § 312d Abs. 1 BGB  i.V.m. Art. 246a EGBGB  fanden nach § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB  a.F. gerade bei Verträgen über den Bau eines neuen Gebäudes oder erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden keine Anwendung. Diese Bereichsausnahme wurde zwar im Rahmen der seit 01.01.2018 geltenden Fassung des § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB  für Verbraucherbauverträge i.S.d. § 650i BGB  fortgesetzt; das daraus resultierende Informationsdefizit soll jedoch nunmehr durch die neu eingeführte Informationspflicht aus § 650j BGB  i.V.m. Art. 249 §§ 1, 2 EGBGB  kompensiert werden. Die vorvertragliche Pflicht zur Vorlage einer Baubeschreibung soll den in bautechnischen Fragestellungen nur selten bewanderten Verbraucher, der für die Errichtung oder den Umbau seines Hauses häufig auch noch einen wesentlichen Teil seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einsetzt, schützen und seine Rechtsposition stärken. Korrespondierend zur Einführung der Baubeschreibungspflicht nach § 650j BGB  i.V.m. Art. 249 §§ 1, 2 EGBGB  normierte der Gesetzgeber in § 650k Abs. 2 BGB  eine Auslegungsregel für den Fall, dass eine dem Verbraucher ausgehändigte Baubeschreibung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht, weil sie unklar oder unvollständig ist.

Ob der Gesetzgeber mit den Vorschriften zur Baubeschreibung im Verbraucherbauvertrag das Ziel eines angemessenen Verbraucherschutzes erreicht hat, erscheint indes fraglich. Auch wenn der Gesetzgeber bestrebt war, einheitliche Regelungen für die Baubeschreibung und deren Auslegung und damit für die Bestimmung des vertraglichen Leistungsinhalts im Verbraucherbauvertrag zu normieren, ist bei der Rechtsanwendung weiterhin zwischen individualvertraglich ausgehandelten Baubeschreibungen und solchen Baubeschreibungen zu unterscheiden, die als Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. §§ 305 ff. BGB  zu qualifizieren sind. Abhängig von dieser rechtlichen Einordnung könnten sich nicht nur die gesetzlichen Anforderungen an die Darstellung der Baubeschreibung, sondern auch die Rechtsfolgen im Falle fehlerhafter Baubeschreibungen und das hierbei anzuwendende Verbraucherschutzniveau unterscheiden.

II. Vorüberlegung: Qualifikation der Baubeschreibung als Allgemeine Geschäftsbedingung oder Individualvereinbarung?

Ob es sich bei den Vorgaben der Baubeschreibung um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, bestimmt sich nach den in §§ 305 ff. BGB  geregelten allgemeinen Voraussetzungen. Gem. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB  kann daher grundsätzlich auch im Bereich der Baubeschreibung vom Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen ausgegangen werden, wenn die dort enthaltenen Angaben als „für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen [zu qualifizieren sind], die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt“.

Dass es sich bei der Baubeschreibung nach Art. 249 § 2 Abs. 1 Satz 1 EGBGB  um die Beschreibung des angebotenen und zu erstellenden Bauwerks selbst handelt, hindert die Qualifizierung einer Baubeschreibung als Allgemeine Geschäftsbedingung indes nicht; auch die Beschreibung der Hauptleistungspflicht fällt grundsätzlich unter das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Ebenso unproblematisch dürfte für eine Baubeschreibung im Verbraucherbauvertrag die Voraussetzung erfüllt sein, wonach deren Angaben für eine „Vielzahl von Verträgen“ vorformuliert sein müssen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB ). Über § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB  finden die Grundsätze des AGB-Rechts auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Auch für individuelle Bauwerke einmalig erstellte Baubeschreibungen können daher als sogenannte Einmalbedingungen grundsätzlich als Allgemeine Geschäftsbedingungen qualifiziert werden.

Zu diskutieren dürfte jedoch die Frage sein, ob der Anwendungsbereich des AGB-Rechts bei Erfüllung der vorvertraglichen Baubeschreibungspflicht überhaupt eröffnet ist. Zeitlich knüpft die in § 650j BGB  i.V.m. Art. 249 EGBGB  geregelte Informationspflicht an das vorvertragliche Stadium an. Geregelt wird damit (zunächst) das vorvertragliche Rechtsverhältnis, was zu der Annahme führen könnte, eine Vertragsklausel i.S.d. Art. 5 Abs. 2 Buchst. a), 3 KlauselRL  läge schon nicht vor, woraus sich ableiten ließe, das Transparenzgebot des Art. 4 Abs. 2 KlauselRL, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB  bilde (jedenfalls im Anwendungsfeld des Bauträgervertrages, § 650u Abs. 1 Satz 2 BGB)  gerade keinen Maßstab für die Erfüllung der vorvertraglichen Baubeschreibungspflicht. Dem steht jedoch entgegen, dass dem AGB-Recht die Sanktionierung (Unwirksamkeit) von Regelungen das vorvertragliche Rechtsverhältnis betreffend nicht unbekannt ist. So regelt bspw. § 308 Nr. 1 BGB  die Unwirksamkeit unangemessen langer oder nicht hinreichend bestimmter Annahme-/Ablehnungsfristen in AGB.

 


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Der vollständige Aufsatz „Die unklare Baubeschreibung und ihre Auslegung gem. § 650k Abs. 2 BGB" von Rechtsanwältin Anna Stretz erschien zuerst in der Fachzeitschrift „Baurecht“ (BauR 2022, 554 - 567, Heft 4). Sie können den Beitrag hier online betrachten und herunterladen.