
Ein eigenes Haus zu bauen, bleibt für viele ein Lebenstraum. Doch für jede dritte Baufamilie wird es am Ende teurer als gedacht. Das zeigt eine exklusive Umfrage, die die Kanzlei Koenen Bauanwälte gemeinsam mit dem Meinungsforschungsinstitut YouGov durchgeführt hat. 310 Personen, die in den letzten fünf Jahren gebaut haben, wurden befragt – mit ernüchterndem Ergebnis: 33 Prozent der Projekte sprengten das Budget, nur 6 Prozent waren günstiger als geplant. Dieser Beitrag ordnet die Zahlen ein und erklärt, worauf Bauherren achten sollten, wenn der Hausbau das Budget sprengt.
Warum kostet es mehr?
Bauen ist teuer geworden – das ist keine Neuigkeit. Doch was genau führt zu Kostenexplosionen? Die Bauherren in der Umfrage nennen an erster Stelle die inflationsbedingten Preissteigerungen: 46 Prozent derer, die über dem Budget lagen, berichten von stark gestiegenen Material-, Personal- oder Energiekosten. Die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg ließen die Baustoffpreise rasant steigen – oft schneller, als Kalkulationen angepasst werden konnten.
Hinzu kommen Verzögerungen beim Bauablauf, etwa durch Wetter, Lieferprobleme oder Personalmangel – 31 Prozent der Befragten geben diese als Kostentreiber an. Jede Verzögerung treibt die Kosten in die Höhe – durch längere Vorhaltekosten auf der Baustelle und zusätzliche Finanzierungslasten. Auch Änderungswünsche während der Bauzeit (27 Prozent) oder Planungsfehler (18 Prozent) schlagen ins Geld. Jeder Fünfte berichtet von Mängeln oder Nachbesserungen, etwa durch unzureichende Ausführung oder fehlerhafte Leistungen von Subunternehmern.
Die Folge: Mehrkosten und häufig auch Streit. Rund 38 Prozent der Befragten erlebten während ihres Bauprojekts Auseinandersetzungen – die Hauptgründe waren Zeitverzögerungen und Qualitätsmängel.
Wer haftet bei Mehrkosten?
Viele Bauherren fragen sich: Muss ich gestiegene Preise hinnehmen beziehungsweise zusätzlich bezahlen? Nicht unbedingt. Wurde im Bauvertrag ein fester Preis vereinbart – etwa ein Pauschalpreis – trägt grundsätzlich das Bauunternehmen das Risiko für Material- und Lohnkosten. Forderungen nach Preiserhöhungen sollten daher kritisch überprüft werden. Meist sind nachträgliche Mehrforderungen nicht gerechtfertigt. Nur bei einer unvorhersehbaren Kostenexplosion, die das wirtschaftliche Fundament des Vertrags, die Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), erschüttert, kommt eine Vertragsanpassung in Betracht. Die Hürden dafür sind allerdings sehr hoch – bloße Inflation reicht nicht.
Vertragsklauseln zur Preisänderung können die Lage zwar modifizieren, sind aber oft heikel. Enthält der Bauvertrag eine wirksame Preisgleitklausel, dürften gestiegene Materialkosten an den Bauherrn weitergegeben werden. Viele solcher Klauseln, wenn sie vom Unternehmer gestellt beziehungsweise vorgegeben worden sind, sind jedoch unwirksam, sofern sie eine unangemessene Benachteiligung zulasten des Bauherrn darstellen. Ist hingegen keine Preisanpassungsklausel vereinbart, bleibt es bei dem folgenden Grundsatz: Das Unternehmen ist an die vereinbarten Pauschal- und Einheits(fest)preise gebunden.
Viele Planungs- und Ausführungsfehler haben ihre Ursache in einem undurchsichtigen Geflecht aus technischen Regelwerken – allen voran den DIN-Normen, auf die sich Planung und Ausführung häufig stützen.
Prof. Dr. Andreas Koenen
Bauzeitverlängerungen und Nachträge sind ein weiterer Zankapfel. Verzögert sich der Bauablauf, stellt sich die Frage, wer die daraus entstehenden Mehrkosten trägt. Auch Verzögerungen am Bau führen nicht automatisch zu höheren Kosten für den Bauherrn. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat hierzu am 19. September 2024 (Az. VII ZR 10/24) entschieden: Die Mitteilung eines geänderten Bauzeitenplans allein ist keine
Anordnung einer Leistungsänderung. Ein verschobener Termin rechtfertigt daher keine Mehrvergütung. Zusätzliche Kosten infolge Bauzeitverlängerung – etwa höhere Lohn- oder Materialkosten – bleiben daher in der Regel beim Unternehmer. Nur wenn der Bauherr die Verzögerung verschuldet oder ausdrücklich eine Vertragsänderung im rechtsgeschäftlichen Sinne „anordnet“, kann dem Unternehmer ein Anspruch auf Mehrvergütung zustehen. Andernfalls bleibt dem Unternehmer lediglich eine Entschädigung nach § 642 BGB für den Stillstand, welche die gestiegenen Baukosten jedoch nicht abdeckt.
Auch Planungsfehler des Architekten können erhebliche Mehrkosten auslösen. Muss zum Beispiel ein vergessenes Bauteil nachträglich eingeplant werden, darf der Bauunternehmer diese Leistung als Nachtrag berechnen. Der Bauherr kann die zusätzlichen Kosten anschließend vom Planer zurückfordern. Zudem müssen Architekten vereinbarte Kostengrenzen einhalten und den Bauherrn frühzeitig warnen, wenn das Budget droht überschritten zu werden – unterlassen sie dies, haften sie für den entstehenden Schaden.
Allerdings müssen Bauherren sich diejenigen Kosten anrechnen lassen, die ohnehin – das heißt bei entsprechender Vorwarnung – enstanden wären (Sowiesokosten). Ein zentrales Problem liegt darin, dass DIN-Normen, auf die sich Planung und Ausführung häufig stützen, nicht automatisch Gesetzesrang haben, von Gerichten faktisch aber so behandelt werden. Dabei ist den meisten Bauherren nicht bewusst, welche Normen konkret gelten, was sie bedeuten und ob es sich überhaupt um verbindliche Standards handelt. Diese Unklarheit birgt ein erhebliches Risiko für Planer wie auch für Bauherren.
Ein zentrales Problem liegt darin, dass DIN-Normen, auf die sich Planung und Ausführung häufig stützen, nicht automatisch Gesetzesrang haben, von Gerichten faktisch aber so behandelt werden. Dabei ist den meisten Bauherren nicht bewusst, welche Normen konkret gelten, was sie bedeuten und ob es sich überhaupt um verbindliche Standards handelt. Diese Unklarheit birgt ein erhebliches Risiko für Planer wie auch für Bauherren.
DIN-Normen
Ein häufiger Irrtum: Viele Bauherren glauben, DIN-Normen seien gesetzlich verpflichtend. Tatsächlich gelten sie nur dann verbindlich, wenn sie ausdrücklich im Vertrag vereinbart wurden oder wenn sie Teil sogenannter eingeführter technischer Baubestimmungen sind. Dennoch: Gerichte beziehungsweise Sachverständige vermuten regelmäßig, dass eine DIN-Norm die allgemein anerkannten Regeln der Technik (aaRdT) widerspiegelt – eine Vermutung, die im Streitfall schwer zu widerlegen ist.
Viele DIN-Normen sind nicht frei zugänglich, sondern urheberrechtlich geschützt und müssen teuer gekauft werden. Bauherren wissen oft gar nicht, worauf sie sich einlassen – oder worauf sie im Zweifel verzichten.
Prof. Dr. Andreas Koenen
Planer und Bauunternehmer stützen sich daher oft auf DIN-Normen, um Risiken zu vermeiden – selbst wenn diese Normen nicht den Stand der allgemein anerkannten Regeln der Technik abbilden oder in der Praxis überzogen, kostenintensiv oder realitätsfern sind. Auch dadurch steigen die Kosten.
Reform mit Nebenwirkungen
Dessen ungeachtet ist unter dem Stichwort „Gebäudetyp E“ in den Entwürfen des Koalitionsvertrages – wie zuvor in dem Gesetzentwurf der Ampel-Koalition – davon die Rede, dass die Möglichkeit geschaffen werden soll, auf Komfort- und Ausstattungsstandards rechtssicher zu verzichten – um Baukosten zu senken. Dazu sollen DIN-Normen, die nicht der Sicherheit oder Gesundheit dienen, aus der vertraglichen Pflicht genommen werden können.
Doch was zunächst nach Einsparung klingt, ist rechtlich wie praktisch hochkomplex – und kann im Streitfall zu erheblichen Mehrkosten führen, wenn etwa ein Verzicht nicht wirksam vereinbart wurde oder zu Mängelansprüchen führt. Und: Was ist Komfort, was ist Gesundheit? Ein Beispiel ist der Schallschutz. Wer in einer Wohnung mit dünner Decke lebt, weiß, dass Trittschall mehr als nur lästig sein kann – er kann krank machen. Der BGH hat bereits 2006 entschieden, dass der bloße „einfache Schallschutz“ nicht mehr den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Trotzdem wurde in vielen Fällen weiter nach veralteten Normen gebaut – mit gravierenden Folgen für die Bewohner.
Veraltete, den Komfort reduzierende Normen nun wieder zum Qualitätsmaßstab zu machen, leuchtet vielen Befragten nicht ohne Weiteres ein. Denn die Umfrage zeigt: Die Reformidee stößt auf große Skepsis. Nur 18 Prozent der Bauherren würden sicher auf Standards verzichten, 32 Prozent nur bei hohem Einsparpotenzial. Fast 43 Prozent lehnen den Verzicht grundsätzlich ab. Hauptgründe: Misstrauen, ob die Einsparungen überhaupt beim Bauherrn ankommen, und Sorge vor Qualitätsmängeln.
Fazit: Vorsicht statt Verzicht
Die Umfrage bestätigt, was viele aus Erfahrung wissen: Hausbau ist komplex – und teuer. Doch wer sich gut vorbereitet, kann Risiken minimieren. Dazu gehören:
- Rechtsprüfung vor Vertragsschluss: Sind alle Leistungen klar beschrieben? Gibt es versteckte Preisgleitklauseln oder Standardabsenkungen?
- Sorgfältige Planung und Kommunikation: Viele Konflikte entstehen durch Unklarheiten, Nachträge oder Fehlkoordination.
- Professionelle Begleitung: Architekten und spezialisierte Rechtsanwälte können helfen – jeder in seinem eigenen Kompetenzbereich.
Die geplante Reform des „Gebäudetyps E“ verfolgt zwar nachvollziehbare Ziele, doch solange Bauherren nicht klar erkennen können, auf welche Standards sie tatsächlich verzichten – und wer im Konfliktfall für mögliche Mängel haftet – ist Zurückhaltung mehr als gerechtfertigt. Eine Einschätzung, die auch rund drei Viertel der Befragten teilen.

Prof. Dr. Andreas Koenen
- Rechtsanwalt Koenen Bauanwälte
Der Beitrag „Wenn der Hausbau das Budget sprengt“ erschien zuerst am 30. Mai 2025 in der Zeitschrift „bauen.", Ausgabe 4-2025. Sie können den Beitrag hier online betrachten und herunterladen.