Wenn der Hausbau das Budget sprengt

Eine Umfrage zeigt: Jede dritte Baufamilie zahlt drauf. Prof. Dr. Andreas Koenen erklärt die Ursachen – und wirft einen Blick auf eine geplante Gesetzesreform, die vieles ändern könnte.

Ein eigenes Haus zu bauen, bleibt für viele ein Lebenstraum. Doch für jede dritte Baufamilie wird es am Ende teurer als gedacht. Das zeigt eine exklusive Umfrage, die die Kanzlei Koenen Bauanwälte gemeinsam mit dem Meinungsforschungsinstitut YouGov durchgeführt hat. 310 Personen, die in den letzten fünf Jahren gebaut haben, wurden befragt – mit ernüchterndem Ergebnis: 33 Prozent der Projekte sprengten das Budget, nur 6 Prozent waren günstiger als geplant. Dieser Beitrag ordnet die Zahlen ein und erklärt, worauf Bauherren achten sollten, wenn der Hausbau das Budget sprengt.

Warum kostet es mehr?

Bauen ist teuer geworden – das ist keine Neuigkeit. Doch was genau führt zu Kostenexplosionen? Die Bauherren in der Umfrage nennen an erster Stelle die inflationsbedingten Preissteigerungen: 46 Prozent derer, die über dem Budget lagen, berichten von stark gestiegenen Material-, Personal- oder Energiekosten. Die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg ließen die Baustoffpreise rasant steigen – oft schneller, als Kalkulationen angepasst werden konnten.

Hinzu kommen Verzögerungen beim Bauablauf, etwa durch Wetter, Lieferprobleme oder Personalmangel – 31 Prozent der Befragten geben diese als Kostentreiber an. Jede Verzögerung treibt die Kosten in die Höhe – durch längere Vorhaltekosten auf der Baustelle und zusätzliche Finanzierungslasten. Auch Änderungswünsche während der Bauzeit (27 Prozent) oder Planungsfehler (18 Prozent) schlagen ins Geld. Jeder Fünfte berichtet von Mängeln oder Nachbesserungen, etwa durch unzureichende Ausführung oder fehlerhafte Leistungen von Subunternehmern.
Die Folge: Mehrkosten und häufig auch Streit. Rund 38 Prozent der Befragten erlebten während ihres Bauprojekts Auseinandersetzungen – die Hauptgründe waren Zeitverzögerungen und Qualitätsmängel.

Wer haftet bei Mehrkosten?

Viele Bauherren fragen sich: Muss ich gestiegene Preise hinnehmen beziehungsweise zusätzlich bezahlen? Nicht unbedingt. Wurde im Bauvertrag ein fester Preis vereinbart – etwa ein Pauschalpreis – trägt grundsätzlich das Bauunternehmen das Risiko für Material- und Lohnkosten. Forderungen nach Preiserhöhungen sollten daher kritisch überprüft werden. Meist sind nachträgliche Mehrforderungen nicht gerechtfertigt. Nur bei einer unvorher­sehbaren Kostenexplosion, die das wirtschaftliche Fundament des Ver­trags, die Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), erschüttert, kommt eine Ver­tragsanpassung in Betracht. Die Hür­den dafür sind allerdings sehr hoch – bloße Inflation reicht nicht.

Vertragsklauseln zur Preisänderung können die Lage zwar modifizieren, sind aber oft heikel. Enthält der Bau­vertrag eine wirksame Preisgleitklau­sel, dürften gestiegene Materialkos­ten an den Bauherrn weitergegeben werden. Viele solcher Klauseln, wenn sie vom Unternehmer gestellt bezie­hungsweise vorgegeben worden sind, sind jedoch unwirksam, sofern sie eine unangemessene Benachteiligung zu­lasten des Bauherrn darstellen. Ist hingegen keine Preisanpassungsklausel vereinbart, bleibt es bei dem folgen­den Grundsatz: Das Unternehmen ist an die vereinbarten Pauschal- und Ein­heits(fest)preise gebunden.

 

Viele Planungs- und Ausführungs­fehler haben ihre Ursache in einem undurchsichtigen Geflecht aus techni­schen Regelwerken – allen voran den DIN-Normen, auf die sich Planung und Ausführung häufig stützen.

Prof. Dr. Andreas Koenen

Bauzeitverlängerungen und Nachträ­ge sind ein weiterer Zankapfel. Verzö­gert sich der Bauablauf, stellt sich die Frage, wer die daraus entstehenden Mehrkosten trägt. Auch Verzögerungen am Bau führen nicht automatisch zu höheren Kosten für den Bauherrn. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat hierzu am 19. September 2024 (Az. VII ZR 10/24) entschieden: Die Mitteilung eines ge­änderten Bauzeitenplans allein ist keine 

Anordnung einer Leistungsänderung. Ein verschobener Termin rechtfertigt daher keine Mehrvergütung. Zusätz­liche Kosten infolge Bauzeitverlänge­rung – etwa höhere Lohn- oder Mate­rialkosten – bleiben daher in der Regel beim Unternehmer. Nur wenn der Bau­herr die Verzögerung verschuldet oder ausdrücklich eine Vertragsänderung im rechtsgeschäftlichen Sinne „anordnet“, kann dem Unternehmer ein Anspruch auf Mehrvergütung zustehen. Andern­falls bleibt dem Unternehmer lediglich eine Entschädigung nach § 642 BGB für den Stillstand, welche die gestiegenen Baukosten jedoch nicht abdeckt.

Auch Planungsfehler des Architekten können erhebliche Mehrkosten aus­lösen. Muss zum Beispiel ein verges­senes Bauteil nachträglich eingeplant werden, darf der Bauunternehmer diese Leistung als Nachtrag berech­nen. Der Bauherr kann die zusätzli­chen Kosten anschließend vom Pla­ner zurückfordern. Zudem müssen Architekten vereinbarte Kostengren­zen einhalten und den Bauherrn früh­zeitig warnen, wenn das Budget droht überschritten zu werden – unterlas­sen sie dies, haften sie für den ent­stehenden Schaden.

Allerdings müssen Bauherren sich diejenigen Kosten anrechnen lassen, die ohnehin – das heißt bei entspre­chender Vorwarnung – enstanden wären (Sowiesokosten). Ein zentrales Problem liegt darin, dass DIN-Normen, auf die sich Planung und Ausführung häufig stützen, nicht automatisch Gesetzesrang haben, von Gerichten faktisch aber so be­handelt werden. Dabei ist den meis­ten Bauherren nicht bewusst, welche Normen konkret gelten, was sie be­deuten und ob es sich überhaupt um verbindliche Standards handelt. Diese Unklarheit birgt ein erhebliches Risiko für Planer wie auch für Bauherren.

Ein zentrales Problem liegt darin, dass DIN-Normen, auf die sich Planung und Ausführung häufig stützen, nicht automatisch Gesetzesrang haben, von Gerichten faktisch aber so be­handelt werden. Dabei ist den meis­ten Bauherren nicht bewusst, welche Normen konkret gelten, was sie be­deuten und ob es sich überhaupt um verbindliche Standards handelt. Diese Unklarheit birgt ein erhebliches Risiko für Planer wie auch für Bauherren.

DIN-Normen

Ein häufiger Irrtum: Viele Bauherren glauben, DIN-Normen seien gesetz­lich verpflichtend. Tatsächlich gelten sie nur dann verbindlich, wenn sie ausdrücklich im Vertrag vereinbart wurden oder wenn sie Teil sogenann­ter eingeführter technischer Baube­stimmungen sind. Dennoch: Gerichte beziehungsweise Sachverständige vermuten regelmäßig, dass eine DIN-Norm die allgemein anerkannten Re­geln der Technik (aaRdT) widerspie­gelt – eine Vermutung, die im Streitfall schwer zu widerlegen ist.

 

Viele DIN-Normen sind nicht frei zugänglich, sondern urheber­rechtlich geschützt und müssen teuer gekauft werden. Bauherren wissen oft gar nicht, worauf sie sich einlassen – oder worauf sie im Zweifel verzichten.

Prof. Dr. Andreas Koenen

Planer und Bauunternehmer stützen sich daher oft auf DIN-Normen, um Risiken zu vermeiden – selbst wenn diese Normen nicht den Stand der allgemein anerkannten Regeln der Technik abbilden oder in der Praxis überzogen, kostenintensiv oder reali­tätsfern sind. Auch dadurch steigen die Kosten.

Reform mit Nebenwirkungen

Dessen ungeachtet ist unter dem Stichwort „Gebäudetyp E“ in den Ent­würfen des Koalitionsvertrages – wie zuvor in dem Gesetzentwurf der Am­pel-Koalition – davon die Rede, dass die Möglichkeit geschaffen werden soll, auf Komfort- und Ausstattungs­standards rechtssicher zu verzichten – um Baukosten zu senken. Dazu sol­len DIN-Normen, die nicht der Sicher­heit oder Gesundheit dienen, aus der vertraglichen Pflicht genommen wer­den können.

Doch was zunächst nach Einspa­rung klingt, ist rechtlich wie praktisch hochkomplex – und kann im Streitfall zu erheblichen Mehrkosten führen, wenn etwa ein Verzicht nicht wirk­sam vereinbart wurde oder zu Män­gelansprüchen führt. Und: Was ist Komfort, was ist Gesundheit? Ein Bei­spiel ist der Schallschutz. Wer in ei­ner Wohnung mit dünner Decke lebt, weiß, dass Trittschall mehr als nur lästig sein kann – er kann krank ma­chen. Der BGH hat bereits 2006 ent­schieden, dass der bloße „einfache Schallschutz“ nicht mehr den allge­mein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Trotzdem wurde in vielen Fällen weiter nach veralteten Normen gebaut – mit gravierenden Folgen für die Bewohner.

Veraltete, den Komfort reduzierende Normen nun wieder zum Qualitäts­maßstab zu machen, leuchtet vielen Befragten nicht ohne Weiteres ein. Denn die Umfrage zeigt: Die Reform­idee stößt auf große Skepsis. Nur 18 Prozent der Bauherren würden si­cher auf Standards verzichten, 32 Pro­zent nur bei hohem Einsparpotenzial. Fast 43 Prozent lehnen den Verzicht grundsätzlich ab. Hauptgründe: Miss­trauen, ob die Einsparungen über­haupt beim Bauherrn ankommen, und Sorge vor Qualitätsmängeln.

Fazit: Vorsicht statt Verzicht

Die Umfrage bestätigt, was viele aus Er­fahrung wissen: Hausbau ist komplex – und teuer. Doch wer sich gut vorbereitet, kann Risiken minimieren. Dazu gehören:

  • Rechtsprüfung vor Vertragsschluss: Sind alle Leistungen klar beschrieben? Gibt es versteckte Preisgleitklauseln oder Standardabsenkungen?
  • Sorgfältige Planung und Kommunika­tion: Viele Konflikte entstehen durch Unklarheiten, Nachträge oder Fehlko­ordination.
  • Professionelle Begleitung: Architekten und spezialisierte Rechtsanwälte kön­nen helfen – jeder in seinem eigenen Kompetenzbereich.

Die geplante Reform des „Gebäudetyps E“ verfolgt zwar nachvollziehbare Ziele, doch solange Bauherren nicht klar er­kennen können, auf welche Standards sie tatsächlich verzichten – und wer im Konfliktfall für mögliche Mängel haftet – ist Zurückhaltung mehr als gerecht­fertigt. Eine Einschätzung, die auch rund drei Viertel der Befragten teilen.

 

Prof. Dr. Andreas Koenen

  • Rechtsanwalt Koenen Bauanwälte
Mitglied der ARGE Baurecht im DAV.
Kanzleiprofil

Der Beitrag „Wenn der Hausbau das Budget sprengt“ erschien zuerst am 30. Mai 2025 in der Zeitschrift „bauen.", Ausgabe 4-2025. Sie können den Beitrag hier online betrachten und herunterladen.