Die Tagung begann für die jungen und junggebliebenen Baurechtlerinnen und Baurechtler am Freitagvormittag mit einem leckerem Heißgetränk und einem ausgiebigen Frühstück, um im wahrsten Sinne des Wortes die Grundlage für die darauffolgende Grundlagenveranstaltung zu schaffen.
Für die Grundlagenveranstaltung widmete sich Rechtsanwalt Dr. Jörg L. Bodden der HOAI und ihrer erstaunlichen Beständigkeit. Weder der EuGH noch die wachsende Bedeutung des BIM vermögen es, die HOAI von ihrer zentralen Stellung im Architektenrecht zu verdrängen. Neben der Rechtsprechung dazu, wann und wie die HOAI zur Anwendung kommt, wurde auch ihrer Funktion als gesetzliches Leitbild und den Folgen für die AGB-Kontrolle nachgegangen. Mit diesem Wissen waren die Teilnehmer für den Vortrag zur Zukunft der HOAI später am Tag bestens gewappnet.
Einen Beitrag zur Zukunft des Baurechts leistete die anschließend startende dritte Auflage des Mentorenprogramms, das jungen junge Juristinnen und Juristen mit erfahrenden Baurechtlerinnen und Baurechtlern verbinden und für das beste aller Rechtsgebiete gewinnen soll. Insgesamt 25 Mentees wurden per Losverfahren mit 14 erfahrenen Kolleginnen und Kollegen als Mentoren zusammengebracht.
Im Nachgang hieran begrüßte die Vorsitzende der ARGE Baurecht, Dr. Birgit Franz, die zahlreichen Teilnehmenden in der „Stadt des Barocks“. Die Tagung fand auch dieses Jahr wieder im hybrid-Format statt.
Den Auftakt des Fachprogramm machte Carl Florian Geck, Richter am Landgericht Karlsruhe, mit seinem Vortrag „Fiktiv nimmer, Vorschuss immer? Wie weit geht die „neue“ Rechtsprechung zur werkvertraglichen Schadensberechnung?“ und beleuchtete anschaulich insbesondere die Grundstrukturen des Schadensrechts, die Grenzen der neueren BGH-Rechtsprechung zur werkvertraglichen Schadensberechnung und gelangte schließlich zu seinem Fazit: „Fiktiv (fast) nimmer, Vorschuss (fast) immer“.
An diesen hochinteressanten Vortrag schloss sich unmittelbar das Referat von Frau Dr. Ute Brenneisen, Richterin am VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes, zum Thema „§ 650 BGB, die unterschätzte Falle am Bau“ an. Sie zeigte auf, dass die Regelung des § 650 BGB nicht nur die Türen für die Anwendung des Kaufvertragsrechts in der Baupraxis – insbesondere bei der Bestellung und Lieferung von Baustoffen – geöffnet hat, sondern diese Regelung auch zu weitergehende Überraschungen in der Bearbeitung von Baurechtfällen führen kann.
Im Anschluss an diesen spannenden Ausflug in den § 650 BGB und das Kaufvertragsrecht wurde der Nachwuchsförderpreis der ARGE Baurecht „Summa cum Bau“ an den Absolventen der Zusatzqualifikation Privates Baurecht der Philipps-Universität Marburg, Leo Vollert, für seine Abschlussarbeit „Leistungsänderungsrechte des Unternehmers im Verbraucherbauvertrag“ verliehen.
Nach einer kurzen Kaffeepause knüpfte Frau Rechtsanwältin Anke Bogen an den vorherigen Vortrag thematisch an und erläuterte anschaulich die Risiken und Nebenwirkungen der in der Praxis der Bauunternehmen und Bauherren oft übersehenden „Hinweis- und Rügepflichten gem. § 377 HGB“. Sie erläuterte insbesondere, dass diese zentrale Norm aus dem Handelsrecht auch zunehmend in der Abwicklung von Bauverträgen an Bedeutung gewinnt und dort jedoch oft im Hinblick auf Baumängel zu nicht unerheblichen Schwierigkeiten führen kann.
„Last but not least“ am ersten Tagungstag wagte Rechtsanwalt Prof. Dr. Heiko Fuchs einen Blick in die Zukunft der HOAI und referierte zu der ursprünglich geplanten Novellierung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure „HOAI 202x“. Auch wenn die Zukunft einer neuen HOAI nach dem Bruch der Ampelkoalition noch nicht abschließend geklärt zu sein scheint, zeigte Prof. Dr. Heiko Fuchs in seinem Vortrag anschaulich auf, welche Änderungen die neue HOAI vorsehen könnte und dass sich der Blick in die Zukunft durchaus lohnen kann.
Nach einem kleinen Sektempfang ging es für diejenigen Teilnehmenden, die sich für die Abendveranstaltung angemeldet haben, zunächst zu Fuß durch die Dresdener Altstadt zu dem Kurländer Palais. Nach einer dringend benötigten Stärkung an dem reichhaltigen Buffet konnte – wer mochte – das Tanzbein schwingen und den Tag bei einem oder auch mehreren Gläsern und guten Gesprächen ausklingen lassen.
Der zweite Tag begann mit der stets beliebten BGH-Rechtsprechungsübersicht des Vorsitzenden Richters am BGH Rüdiger Pamp. In einer Reihe der vorgestellten Entscheidungen konnte der BGH mit Missverständnissen aufräumen und seine bisherige Rechtsprechung klarstellen, etwa zur Verbindlichkeit der HOAI-Sätze für öffentliche Bauherren oder zur Behandlung der Umsatzsteuer. Auf besonderes Interesse stieß ein Urteil zu der Frage, ob die Übermittlung von Bauablaufplänen, die eine Behinderung berücksichtigen, eine Anordnung im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B darstellt.
Dr. Christian Deckenbrock setzte das Motiv des ersten Tages – in der Praxis oft übersehene Fallen – mit seinem Vortrag zur „Interessenkollision in der Baurechtskanzlei“ fort. Schnell wurde deutlich, dass neben Unachtsamkeit vor allem auch mangelnde Koordination auf Sozietätsebene bei dieser Frage zu erheblichen Haftungsrisiken führen kann. Neben einer Darstellung der Tatbestandsmerkmale und ihrer Abgrenzungsschwierigkeiten, stellte Dr. Deckenbrock auch praktische Hinweise zur Handhabung der Kollisionsprüfung vor. Es gilt: Jeder Fall ist anders.
Wenn Hochwasser, eine undichte Gebäudehülle oder ein mangelhaft verpresstes Fitting den schwimmenden Estrich zu einem tauchenden machen, wünscht man sich eine gute Versicherung. Welcher Baubeteiligte was versichern kann, ist jedoch für Uneingeweihte nicht immer einfach zu durchblicken. Klarheit in dieser und vielen weiteren Fragen schaffte Rechtsanwalt Dr. Ronald M. Roos mit einer Einführung in den „Versicherungsschutz bei Wasserschäden in der Bauphase“. Anhand einer Reihe von Beispielsszenarien schilderte er anschaulich, welche Schäden von den gängigen Versicherungen umfasst sind, und welche Vertragsklauseln gegebenenfalls vereinbart werden sollten.
Die 64. Baurechtstagung endete mit der diesjährigen Mitgliederversammlung.
Die nächste Baurechtstagung wird am 14. und 15. März 2025 in Bamberg stattfinden. Wer den Charme Italiens in Deutschland sucht, wird auch dort fündig werden: der historische Stadtteil am Flussufer trägt den Namen „Klein-Venedig“.