Flaggen aus aller Welt - Internationales Baurecht

Effiziente Streiterledigung, neuer Rekord – das 21. Treffen im Überblick

Anfang Mai fand das 21. Treffen des Arbeitskreises Internationales Baurecht statt. Das Leitthema war die Streiterledigung im internationalen (Anlagen-)Bau und Effizienzsteigerung. Dafür und vor allem für die Vorträge namhafter Referenten aus dem In- und Ausland konnten sich – neuer Rekord – 75 Teilnehmende aus Deutschland und der Welt begeistern. Wir sprachen mit Rechtsanwalt Dr. Jörn Zons und Rechtsanwalt Dr. Jan-Bertram Hillig, zwei der vier Leiter des AK, über die Anfänge des hochspezialisierten Formats, die Highlights der 21. Sitzung und die Pläne für Zukunft.

Herr Dr. Hillig, Herr Dr. Zons. Bevor wir über das 21. Treffen reden: Was ist der Arbeitskreis Internationales Baurecht und genau machen Sie da eigentlich?

Hillig: Formal gesehen ist der Arbeitskreis Internationales Baurecht, kurz: AK, eine Unterorganisation der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein. Wir verstehen den AK als Forum für den fachlichen Austausch zwischen spezialisierten Kolleginnen und Kollegen zu grenzüberschreitenden Projekten und internationalen Baurechtsthemen. Das sind große Bau- bzw. Anlagenbauprojekte über eine oder mehrere Landesgrenzen hinweg. Wichtig ist uns auch, nicht bloß zu tagen, sondern Ergebnisse zu erzeugen, also ganz konkrete Hinweise für die Praxis, die man am Folgetag direkt umsetzen kann. Insofern finde ich den Begriff ‚Arbeitskreis‘ sehr treffend.

Zons: Ja genau, mit diesem Ansatz waren Jan Hillig und Christian Meier so erfolgreich, dass das Leitungsgremium auf vier Köpfe erweitert werden musste. Im Zuge dessen bin ich Anfang 2020 dazu gestoßen, zusammen mit meinem Kollegen Tobias Voigt. Nach dem Ausscheiden von Christian Meier kam dann vor kurzem noch Oliver Koos als Vertreter des Geschäftsführenden Ausschusses der ARGE Baurecht dazu.

Hillig: Danke für die Blumen, Herr Kollege (lacht). Ich möchte in diesem Kontext aber auch den Kollegen Falk Würfele nicht unerwähnt lassen, der vor knapp zehn Jahren die Idee für den AK hatte und in den Jahren danach das Format mitentwickelt hat.

 

An wen richtet sich der AK?

Zons: Viele große internationale Projekte sind fest in der Hand ausländischer Kanzleien, zum Beispiel aus Großbritannien oder im Bereich der Projektstreitigkeiten auch Frankreich. Viele deutsche Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten haben hier noch Berührungsängste. Das liegt unter anderem daran, dass internationale Verträge und auch die internationale Streiterledigung doch teilweise anders funktionieren, als man das hier in Deutschland kennt. Das wollen wir mit dem AK ändern und gute, praxisorientierte Fortbildungsangebote machen. Schließlich ist es nicht einzusehen, warum nicht auch deutsche Anwältinnen und Anwälte bzw. Kanzleien international in Führung gehen sollten.

Wir wollen keine wissenschaftlichen Abhandlungen zum englischen Recht oder anderen Themen produzieren, sondern ganz konkret Erfahrungen austauschen.

Hillig: ‚Hands on‘ könnte auch ein Motto des AK sein. Wir wollen keine wissenschaftlichen Abhandlungen zum englischen Recht oder anderen Themen produzieren, sondern ganz konkret Erfahrungen austauschen. Oft sind international arbeitende Kolleginnen und Kollegen Einzelkämpfer in ihren Kanzleien. Im AK lernt man Kolleginnen und Kollegen kennen, mit denen man sich zu speziellen Fragen austauschen und auch mal ein kollegiales Gespräch dazu führen kann, wie man eine Situation angeht – ganz so wie man es zu anderen Themen innerhalb einer Kanzlei üblicherweise macht. Nur das hier die Kolleginnen und Kollegen nicht über den Flur erreichbar sind, sondern irgendwo in Deutschland oder eben in London, Brüssel oder Shanghai sitzen.

Wanted: Most sexy topics!

 

Wie finden Sie gute Themen für die AK-Treffen und wie akquirieren Sie ihre Referentinnen und Referenten?

Hillig: Da machen wir es uns leicht (lacht): Wir fragen einfach unsere Teilnehmenden, was sie sich wünschen. Aus allen Vorschlägen erstellen wir eine Shortlist, die wir dann in den monatlichen Telefonkonferenzen der AK-Leiter diskutieren und eine Reihenfolge festlegen. Das geht von Klassikern wie Bauzeit oder Disputes, berücksichtigt aber auch aktuelle Trends.

Zons: Auch die Referierenden finden wir meist schnell und unkompliziert. Jeder der vier AK-Leiter bringt sein Netzwerk mit ein und wenn es ein Thema zu besetzen gilt, haben wir meist schnell eine Person gefunden, von der wir aus persönlicher Erfahrung wissen, dass sie das Thema vortragen kann.

Hillig: Bei den Referierenden spielt auch die Nachwuchsförderung eine Rolle, den die ARGE Baurecht ja seit langem verfolgt. Es muss nicht immer eine bereits hochrenommierte Person sein. Im AK können sich auch Associates erste Sporen verdienen, etwa mit einem Impuls-Vortrag zu einem Thema, das dann anschließend im großen Kreis diskutiert wird.

 

Kürzlich fand die 21. AK-Sitzung statt. Was war das Besondere daran?

Zons: Da muss ich – neben den sehr hochkarätigen Referenten - natürlich noch mal den Teilnehmerrekord erwähnen (lacht). Mehr als 70 Kolleginnen und Kollegen waren dabei, viele davon sehr namhaft und renommiert. Auffällig war auch die große Anzahl Teilnehmender aus Unternehmen, was die Qualität insofern steigert, als dass beide Seiten – Kanzlei und Unternehmen – Ihre Sicht der Dinge einbringen und gemeinsam besprechen können.

Hillig: Guter Punkt. Im grenzüberschreitenden Bauen verfügen die Inhouse Counsel über eine enorme Erfahrung, da sie die Projekte im Unternehmen von früh an und über ihren ganzen Life-Cycle hinweg umfassend betreuen. Darum ist die hohe Syndikus-Beteiligung sehr wertvoll für uns.

Anwältinnen und Anwälte müssen nicht nur die juristische Seite beherrschen, sondern auch wissen, welche Themen ihre Mandanten gerade bewegen.

Zons: Anwältinnen und Anwälte müssen nicht nur die juristische Seite beherrschen, sondern auch wissen, welche Themen ihre Mandanten gerade bewegen, welche Leistungen und Lösungen in Unternehmen gerade gefragt sind und was gebraucht oder gewünscht wird. Darum hatten wir beim letzten AK – noch ein Highlight – auch einen ganzen Vortrag zum Thema ‚Was Mandanten wollen‘.

 

Die Leitthemen des 21. AK waren Streiterledigung im internationalen Bau sowie die Effizienzsteigerung im Anlagenbau. Warum haben Sie genau diese Themen ausgewählt und kombiniert?

Zons: Große Bau- und Anlagenbauvorhaben sind naturgemäß komplex, sie sind technisch anspruchsvoll und viele Parteien sind beteiligt. Diese Komplexität, die sich natürlich auch in Projektstreitigkeiten widerspiegelt, wird bei internationalen Projekten und Projektstreitigkeiten noch einmal potenziert. Hinzu kommt eine erhöhte Streitbereitschaft der Projektbeteiligten, und zwar nicht mehr nur im Bau, der ja schon immer recht streitgeneigt war, sondern inzwischen auch im Anlagenbau, unter anderem da auch hier inzwischen die Margen gesunken sind. Umso wichtiger ist die effiziente Erledigung solcher Konflikte.

Hillig: Das Thema gehört zu den eingangs erwähnten Dauerbrennern, vor allem auch aus Effizienzgründen. Denn je größer ein Projekt, desto komplizierter sind oftmals die Streitigkeiten und desto länger können sie dauern. Zehn Jahre sind keine Seltenheit. Um solche langwierigen Verfahren zu verhindern, sollte eine möglichst effektive Streiterledigung immer schon im Bauvertrag vereinbart werden. Wenn es dann kracht, kommen die Parteien deutlich schneller zu einer Lösung.

 

Renommierte Referenten und Teilnehmende aus der ganzen Welt, Rekordteilnehmerzahl – was ist das Erfolgsgeheimnis des 21. AK?

Zons: Offenbar haben wir mit der Streiterledigung ein sehr relevantes Leitthema gefunden, das alle Marktteilnehmer angeht. Auch die durchweg renommierten Referenten (ja, dieses Mal leider nur Männer) haben einen guten Teil dazu beigetragen. Und sicher spielt auch das virtuelle Format eine Rolle, denn damit ist die Teilnahme sehr viel einfacher und – um im Thema zu bleiben – effizienter möglich.

Hillig: Richtig, daher werden wir künftig wohl auf eine Kombination aus analoger und digitaler Veranstaltung setzen und ein Hybrid-Format anbieten. So können wir wachsen und unsere inhaltliche Ausrichtung weiterentwickeln.

Schiedsgerichtsbarkeit als ‚Bypass‘ des AGB-Rechts

 

Was waren Ihre persönlichen Highlights beim 21. AK-Treffen?

Hillig: Für mich waren die Ausführungen und Diskussionen zum AGB-Recht ein Highlight. Das ist ein urdeutsches Thema und uns Anlagenbaujuristen treibt schon immer die Frage um, ob bzw. wie es sich „umgehen“ lässt. Ein Ausweg ist die Schiedsgerichtsbarkeit. Dass nun auch ein Prof. Leupertz in seinem Vortrag genau diesen Weg als valide Option aufzeigt, hat mich sehr gefreut..

Zons: In der Tat, dass gerade Prof. Leupertz als prominenter ehemaliger BGH-Richter nun bestätigt, dass der inzwischen praxisetablierte Versuch der "Umgehung" des unliebsamen AGB-Rechts mit Hilfe der Schiedsgerichtsbarkeit aus seiner Sicht tatsächlich machbar ist, hat auch mich sehr gefreut, und sicherlich auch viele der Teilnehmer.

Des Weiteren fällt mir der Vortrag des US-amerikanischen Rechtsanwalts Joseph Moore zur Effizienzsteigerung bei der Erledigung von Baustreitigkeiten ein. Um effizienter zu werden, müssen Sie einerseits Verfahren verschlanken, andererseits müssen Sie dennoch ein faires und ‚rechtsstaatliches‘ Verfahren gewährleisten. In diesem Zusammenhang machte der Kollege Moore diverse Vorschläge - darunter etwa das Reduzieren bzw. Weglassen der in internationalen Streitigkeiten üblichen Document Production, bei der jede Partei von der Gegenseite streitrelevante Dokumente herausverlangen kann, die die Gegenseite in ihrem Besitz hat - die in Summe nahezu eins-zu-eins dem deutschen Gerichtsprozess entsprachen. Dass fand ich persönlich witzig.

 

Die Internationalisierung des AK Internationales Baurecht

 

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Hillig: Natürlich wollen wir weitere Rekorde brechen (lacht.) In der Tat wollen wir weiterwachsen und unsere Reichweite weiter erhöhen. Derzeit diskutieren wir auch eine Zweiteilung in einen Strang auf Deutsch und einen auf Englisch, was die Einbindung internationaler Kolleginnen und Kollegen vereinfachen würde. Überdies wollen den AK mit den verschiedenen International Construction Law Associations verbinden und den Austausch untereinander organisieren.

Zons: Die Begleitung internationaler Bau-/Anlagenbauprojekte hat in Deutschland in den letzten Jahren zwar an Bedeutung gewonnen, es bleibt aber ein hochspezielles Gebiet, in dem hierzulande in Kanzleien vielleicht 100-200 Kolleginnen und Kollegen ernsthaft unterwegs sind. Wenn wir diese Zahl erhöhen können, haben wir gute Arbeit geleistet – womit eines der Ziele auch für das nächste Treffen am 18. November 2021 definiert wäre (lacht).

Herr Dr. Hillig, Herr Dr. Zons, wir danken für das Gespräch.

Rechtsanwalt Dr. Jan-Bertram Hillig

  • Leiter Arbeitskreis Internationales Baurecht
jan-bertram.hillig@gsk.de zum Profil

Rechtsanwalt Dr. Jörn Zons

  • Leiter Arbeitskreis Internationales Baurecht
joern.zons@fgvw.de zum Profil

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Der 22. AK Internationales Baurecht ist für den 18. November 2021 in Weimar geplant.

Direkt im Anschluss, am 19. und 20. November, findet die 58. Baurechtstagung statt.

 

Die Präsentationen des 21. AK-Treffens vom 6. Mai 2021 können Sie unten im Bereich "Downloads" herunterladen.