Eine sog. Subsidiaritätsklausel (hier: "Wird der Architekt wegen eines Schadens in Anspruch genommen, den auch ein Dritter zu vertreten hat, kann er vom Bauherrn verlangen, dass der Bauherr sich gemeinsam mit ihm außergerichtlich erst bei dem Dritten ernsthaft um die Durchsetzung seiner Mängelansprüche bemüht.") begründet kein Leistungsverweigerungsrecht, wenn Planungsfehler vorliegen.
OLG Köln, Urteil vom 15.12.2022 - 7 U 3/22; BGH, Beschluss vom 08.11.2023 - VII ZR 3/23 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
BGB §§ 280, 633, 634
Problem/Sachverhalt
Der Bauherr lässt von 2012 bis 2014 eine Kindertagesstätte neu errichten und beauftragt hierzu einen Architekten mit der Planung, der Objektüberwachung und der Objektbetreuung. Im Architektenvertrag ist in Ziff. 7.3 folgende Regelung enthalten: "Wird der Architekt wegen eines Schadens in Anspruch genommen, den auch ein Dritter zu vertreten hat, kann er vom Bauherrn verlangen, dass der Bauherr sich gemeinsam mit ihm außergerichtlich erst bei dem Dritten ernsthaft um die Durchsetzung seiner Mängelansprüche bemüht." Das Objekt wird 2014 fertig gestellt und abgenommen.
Ab April 2018 treten Undichtigkeiten am Dach auf. Der Bauherr rügt gegenüber dem Architekten insoweit Planungs-, Überwachungs- und Koordinationsfehler und macht klageweise Kosten der Mängelbeseitigung i.H.v. rund 180.000 Euro als Schadensersatz im Wege des Vorschusses geltend.
Im Rahmen der Beweisaufnahme stellt die Sachverständige eine Durchfeuchtung der Dämmung und Pilzbewuchs fest, die auf eine Reihe von Fehlern der Planung und der Überwachung zurückgehen. Das Landgericht gibt der Klage statt; hiergegen wendet sich der Architekt mit der Berufung.
Entscheidung
Ohne Erfolg! Der Schadensersatzanspruch gegen den Architekten ergibt sich aus §§ 633, 634 Ziff. 4, 280 BGB. Es liegt ein Architektenvertrag vor, den der Architekt im Rahmen der Planung und Objektüberwachung mangelhaft erfüllt hat. Dem Bauherrn steht deshalb ein Schadensatzanspruch in Form des Vorschusses für die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten zu. Dem Anspruch steht kein Leistungsverweigerungsrecht entgegen.
Nach der Regelung in Ziff. 7.3 kann der Architekt verlangen, dass zunächst ein Dritter in Anspruch genommen wird, wenn dieser den Schaden ebenfalls zu vertreten hat. Hier könnte angenommen werden, dass der ausführende Unternehmer den Schaden ebenfalls verursacht hat. Das wäre etwa bei einem Objektüberwachungsfehler der Fall: Hier treffen Ausführungs- und Objektüberwachungsfehler zusammen, so dass der Architekt nach Ziff. 7.3 verlangen könnte, dass zunächst der Unternehmer in Anspruch genommen wird.
Vorliegend liegt aber (jedenfalls auch) ein Planungsfehler vor. Eine subsidiäre Haftung des Architekten wegen Planungsfehlern kommt nach Auffassung des Senats indes nicht in Betracht. Deshalb haftet der Architekt gegenüber dem Bauherrn auf Erstattung der Mängelbeseitigungskosten.
Praxishinweis
Ungeachtet der Frage, ob die Regelung, die (wohl) der Architekt gestellt hat, einer AGB-Kontrolle standhält: Aus der Regelung lässt sich nicht ohne Weiteres ableiten, dass eine subsidiäre Haftung nur für Überwachungs-, nicht aber für Planungsfehler gilt. Auch beim Planungsfehler, den der Unternehmer pflichtwidrig nicht erkennt, hat nicht nur der planende Architekt, sondern auch ein Dritter (der Unternehmer) den Schaden zu vertreten und haftet.
Das Werk des ausführenden Unternehmers ist ebenfalls mangelhaft, wenn er den Planungsfehler pflichtwidrig nicht erkennt und umsetzt. Nach § 650t BGB, der hier zeitlich nicht anwendbar war, steht dem Objektüberwacher ein Leistungsverweigerungsrecht gegen eine Inanspruchnahme des Bestellers zu, solange der Besteller dem ausführenden Unternehmer keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat.
RA und FA für Bau- und Architektenrecht Dr. Walter Klein, Köln
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