Schaden (nur) mitverursacht = Haftung in voller Höhe!

OLG Dresden, Urteil vom 18.04.2023 - 14 U 1551/22 BGB § 280 Abs. 1, § 830 Abs. 1 Satz 2; VOB/B § 13 Abs. 7 Nr. 3

1. Der Geschädigte hat bei ungewissem Verursachungsbeitrag des Schädigers gegen diesen gem. § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB Anspruch auf Ausgleich des vollen Schadens.
2. Bei ungewissem Verursachungsbeitrag trägt der Schädiger die Beweislast dafür, dass sein Verhalten für den Verletzungserfolg nicht ursächlich ist.

OLG Dresden, Urteil vom 18.04.2023 - 14 U 1551/22

BGB § 280 Abs. 1, § 830 Abs. 1 Satz 2; VOB/B § 13 Abs. 7 Nr. 3

 

Problem/Sachverhalt

Der Auftragnehmer (AN) verschweißt eine Schweißmuffe an einem innenliegenden Regenfallrohr nicht, so dass Wasser in das Gebäude des Auftraggebers (AG) eindringt und in diesem ausbreitet. Der AN meint, er hafte nicht für die gesamten zur Beseitigung der Feuchtigkeit notwendigen Kosten, weil Mängel anderer Gewerke den Wasserschaden mitverursacht hätten, und zahlt nur einen Teilbetrag. Im Prozess bleibt der AN beim Bestreiten seiner vollen Einstandspflicht, ohne näher zum eigenen Verursachungsanteil vorzutragen. Der Argumentation des AN folgt das Landgericht nicht und verurteilt ihn zur Zahlung des Restbetrags. Der AN legt Berufung ein; das Landgericht habe seinem Vortrag (einfaches Bestreiten) mindestens weiter nachgehen und den Verursachungsanteil des AN aufklären müssen.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Der AN hafte in vollem Umfang für die auf seiner Schlechtleistung zurückgehenden Feuchteschäden. In entsprechender Anwendung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB könne er sich nicht mit Erfolg darauf berufen, bestritten zu haben, dass der Umfang der Schäden gerade auf seiner mangelhaften Leistung beruht. Den dem AN obliegenden Gegenbeweis der fehlenden Ursächlichkeit seiner Leistung habe er bereits nicht in hinreichendem Maße angetreten. Einfaches Bestreiten der geltend gemachten Schäden genüge nach § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB gerade beim Nachweis der Kausalität der Haftung mehrerer Beteiligter mit ungewissem Verursachungsbeitrag nicht. Der insofern beim Geschädigten bestehenden Beweisnot trage § 830 Abs. 1 BGB Rechnung und übertrage die Beweislast demjenigen, der für diese Schadensquelle verantwortlich ist und von dem deshalb ihre Kontrolle erwartet werden könne. Das sei jedenfalls auch der AN, der sich durch den Nachweis zu entlasten habe, dass sein Verhalten für den Verletzungserfolg nicht ursächlich war. Dieser Beweis sei nur geführt, wenn das Gericht die Überzeugung gewonnen hat, dass der in Anspruch Genommene als Verursacher nicht in Betracht gezogen werden kann. Dafür reiche einfaches Bestreiten nicht. Der AN habe vielmehr den von ihm verursachten Wasserschaden zu einem von Dritten (angeblich) verursachten (weiteren) Wasserschaden abgrenzbar vortragen und beweisen müssen.

Praxishinweis

§ 830 BGB trägt der Beweisnot des Geschädigten gerade bei Anteilszweifeln Rechnung, weder die Schadensquellen beherrschen noch den zu seiner Schädigung führenden Geschehensablauf im Einzelnen übersehen zu können. Er weist dem Schädiger die Beweislast zu, dessen Verhalten habe den Verletzungserfolg nicht herbeigeführt (BGH, Urteil vom 15.11.1960 - VI ZR 7/60), und mildert die in der Regel dem Geschädigten obliegende Beweislast ab, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat, andererseits aber feststeht, dass des Schädigers Tatbeitrag geeignet war, den ganzen Schaden herbeizuführen (BGH, Urteil vom 12.07.1996 - V ZR 280/94IBRRS 2000, 0491). § 830 BGB ist nicht auf das Deliktsrecht beschränkt, sondern enthält einen allgemeinen Rechtsgedanken, der - wie hier - ebenso bei vertraglicher Haftung greift (BGH, Urteil vom 16.01.2001 - X ZR 69/99IBRRS 2001, 0120).

 

RA und FA für Bau- und Architektenrecht Thomas Käseberg, Leipzig 

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