Mangelfolgeschäden stehen der Abnahme nicht entgegen!

OLG Oldenburg, Beschluss vom 31.05.2022 - 2 U 16/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen)

1. Unwesentliche Mängel sind kein Abnahmehindernis. Unwesentlich ist ein Mangel, wenn es dem Auftraggeber unter Abwägung aller Umstände zuzumuten ist, die Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäße Erfüllung anzunehmen und sich mit Mängelrechten zu begnügen.
2. Etwaige Mangelfolgeschäden stehen der Abnahme der Leistung nicht entgegen.
3. Der Auftraggeber hat in der Regel keinen Anspruch auf Beseitigung von Mangelfolgeschäden, sondern (nur) einen Anspruch auf Zahlung der zur Beseitigung der Mangelfolgeschäden erforderlichen Geldsumme.

OLG Oldenburg, Beschluss vom 31.05.2022 - 2 U 16/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen)

BGB §§ 273320634640

 

Problem/Sachverhalt

Der Auftragnehmer (AN) führt im Badezimmer des Auftraggebers (AG) Sanitär- und Heizungsarbeiten aus und stellt diese mit ca. 28.000 Euro in Rechnung. Der AG rügt einen schief montierten Duschkopf und, dass es wegen des schief montierten Duschkopfs möglicherweise zu Wassereintritt in die Decke gekommen sei und Schimmelgefahr bestehe. Er verweigert die Abnahme und Bezahlung. Der AN klagt die Rechnung ein. Das Ausgangsgericht holt ein Sachverständigengutachten ein, das den schief montierten Duschkopf bestätigt, und verurteilt den AG zur Zahlung von ca. 25.000 Euro nebst Zinsen sowie weiteren 3.000 Euro Zug um Zug gegen Beseitigung der schiefen Montage des Duschkopfs. Der AG legt Berufung ein. Er meint, die Klage sei abzuweisen, da wegen des Wasserschadens Abnahmereife nicht eingetreten sei, jedenfalls eine Zug-um-Zug-Verurteilung auch diesbezüglich erfolgen müsse.

Entscheidung

Das Berufungsgericht weist die Berufung des AG zurück. Der Werklohnanspruch sei fällig, da das Werk im Zeitpunkt des Abnahmeverlangens objektiv abnahmereif gewesen sei. Der bestätigte Mangel - schiefer Duschkopf - sei nicht wesentlich. Es sei ihm als AG unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls zuzumuten, die Arbeiten mit diesem Mangel als im Wesentlichen vertragsgemäß anzunehmen und sich mit den Mängelrechten des § 634 BGB zu begnügen. Der behauptete Wasserschaden könne als Mangelfolgeschaden ohnehin nicht der Abnahmereife der Werkleistung entgegenstehen. Ein Zurückbehaltungsrecht aus § 320 BGB wegen des Mangelfolgeschadens komme auch nicht in Betracht, da solche Ansprüche nicht dazu dienten, das vertragliche Gegenseitigkeitsverhältnis von Leistung und Gegenleistung herzustellen. Es komme zwar ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB in Betracht. Allerdings seien die Voraussetzungen eines solchen nicht dargelegt. Der Verdacht, nach nunmehr vier Jahren drohten Feuchtigkeitsschäden, reiche als Vortrag nicht aus. Ferner bestehe bei Mangelfolgeschäden regelmäßig nur ein Anspruch auf Zahlung des zur Beseitigung erforderlichen Geldbetrags, wozu der AG auch nichts vortrage.

Praxishinweis

Wenn der Auftragnehmer bei Gelegenheit oder durch mangelhafte Leistung Schäden produziert, stellen sich unterschiedliche Fragen: Kann der Auftraggeber die Beseitigung des Schadens in Natur verlangen? Muss er zuerst dem Auftragnehmer eine Frist setzen, bevor er den Schaden durch einen Dritten beseitigen lässt? Kann der Auftraggeber die Abnahme bis zur Schadensbeseitigung verweigern? Wann verjährt der Anspruch? Auf die ersten Fragen gibt die Entscheidung Antworten: Der Schadensersatz neben der Leistung berechtigt nicht zur Abnahmeverweigerung und der zur Beseitigung erforderliche Betrag kann sofort verlangt werden. Dass nur ein Zahlungsanspruch besteht, erscheint wegen der Entscheidungsbefugnis des Geschädigten aus § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB jedoch zweifelhaft.

RAin und FAin für Bau- und Architektenrecht Juliana Fuhst, München