
1. Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann auch aus dem Zusammenwirken von mehreren AGB-Klauseln resultieren (Summierungseffekt).
2. Zur Vereinbarung der Sicherheitsleistung ist es notwendig, den Sicherungszweck anzugeben.
3. Wird in der AGB-Sicherungsklausel vorgegeben, dass der Barsicherheitseinbehalt von den Abschlagszahlungen entgegen § 17 Abs. 6 VOB/B erst bei der Schlusszahlung auf ein Sperrkonto eingezahlt werden muss, ist dies unangemessen, da dem Auftragnehmer das Insolvenzrisiko des Auftraggebers aufgebürdet wird.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.03.2025 - 23 U 138/23
BGB §§ 305, 307, 765, 768, 821; VOB/B § 17 Nr. 6
Problem/Sachverhalt
Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) mit der Errichtung einer Metallbaufassade eines Einkaufszentrums. In dem vom AG gestellten Bauvertragsformular ist in 7 b) geregelt, dass der AG 10% der Netto-Abschlagszahlungen als Sicherheit einbehalten darf, ablösbar durch eine Vertragserfüllungsbürgschaft in gleicher Höhe. 7 c) regelt, dass der Bareinbehalt erst nach der Schlusszahlung auf ein Sperrkonto einzuzahlen ist, "falls nicht die Ablösung der Sicherheit durch Bürgschaft erfolgt (s. Punkt 21)".
In Punkt 21 ist u.a. vorgegeben, dass die Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern lauten muss. Der AN stellt eine Vertragserfüllungsbürgschaft des beklagten Bürgen (B) zur Ablösung der Barsicherheit. Nachdem der AN die Arbeiten einstellt, verklagt der AG den B hinsichtlich seines Verzugsschadens auf Leistung aus der Bürgschaft. B ist der Auffassung, dass die Klauseln 7 b), 7 c) und 21 zusammenwirken, und insgesamt den AN unangemessen benachteiligen, so dass sie insgesamt gem. § 307 BGB nichtig sind, weshalb B der Klage die Bereicherungseinrede gem. §§ 821, 768 BGB entgegenhält.
Das LG Kleve folgt dem B und weist die Klage ab. Hiergegen richtet der AG seine Berufung. Er meint, die Klausel 21 wirke nicht mit den Klauseln 7 b) und 7 c) zusammen, so dass es unbeachtlich sei, ob in Klausel 21 eine Bürgschaft auf erstes Anfordern verlangt werde.
Entscheidung
Ohne Erfolg! Das OLG Düsseldorf weist die Berufung zurück. Die Klausel 7 b) ist bereits deshalb unwirksam, da nicht hinreichend deutlich wird, was der Sicherungszweck des Bareinbehalts sein soll. Der Bareinbehalt könnte die Vertragserfüllungs- oder Gewährleistungsansprüche oder beides sichern. Zur Vereinbarung der Sicherheitsleistung ist es jedoch nach Rechtsprechung des BGH (NJW 1993, 1261) erforderlich, den Sicherungszweck anzugeben.
Da in 7 c) vorgegeben ist, dass der Barsicherheitseinbehalt von den Abschlagszahlungen erst bei der Schlusszahlung auf ein Sperrkonto eingezahlt werden muss, ist auch dies unangemessen, da so dem AN das Insolvenzrisiko des AG aufgebürdet wird. Durch den Verweis in 7 c) auf 21 bildet die Sicherungsklausel eine konzeptionelle Einheit, die zusammenwirkt und nur insgesamt hinsichtlich ihrer Unangemessenheit beurteilt werden kann. Durch das Verlangen einer Bürgschaft auf erstes Anfordern wird dem AN ebenfalls das Liquiditätsrisiko des AG aufgebürdet.
Praxishinweis
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (z.B. Urteil vom 09.12.2010 - VII ZR 7/10, Rz. 18, IBRRS 2011, 0367) ist eine AGB-Klausel unangemessen i.S.d. § 307 BGB, in der der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die Interessen des Vertragspartners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen.
RA und FA für Bau- und Architektenrecht Jürgen Ripke, Hannover Autorenprofil
© id Verlag