In einem Hausbauvertrag mit einem Verbraucher-Bauherrn ist folgende Klausel unwirksam: "Die Festpreisgarantie greift, wenn der erste Aufbautag innerhalb des Garantiezeitraums von 15 Monaten erfolgt oder wenn der Aufbau später erfolgt und das Unternehmen die Verzögerung zu vertreten hat. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kann das Unternehmen verlangen, dass der vereinbarte Gesamtpreis um den Prozentsatz, um den sich die vom Statistischen Bundesamt ermittelten (allgemeinen) Baukosten zwischen dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses und der Errichtung des Bauwerks erhöht haben, angepasst wird."
OLG Koblenz, Urteil vom 10.10.2024 - 2 U 41/24 (nicht rechtskräftig)
BGB § 307 Abs. 1 Satz 1, 2, § 307 Abs. 3
Problem/Sachverhalt
(Fertig-)Hausbauverträge werden oft von der Stange weg geschlossen. Manchmal gibt es noch nicht einmal ein Baugrundstück. Von daher konzeptioniert und kalkuliert der Unternehmer seinen Hausbauvertrag für ein fiktives Musterbaugrundstück (s. dazu z. B. OLG Frankfurt, IBR 2021, 76) und eine maximale Bauzeit ab Vertragsschluss.
Daraus resultieren im Hausbauvertrag zahlreiche Bedingungen, die vom (Verbraucher-)Besteller binnen Frist ab Vertragsabschluss zu erfüllen sind, damit dieses Geschäftskonzept aufgeht. Im Falle der Säumnis des Bestellers sehen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) u. a. Preisanpassungen vor. Eine solche Klausel des nach eigenen Angaben größten Anbieters für Fertighäuser in Deutschland erachtet der Bauherren Schutzbund e. V. (BSB) für unwirksam und hat nach erfolgloser Abmahnung auf Unterlassung der Klausel nach UKlaG geklagt.
Entscheidung
Mit Erfolg! Das OLG Koblenz stellt zunächst klar, dass Preisnebenabreden wie gegenständlich gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB unterliegen (st. Rspr. des BGH z. B. Urteil vom 17.12.2008 - VIII ZR 274/06, IBRRS 2009, 0131). Mangels Transparenz ist die Klausel nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. Vom Statistischen Bundesamt werden mehrere Baukostenindizes publiziert, z. B. für Bauwerke, Wohngebäude und Nichtwohngebäude. Welcher Index anwendbar sein soll, ist der Klausel nicht zu entnehmen. Die Klausel ist zudem aus mehreren Gründen unangemessen i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Erstens trägt der Besteller auch das Risiko für Bauverzögerungen, die er nicht zu vertreten hat, z. B. lange Bearbeitungszeiten der Genehmigungsbehörde (s. a. OLG Koblenz, IBR 2023, 1026 - nur online).
Zweitens können auch bei nur einem Tag Verzögerung die gesamten Kostensteigerungen vom Vertragsschluss bis zur Fertigstellung auf den Besteller abgewälzt werden und nicht bloß nur die durch die Verzögerung kausal entstandenen Mehrkosten.
Drittens sieht die Klausel nur die Weitergabe einer Preissteigerung vor, nicht aber einer Preissenkung (dazu z. B. BGH, Urteil vom 21.04.2009 - XI ZR 78/08). Das beklagte Unternehmen wird daher verurteilt, die Anwendung der Klausel und die Berufung auf die Klausel in Altverträgen zu unterlassen und ihre Vertragspartner darüber zu informieren.
Praxishinweis
Die in AGB von Hausbauunternehmen regelmäßig anzutreffende Preis- oder Festpreisgarantie ist eine werbende Mogelpackung. Denn der vertraglich vereinbarte Preis ist ohnehin verbindlich, also "fest". Die Bestimmungen zur Preis- oder Festpreisgarantie sind im Ergebnis Preisanpassungsklauseln.
Für die Anforderungen an die Wirksamkeit solcher Klauseln gibt es zahlreiche höchstrichterlicher Entscheidungen. Wer diese als Unternehmer nicht beachtet, bleibt an den Vertragspreis gebunden.
RA und FA für Bau- und Architektenrecht Dr. Benjamin Berding, Köln
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