Auftragslos erbrachte Leistungen Symbolbild

Auftragslos erbrachte Leistungen werden durch eine vorbehaltlose Abnahme nicht anerkannt!

OLG Köln, Beschluss vom 27.05.2021 - 16 U 192/20; BGH, Beschluss vom 07.09.2022 - VII ZR 649/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) BGB § 640; VOB/B § 2 Abs. 8, § 12

Die vorbehaltlose Abnahme der Leistung stellt kein Anerkenntnis einer auftragslos erbrachten Leistung dar. Insbesondere bei öffentlichen Auftraggebern sind hohe Anforderungen an die Annahme eines Anerkenntnisses zu stellen.

OLG Köln, Beschluss vom 27.05.2021 - 16 U 192/20; BGH, Beschluss vom 07.09.2022 - VII ZR 649/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

BGB § 640; VOB/B § 2 Abs. 8, § 12

Problem/Sachverhalt

Der von einem öffentlichen Auftraggeber (AG) mit Gehölzpflegearbeiten beauftragte Auftragnehmer (AN) verlangt eine zusätzliche Vergütung für die Auslichtung der Baumkronen i.H.v. über 60.000 Euro. Den Auftrag hierzu habe der mit der Bauleitung betraute, nicht aber zur Beauftragung von Nachträgen bevollmächtigte Mitarbeiter des AG erteilt. Der AN meint, der AG habe die zusätzliche Leistung durch die vorbehaltlose Abnahme der Leistung gem. § 2 Abs. 8 Nr. 2 Satz 1 VOB/B anerkannt. Nach dieser Regelung steht dem Auftragnehmer für ohne Auftrag ausgeführte Leistungen eine Vergütung zu, wenn der Auftraggeber diese nachträglich anerkennt. Der AG zahlt nicht. Die vom AN erhobene Klage wird vom Landgericht abgewiesen. Der AN legt Berufung ein.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Der AG hat die Leistungen nicht nachträglich anerkannt. Die Abnahme beinhaltet kein Anerkenntnis. Die bloße Hinnahme der Leistung, ohne nach deren Beendigung gegen die Erbringung zu protestieren, reicht nicht (vgl. OLG Stuttgart, IBR 1994, 412), zumal gerade bei öffentlichen Auftraggebern hohe Anforderungen an die Annahme eines Anerkenntnisses zu stellen sind. Der AN kann auch keine Vergütung nach § 2 Abs. 8 Nr. 2 Satz 2 VOB/B verlangen. Danach steht dem Auftragnehmer auch eine Vergütung zu, wenn die Leistungen für die Erfüllung des Vertrags notwendig waren, dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprachen und ihm unverzüglich angezeigt wurden. Der AN hat bereits nicht vorgetragen, dass die Leistungen erforderlich waren. Dem steht entgegen, dass er selbst die weitere Auslichtung der Kronen nicht für geboten erachtete, sondern - nach seinem Vorbringen - erst aufgrund der Äußerung des Bauleiters des AG entsprechend tätig wurde.

Praxishinweis

Ein Anerkenntnis i.S.v. § 2 Abs. 8 Nr. 2 Satz 1 VOB/B ist eine Äußerung oder Handlung des AG, die erkennen lässt, dass er die Leistung wie eine vom Vertrag umfasste, vergütungspflichtige Leistung behandeln will (OLG Stuttgart, a.a.O.). Es kann ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten erfolgen (BGH, IBR 2002, 125). Welche konkludente Verhaltensweise als ein derartiges Anerkenntnis angesehen werden kann, ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Nach Ansicht des OLG Hamburg kann - wenn weitere Anhaltspunkte hinzutreten - in der Abnahme der Leistung durchaus ein Anerkenntnis liegen (OLG Hamburg, Urteil vom 08.11.1995 - 13 U 44/94, IBRRS 1996, 0004). Demgegenüber ist es nicht ausreichend, wenn der AG eine nicht vereinbarte Leistung im Rahmen der Ausführungsphase entgegennimmt und nicht gegen ihre Erbringung protestiert (OLG Dresden, IBR 2018, 310). Ein Anerkenntnis liegt ebenfalls nicht darin, dass die Leistung gemeinsam aufgemessen wird (BGH, NJW 1974, 64) oder der AG seinen Architekten mit der Prüfung der Abrechnung dieser Leistungen beauftragt (BGH, a.a.O.). Auch die Prüfung oder Bezahlung einer Abschlags- oder Schlussrechnung stellt kein Anerkenntnis dar (OLG Düsseldorf, IBR 2015, 242). Etwas anderes kann gelten, wenn der AN eine auftragslos ausgeführte Leistung in der Rechnung besonders kenntlich macht (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 4 VOB/B) und der AG die geforderte Zusatzvergütung nach Prüfung und Korrektur bezahlt (BGH, a.a.O.). Mit der Abrechnung einer Nachunternehmerleistung durch den Hauptunternehmer gegenüber dem AG kann eine auftragslos erbrachte Leistung ebenfalls anerkannt werden (OLG Frankfurt, IBR 2017, 7).

 

RA Dr. Stephan Bolz, Mannheim 

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