Sinnige Sicherungshypothek?

Die in § 650e BGB geregelte Sicherungshypothek führt in der Praxis eher ein Schattendasein, insbesondere im Vergleich zur § 650f BGB-Sicherheit. Letztere wird gerne verlangt, um bei bestehenden Differenzen gegenüber dem Auftraggeber Druck aufzubauen oder gar einen Kündigungsgrund zu generieren (§ 650f Abs. 5 BGB). Doch auch das Verlangen einer Sicherungshypothek kann Druckpotential schaffen und – je nach Fallkonstellation – ein probates Mittel sein, um schnell und zweckdienlich eine werkvertragliche Forderung zu sichern.

Nachfolgend werden die Voraussetzungen aufgezeigt, unter denen die Einräumung einer Sicherungshypothek vom Unternehmer verlangt werden kann und dabei auch auf die Perspektive des Auftraggebers eingegangen, der ggfs. den Zugriff auf sein Grundstück zu vermeiden wissen will.

Anspruchsberechtigte Personen

Anspruchsberechtigt ist “der Unternehmer”, das heißt zunächst der Auftragnehmer eines (VOB/B- oder BGB-) Bauvertrags. Das kann z.B. auch eine ARGE sein. Maßgebend ist die vertragliche Beziehung zum Auftraggeber als Eigentümer des Baugrundstücks, so dass in das Bauvorhaben involvierte Dritte, die in keinem Vertragsverhältnis zum Bauherrn stehen (z.B. Lieferanten, Subunternehmer), aus dem Kreis der Anspruchsberechtigten ausscheiden.

Dass anspruchsberechtigt insbesondere vom Bauherrn beauftragte Architekten/Planer sein können, ist seit Jahren in der Rechtsprechung gefestigt und seit dem 01.01.2018 nunmehr auch ausdrücklich über die Verweisungsnorm des § 650q Abs. 1 BGB geregelt.

Zu sichernde Forderung

Sicherbar ist nicht nur die Werklohnforderung des Unternehmers, sondern der Unternehmer kann – weitgehender – eine Sicherungshypothek “für seine Forderungen aus dem Vertrag” verlangen. Das kann neben dem entgeltlichen Werklohn auch ein Schadensersatzanspruch aus dem Vertrag sein (BGH, Urteil vom 22.10.1987 - VII 12/87). Teilweise wird auch davon ausgegangen, dass der Vergütungsanspruch nach einer freien Kündigung des Auftraggebers gemäß § 648 S. 2 BGB über eine Sicherungshypothek sicherbar ist (so OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.08.2003 - 5 W 17/03; a.A. KG, Urteil vom 24.07.2018 - 7 U 134/17).

Da es “nur” um die Sicherung der betreffenden Forderung und nicht um deren Erfüllung geht, ist die Fälligkeit der Forderung nicht erforderlich. Höhenmäßig kann eine Sicherungshypothek natürlich nur in dem Umfang verlangt werden, den der zu sichernde Anspruch hat.

Ist der zu sichernde Anspruch eine Werklohnforderung, so richtet sich der Umfang gemäß § 650e S. 2 BGB nach dem Wert der bereits erbrachten Leistung. Dabei mindern Mängel den Sicherungsanspruch, indem in der Regel der einfache Betrag der Mängelbeseitigungskosten vom Werklohn abzuziehen ist (BGH, Urt. v. 10.3.1977 - VII ZR 77/76). Der Beginn der Ausführung mit dem geschuldeten Werk ist bei einer Werklohnforderung zudem grundlegende Voraussetzung für ein berechtigtes Verlangen einer Sicherungshypothek (BGH, a.a.O.). Erst wenn und soweit die Werkleistung in eine so enge Beziehung zu dem Grundstück getreten ist, dass dadurch der Wert des Grundstücks vergrößert ist, kann also eine Sicherungshypothek verlangt werden (sog. “Mehrwertprinzip”).

Das gilt gleichsam für den Bauunternehmer wie für den Planer: auch ein Anspruch des Planers kann ausschließlich in dem Umfang gesichert werden, in dem das von ihm geplante Bauwerk wenigstens teilweise errichtet wurde. Das Grundstück muss gerade durch die geistige Leistung des Planers eine Wertsteigerung erfahren haben, was nur dann der Fall ist, wenn die Planungsleistung in die Tat umgesetzt wurde. Ohne eine Verkörperung der Planungsleistung im Grundstück gibt es keinen sachlichen Grund, weshalb das Grundstück Pfandobjekt sein sollte. Das entspricht einhelliger Rechtsprechung (z.B. OLG Celle, Urteil vom 24.11.1995 – 4 U 218/94; OLG Düsseldorf, Urteil vom 03.09.1999 – 12 U 118/99; u.v.m.), die zwar noch zur alten Fassung der Sicherungshypothek ergangen ist, jedoch auch für die heutige Fassung weiterhin maßgebend ist (Sprau, in: Palandt, BGB Kommentar, § 650e Rn. 1). Zudem wurde die bisherige Rechtsprechung zwischenzeitlich auch für die neue Fassung des § 650e BGB bestätigt (OLG Celle, Urteil vom 06.02.2020 - 14 U 160/19). Anders sieht das aktuell – soweit ersichtlich – nur das Kammergericht Berlin (KG, Beschluss vom 05.01.2021 - 27 W 1054/20).

Baugrundstück des Auftraggebers

Pfandgegenstand ist das Baugrundstück des Auftraggebers und zwar das gesamte Grundstück wie es im Grundbuch geführt wird (, also nicht etwa nur der zu bebauende Teil). Zwischen Auftraggeber und Grundstückseigentümer muss Identität bestehen, es muss sich also um dieselbe rechtliche Person handeln.

Errichtet der Unternehmer ein einheitliches Bauwerk auf mehreren Grundstücken des Auftraggebers, ist jedes Grundstück jeweils Sicherungsmasse für die gesamte Werklohnforderung; der Unternehmer kann für diese dann auch die Einräumung einer Gesamthypothek (§ 1132 BGB) verlangen; das gleiche gilt, wenn er zwar verschiedene Bauwerke errichtet, aber aufgrund eines Vertrags einen einheitlichen Werkerfolg schuldet (BGH, Urteil vom 30.03.2000 - VII ZR 299/96).

Bildet der Auftraggeber während des Baus Wohnungseigentum, kann der Bauunternehmer die Wohnungen belasten, die im Eigentum des Auftraggebers verbleiben. Er kann dann eine Gesamthypothek an allen Wohnungen des Auftraggebers in voller Höhe seiner Werklohnforderung verlangen, so dass gemäß § 1132 BGB jede Wohnung für die ganze Forderung – insgesamt aber natürlich nur einmal – haftet (OLG Frankfurt, Urteil vom 10.05.1995 - 20 W 79/95).

Prozedere

§ 650e BGB gewährt einen schuldrechtlichen Anspruch auf Bestellung einer Hypothek (“kann […] Einräumung einer Sicherungshypothek […] verlangen”). Bestellt wird eine Sicherungshypothek - wie jede Grundstücksbelastung - durch dingliche Einigung und Eintragung (§ 873 BGB).

Der Unternehmer hat zunächst ein Grundbucheinsichtsrecht (OLG München, Beschluss vom 09.02.2015 - 34 Wx 43/15), um sich Kenntnis über die Eigentumsverhältnisse des Grundstücks und dessen ggfs. bereits bestehende Belastungen zu verschaffen. Kommt der Auftraggeber dem Sicherungsverlangen des Unternehmers nicht freiwillig nach, kann dieser sein Verlangen auf dem Klageweg verfolgen. Bei einem obsiegenden Urteil gilt die vom Auftraggeber abzugebende Erklärung, dass er die Eintragung der Vormerkung bewilligt, gemäß § 894 ZPO als abgegeben, sobald das Urteil rechtskräftig ist.

Ferner besteht die Möglichkeit, den Anspruch auf Bestellung der Sicherungshypothek durch eine Vormerkung aufgrund einstweiliger Verfügung rangwahrend zu sichern (vgl. § 885 Abs. 1 BGB). Eine solche kann insbesondere sinnvoll sein, wenn zu befürchten steht, dass das Grundstück kurzfristig veräußert wird. Denn mit Veräußerung des Grundstücks erlischt der Sicherungsanspruch des Unternehmers, sofern nicht vorher eine Vormerkung eingetragen war (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.12.1976 - 5 U 163/76).

Was kann eingewandt werden?

Vor allem wenn der Auftraggeber das Grundstück zu verkaufen beabsichtigt, kann die (drohende) Belastung eines Grundstücks mit einer Hypothek ein empfindliches Übel darstellen. Bei der Abwehr eines solchen Sicherungsverlangens kann bei den verschiedenen Anspruchsvoraussetzungen angesetzt werden – zum Beispiel der Einwand geführt werden, dass im konkreten Sachverhalt noch nicht mit dem Bau begonnen wurde und sich die Leistung des Unternehmers deshalb noch nicht in einer Wertsteigerung des Grundstücks abbildet.

Liegen die Voraussetzungen des § 650e BGB hingegen grundsätzlich vor, kann ggfs. beim ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal des Sicherungsbedürfnisses angesetzt werden. Denn gemäß § 650f Abs. 4 BGB ist der Anspruch auf Einräumung einer Sicherungshypothek ausgeschlossen, soweit der Unternehmer bereits eine § 650f BGB-Sicherheit erlangt hat. Auch wenn der Unternehmer bereits über eine vertraglich eingeräumte Sicherheit (gleichwertiger Qualität wie § 650f Abs. 1 BGB) verfügt, kann das Sicherungsbedürfnis bereits hinreichend befriedigt sein (OLG Dresden, Urteil vom 30.10.2007 - 6 U 1213/06). Der Auftraggeber kann sein Grundstück deshalb ggfs. erfolgversprechend schützen, indem er das ausgesprochene Sicherungsbedürfnis des Unternehmers kurzfristig mit einer geeigneten Sicherheit außerhalb des Grundstücks zu stillen vermag.

Fazit zum Thema Sicherungshypothek

Die Möglichkeit, vom Auftraggeber eine Sicherungshypothek zu verlangen, ist Auftragnehmern häufig nicht geläufig, während das Sicherungsverlangen gemäß § 650f BGB in der Praxis recht präsent ist. Gerade gegenüber privaten Bauherren, von denen eine Bauhandwerkersicherheit gemäß § 650f Abs. 6 Nr. 2 BGB nicht verlangt werden kann, stellt das Verlangen einer Sicherungshypothek aber ein beachtenswertes Mittel dar, um z.B. bei aufgetretenen Differenzen Bewegung in den Sachverhalt zu bringen und die Position des vorleistungspflichtigen Unternehmers zu stärken.

Rechtsanwältin Natalie Hahn

  • Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
  • Mitglied in der ARGE Baurecht seit August 2019
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