Ein Businesstreffen rund um Kündigung.

Kostenträchtige Kündigung – Hinweise zur gar nicht so freien Kündigung des Bestellers nach § 648 BGB

Das sogenannte freie Kündigungsrecht des Bestellers gem. § 648 BGB stellt eine Besonderheit des Werk- und Bauvertragsrechts dar. Ausgehend von der These, dass nur der vom Gesetzgeber als „Besteller“ bezeichnete Bauherr ein Interesse an der Ausführung des Werks hat, soll er sich „frei“ vom Vertrag lösen können. Der ausführende Bauunternehmer oder Architekt hat dagegen keinen Anspruch auf Vertragsdurchführung. Entsprechend ist in § 648 Satz 1 BGB geregelt, dass der Bauherr bis zur Vollendung des Werkes jederzeit den Vertrag kündigen kann.

So frei ist das Kündigungsrecht für den Bauherrn aber nicht. Denn der Unternehmer erhält als Ausgleich nicht etwa nur die Vergütung für die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen, sondern auch den Teil der Vergütung, der auf den aufgrund der Kündigung nicht mehr zur Ausführung gelangten Teil entfällt – freilich unter Anrechnung seines ersparten Aufwands. Der Gesetzgeber vermutet in § 648 Satz 3 BGB zwar (wenig realistisch), dass dieser Teil mit 5 Prozent der entfallenen ursprünglichen Vergütung zu bewerten sei. Diese Vermutung kann freilich – und wird im Regelfall auch – vom Vertragspartner entkräftet werden. Sofern Bauvorhaben nicht kalkuliert sind, was in der aktuellen Konjunktur eher nicht der Fall sein dürfte, wird ein Zuschlag von 10 bis 20 Prozent für den Bauunternehmer realistisch sein. Ein Architekt hat im Zweifel noch viel weniger erspart, sodass hier sogar Prozentsätze von 40-60 Prozent realistisch sind.

Vor diesem Hintergrund sollte ein Bauherr gut abwägen, ob die „freie Kündigung“ wirklich das Mittel der Wahl ist, um einen Bauvertrag zu beenden.

Alternative: Kündigung aus wichtigem Grund

Das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund ist seit dem 01.01.2018 in § 648a BGB geregelt. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann. Unter welchen Umständen eine Vertragspartei zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt ist, kann von den (Bau-) Vertragsparteien auch vereinbart werden. Der Vorteil
für den Bauherrn einer solchen Kündigung aus wichtigem Grund, die auch gemäß § 648a Abs. 2 BGB nur auf einen abgrenzbaren Teil des geschuldeten Werks bezogen sein kann, liegt auf der Hand: Es besteht kein Anspruch des Unternehmers auf die Vergütung des kündigungsbedingt nicht mehr erbrachten Teils des Werkes. Daher sollte bereits bei der Vertragsgestaltung bedacht werden, unter welchen besonderen Umständen eine Kündigung in Betracht kommen könnte, und dies als wichtiger Grund in den Vertrag mit aufgenommen werden.

Besonderheit: Bauträgervertrag

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass eine Kündigung nach der Natur des einheitlichen Bauträgervertrags, der neben einer bauvertraglichen Komponente auch kaufvertragliche Elemente enthält, nicht in Betracht kommt. Für Bauträgerverträge ist daher nach dem ab dem 01.01.2018 geltenden Bauvertragsrecht weder eine freie Kündigung noch eine (Teil-)Kündigung aus wichtigem Grund möglich, § 650u Abs. 2 BGB. Für Altverträge, die vor dem 01.01.2018 geschlossen wurden, gilt das neue Bauvertragsrecht allerdings nicht. Hier gilt nach wie vor die alte Rechtslage und die dazu gültige Rechtsprechung, dass zwar eine freie Kündigung nicht möglich ist, wohl aber eine Teilkündigung aus wichtigem Grund bezogen auf die Bauleistung in Betracht kommt (BGH, Urt. v. 21.11.1985 - VII ZR 366/83).

Besonderheit: Architektenvertrag

Für den Architektenvertrag hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 01.01.2018 mit § 650r BGB ein Sonderkündigungsrecht des Bauherrn eingeführt. Wird es wirksam ausgeübt, ist nur der Teil der bis zur Kündigung erbrachten Leistung zu vergüten. Der Gesetzgeber verfolgt damit das Ziel, den Bauherrn vor dem übereilten Abschluss eines umfassenden Architektenvertrages, der neben der Beratung auch die Genehmigungs- und Ausführungsplanung sowie die Bauüberwachung beinhaltet, zu schützen. Denn wenn sich in einem frühen Stadium der Durchführung des Architektenvertrages herausstellt, dass insbesondere mit den zur Verfügung stehenden Mitteln das besprochene Bauziel nicht erreicht werden kann, soll sich der Bauherr vom Architektenvertrag lösen können.

Dies gilt freilich nicht uneingeschränkt und setzt voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Planungs- und Überwachungsziele noch nicht abschließend feststehen. Dann hat der Architekt die erarbeiteten Planungsgrundlagen und eine (belastbare) Kosteneinschätzung vorzulegen. Wurden dem Besteller die Planungsgrundlagen und die Kosteneinschätzung vorgelegt, hat dieser die Möglichkeit binnen einer Frist von zwei Wochen den bereits abgeschlossenen Vertrag zu kündigen. Das Kündigungsrecht ist formal an die Vorlage der Planungsgrundlage und der Kosteneinschätzung geknüpft. Es ist daher auch nicht erforderlich, dass diese Unterlagen den Vorstellungen des Bestellers oder zuvor besprochenen Einzelheiten widersprechen. Ein Kündigungsgrund ist nicht erforderlich. Verbraucher sind vom Architekten entsprechend zu belehren. Unterlässt der Architekt bei einem Verbraucher die Belehrung, gibt es keine Möglichkeit dieselbe zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen. Nach der Begründung des Gesetzgebers soll in diesem Fall das Kündigungsrecht des Verbrauchers weiterbestehen.

Vorsicht: Freie Kündigungserklärung

Zu beachten ist, dass auch eine unbedachte Erklärung als Kündigung verstanden werden kann. Denn es ist nicht zwingend notwendig, das Wort „Kündigung“ oder „freie Kündigung“ zu verwenden. Es reicht sogar aus, wenn eine Partei aus Sicht der anderen Seite unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass keine weitere Tätigkeit des Bauunternehmers mehr gewünscht ist. So kann z. B. ein unbedacht ausgesprochenes Baustellenverbot als Kündigungserklärung zu werten sein, ebenso wie die Erklärung, dass man ein anderes Unternehmen beauftragt habe. Steht dann dem Bauherrn kein wichtiger Kündigungsgrund zur Seite, tritt für ihn die geschilderte unangenehme Vergütungsfolge ein.

Fazit

Mit Blick auf die weitreichenden finanziellen Folgen einer freien Kündigung – die im Regelfall deutlich über der vom Gesetzgeber angenommenen Vermutung von 5 Prozent der Vergütung für den gekündigten Teil des Werks liegen – ist somit sorgsam zu prüfen, ob tatsächlich das sich daraus ergebende finanzielle Risiko in Kauf genommen wird oder ob es nicht alternative Möglichkeiten gibt.