Ausgangslage
Ein Grundstückskaufvertrag bedarf gemäß § 311b BGB der notariellen Beurkundung. Der Beurkundungszwang gilt für sämtliche Nebenabreden zu dem Vertrag. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erstreckt sich dieser Formzwang darüber hinaus auch auf weitere Verträge, die mit dem Grundstückskaufvertrag derart verbunden sind, dass sie eine Einheit bilden. Davon geht die Rechtsprechung dann aus, wenn nach dem Willen der Parteien die Verträge miteinander stehen und fallen sollen. Dabei ist maßgeblich, dass das Grundstücksgeschäft von dem weiteren Geschäft abhängig ist (BGH, Urt. v. 12.02.2009 - VII ZR 230/07). Auf die zeitliche Reihenfolge des Abschlusses der Geschäfte kommt es nicht an. Ebenfalls unerheblich ist, ob die Vertragsparteien identisch sind oder nicht (BGH, Urt. v. 22.07.2010, VII ZR 246/08). Das bedeutet also, dass ein Beurkundungszwang für einen Bauvertrag als verbundenes Geschäft bestehen kann, wenn ein Bauherr ein Grundstück erwirbt und in diesem Zusammenhang z.B. einen Bauvertrag oder Fertighausvertrag mit einem Anbieter, der nicht mit dem Grundstückseigentümer identisch ist, abschließt. Ausreichend ist dabei, dass ein Partner einen solchen Verknüpfungswillen tatsächlich hat und der andere Partner diesen Verknüpfungswillen hinnimmt.
Folge: Nichtigkeit von Grundstückskauf- und Bauvertrag
Ist der Bauvertrag als "verbundenes Geschäft" anzusehen und wird er nicht notariell beurkundet, dann ist der Bauvertrag nichtig. Die Nichtigkeit des Bauvertrages zieht gemäß § 139 BGB die Nichtigkeit des Grundstückskaufvertrages nach sich. Als Indiz für eine solche Verbundenheit wird übrigens die gar nicht so selten vorkommende Erwähnung des zu bebauenden Grundstücks im Bauvertrag gesehen.
Diese Nichtigkeit beider Verträge kann geheilt werden, wenn die Eigentumsübertragung in das Grundbuch eingetragen wird, § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB. Auf eine solche Heilung sollten sich die Vertragspartner aber nicht verlassen. Denn die Eintragung in das Grundbuch erfolgt häufig lange nach dem Abschluss der Verträge und insbesondere nach der Kaufpreiszahlung. In der Zwischenzeit soll die Auflassungsvormerkung den Erwerber sichern. Da der Vertrag aber nichtig ist, existiert auch die streng akzessorische Auflassungsvormerkung nicht, auch wenn sie - fälschlich - in das Grundbuch eingetragen wurde. Der Erwerber zahlt also, obwohl seine Rechtsposition nicht gesichert ist. Die Eintragung kann auch nicht erzwungen werden, da aufgrund der Nichtigkeit weder eine Verpflichtung des Veräußerers noch eine Verpflichtung des Erwerbers besteht.
Gelegentlich finden sogar bewusste Aufspaltungen von Grundstückskauf- und Bauverträgen statt, um bei Notargebühren und Grunderwerbssteuer zu sparen. Vor solchen Schnäppchen kann nur gewarnt werden. Die daraus resultierenden Risiken stehen in keinem angemessenen Verhältnis zu den erhofften Ersparnissen; von der Strafbarkeit eines solchen Verhaltens einmal ganz abgesehen.
Der Fall des OLG Karlsruhe
Dass solche Konstellationen alles andere als theoretisch sind, führt der Sachverhalt, der der erwähnten Entscheidung des OLG Karlsruhe zugrunde lag, vor Augen.
Ein renommierter Fertighaushersteller hatte "Paketlösungen" beworben und damit bei Interessenten den Eindruck erweckt, sie erhielten Grundstück und Traumhaus "aus einer Hand". Der spätere Käufer meldete sich bei dem Fertighaushersteller, das Grundstück wurde gezeigt, man plante erste Entwürfe. Als es an die Verträge ging, mussten zwei Verträge geschlossen werden, denn der Fertighaushersteller war nicht Eigentümer der beworbenen Grundstücke, er hatte sie nur "an der Hand". In der Folge schloss der Erwerber sowohl den notariellen Kaufvertrag über das Grundstück mit dem Eigentümer als auch den schriftlichen Hausbauvertrag mit dem Fertighaushersteller.
Die Finanzierung des Erwerbers scheiterte. Der Erwerber konnte den Kaufpreis für das Grundstück nicht zahlen. Es kam daher nie zur Eintragung in das Grundbuch. Der Verkäufer verkaufte in der Folge das Grundstück zu einem geringeren Preis an einen Drittinteressenten und verlangte vom Erwerber Schadenersatz auf die Differenz, die er einklagte. Der Erwerber hätte sich nun mit der Argumentation retten können, dass die Geschäfte doch verbunden seien und der Kaufvertrag daher nichtig sei. Jedoch wurde dies weder von den beteiligten Anwälten noch vom Landgericht erkannt. Der Erwerber musste zahlen - obwohl der Grundstückskaufvertrag nichtig war.
Erst in einem zweiten Prozess - nämlich gegen seinen ersten Anwalt - kam der Erwerber zu seinem Recht. Er machte gegen seinen ersten Anwalt neben sämtlichen Prozesskosten des ersten Prozesses den Betrag als Schaden geltend, den er an den Verkäufer gezahlt hatte. Er argumentierte, dass sein Anwalt die Nichtigkeit hätte erkennen und dies gegenüber dem Gericht hätte vortragen müssen. Dann hätte er den Prozess gewonnen. Und er erhielt mit dieser Argumentation in zwei Instanzen Recht. Sowohl das Landgericht Mannheim als auch das OLG Karlsruhe verurteilten den ersten Anwalt zu Schadenersatz, da er bei richtiger Argumentation den Prozess hätte gewinnen müssen.
Der Fall des OLG Karlsruhe zeigt: Mit Grundstücksgeschäften verbundene Geschäfte haben ihre Tücken, die manchmal nicht nur den Laien, sondern auch die Profis überraschen. Bei der Vertragsgestaltung sollte daher immer ein im Bau- und Architektenrecht versierter (Fach-)Anwalt hinzugezogen werden.
Rechtsanwalt Marco Röder, Karlsruhe
Mitglied der ARGE Baurecht