Rechtsanwältin Dr. Birgit Franz, Gründerin und Partnerin von franz + partner rechtsanwälte

Dr. Birgit Franz: „Sie müssen sich verkaufen können“

Rechtsanwältin Dr. Birgit Franz ist Gründerin und Partnerin der Kanzlei franz + partner rechtsanwälte in Köln. Die stellvertretende Vorsitzende der ARGE Baurecht begann Ihre Karriere 1991 in einer Kanzlei in München, für die sie 1993 ein Büro in Dresden eröffnete. 2002 wechselte Sie zu Leinemann und Partner nach Berlin und ergriff 2010 die Chance, den Standort der Kanzlei in Köln zu entwickeln, was Sie bis zur Gründung der eigenen Sozietät im Juni 2019 tat. Im Interview verrät Sie uns die Erfolgsgeheimnisse ihrer Karriere und gibt Tipps, wie junge Baurechtler und BaurechtlerInnen ihren Weg in diesem besonderen Rechtsgebiet machen können.

Sie waren lange Senior Partnerin in einer großen Baurechtskanzlei und sind nun Gründerin und Partnerin einer eigene Sozietät. Wie haben Sie das geschafft?

Fleiß! Fleiß! Fleiß! (lacht). Im Ernst: Ich bin tatsächlich der Ansicht, dass intensiver Einsatz für den Erfolg im Baurecht - wie auch in jedem anderen Beruf - essentiell ist. Dies in Kombination mit fundierten juristischen Kenntnissen als Grundgerüst kann Sie als Anwalt weit bringen. Das allein reicht jedoch nicht. Sie sollten sich für die Anliegen der Mandanten begeistern können. Gerade im Baurecht ist der richtige Umgang mit den Mandanten und der Spaß an der Auseinandersetzung mit den technischen und teilweise sehr komplexen Sachverhalten besonders wichtig. Insbesondere diese Fähigkeiten sind es, wegen der Sie weiterempfohlen werden und nach gegebener Zeit klappt es dann auch mit der Kanzlei-Partnerschaft.

Haben Sie so etwas wie ein Erfolgsgeheimnis?

Erst einmal denke ich dabei an etwas Allgemeingültiges: Ich glaube, dass Fleiß und Freude an der Sache zum Erfolg führen, unabhängig davon, was man macht. Ob nun als Arzt, Wissenschaftler oder eben Rechtsanwalt -  wenn Sie sich für Ihr Thema begeistern und sich intensiv dafür einsetzen können, dann werden Sie Erfolg haben. Wenn ich das jetzt etwas mehr auf die Juristerei zuspitze, würde ich sagen, dass ein guter Rechtsanwalt da anfängt, wo andere die Lage bereits als aussichtslos erklären würden. Nach dem Motto: „Jetzt erst recht“. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass es nie nur eine zwingend gesetzte Lösung gibt und Sie immer Möglichkeiten haben, etwas für Ihren Mandanten zu erreichen.

Wenn Sie an Ihren Weg bis hierher denken. Was hat richtig Kraft oder Zeit gekostet?

Wenn man sich als Frau in der Männerdomäne „Baurechtswelt“ bewegt, wird einem oft suggeriert: "Die hat von technischen und baubetrieblichen Sachverhalten keine Ahnung“. Da müssen Sie als Frau schon mal einiges ‚drauflegen‘. Sie brauchen Durchsetzungsvermögen und Ausdauer. Ich würde sagen, dass es eine Frau vielleicht ein Drittel mehr Zeit kostet, um die gleiche Position zu erreichen wie ein männlicher Kollege. Ich habe 1991 angefangen. Heute ist es sicher etwas leichter geworden, aber das Baurecht ist immer noch sehr männlich dominiert und man bewegt sich in einer Welt voller Alphatiere. Frauen kommunizieren anders und gehen mit einer Führungsposition in der Regel anders um. Das wird oft, einfach dadurch, dass es eine andere Art ist, als man sie von männlichen Kollegen kennt, auf spezielle Weise wahrgenommen. Und schließlich ist es auch für eine Rechtsanwältin schwieriger, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Das funktioniert nur mit guter Organisation und vor allem einem Partner, der da mitzieht.

Was raten Sie einem jungen Anwalt, der neu in einer Kanzlei anfängt?

Als junger Baurechtler sollte man sich die Fragen stellen: „Will ich mich wirklich mit den technischen Sachverhalten auseinandersetzen? Habe ich Freude daran? Arbeite ich gerne mit Mandanten und setze ich mich gerne mit Menschen auseinander und für deren Belange ein?“ Außerdem muss man auch lernen, den Mandanten eine klare Antwort zu geben. Als Jurist wird man auf den Konjunktiv geeicht. Häufig beginnen Juristen daher ihre Aussagen mit "Es kommt drauf an…". Die im Baurecht meist hemdsärmeligen, bodenständigen Mandanten können damit nichts anfangen. Da sind klare Handlungsempfehlung gefragt. „Hätte, wäre, könnte“ ist dort fehl am Platz. Daher mein Rat: auf Risiken hinweisen, aber klare Empfehlungen geben, die eine praktische Entscheidung für die Mandanten ermöglichen!

Welche Tipps können Sie jemanden geben, der/die Partner/in einer Baurechtskanzlei werden möchte?

Über die grundlegenden Erfolgsfaktoren habe ich schon gesprochen. Wenn Sie Partner werden möchten, sollten Sie, nein, müssen Sie vor allem Kommunikation lernen und wissen, wie Sie sich verkaufen. Als Juristen sind wir Dienstleister und durch gute Arbeit allein wird man nicht bekannt. Darum ist es wichtig, sein Gesicht zu zeigen, umtriebig zu sein. Man kann sich zum Beispiel durch Gremienarbeit oder Veröffentlichungen ein Profil geben. Gute Arbeit ist natürlich das Fundament. Einen guten oder gar großen Namen bekommt man aber nur, wenn man sich über seine Tätigkeit als Anwalt hinaus engagiert. Denn auch hier gilt, wie in allen Branchen: Ein gutes Produkt verkauft sich nur, wenn Sie dafür auch Werbung machen!

Braucht der Nachwuchs im Baurecht besondere Förderung?

Grundsätzlich halte ich es für sehr wichtig, den Nachwuchs an die Hand zu nehmen. Denn er gestaltet unsere Zukunft. In einer meiner Stationen gabe es beispielsweise ein eigenes Fortbildungsprogramm für jungen Kolleginnen und Kollegen. Da ging es um Nachwuchsförderung und Weiterbildung in allen Phasen der Karriere. Hier wurde der Nachwuchs und die Junior-Kräfte gezielt weitergebildet, aber auch die Partner. So lernten unsere jungen Kollegen mit den spezifischen Herausforderungen des Baurechtsalltags professionell umzugehen. Heute in meiner eigene Kanzlei leben wir ein ähnliches Prinzip. Und wir nehmen unsere Mitarbeiter zu Tagungen und Vorträgen mit, damit sie auch die Personen, deren Namen man von den Buchrücken der einschlägigen Literatur kennt, persönlich kennenlernen können. Natürlich unterstützen wir unseren Nachwuchs auch beim Erwerb des Fachanwaltstitels.

Was ist für Sie das Besondere am Baurecht? Und gibt es klassische Fettnäpfchen, vor denen Sie warnen können?

Im Baurecht ist das juristische Verständnis zwar Grundgerüst, allerdings braucht man auch große Freude, sich in technische und komplexe Sachverhalte „reinzufuchsen“. Man darf dann auch keine Hemmungen haben, ein zweites oder drittes Mal beim Mandanten nachzufragen, wenn man etwas nicht verstanden hat. Hat man die technischen Details begriffen, muss man diese auch noch Dritten, insbesondere dem Gericht, vermitteln können. Die wichtigste Eigenschaft für einen Baurechtler ist es also, zu dieser ‚Übersetzungsleistung‘ fähig zu sein. Außerdem arbeite ich viel mit Bauunternehmen zusammen. Die sind sehr lässig und stehen mit beiden Beinen auf dem Boden (lacht). Insofern unterscheidet sich die Baurechtswelt von den klassischen Industrieunternehmen und diesen Umgang muss man mögen. Was dazu überhaupt nicht passt, ist aus meiner Sicht Arroganz. Damit haben Sie schnell ein Problem. Man sollte immer einen kollegialen, respektvollen Umgang pflegen, mit Mandanten und Gerichten, aber natürlich auch Kanzlei-intern.

Würden Sie heute etwas anders machen?

(Überlegt, lacht) Nein!

Frau Dr. Franz, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

 

Das Interview wurde im Juli 2019 aktualisiert