Die Grundstückskosten sind in letzter Zeit explodiert: Quadratmeterpreise von 1 000 Euro und mehr sind nicht selten und erschwingliche Grundstücke mittlerweile nur sehr schwer zu finden. Viele Baufamilien führt das zur Verzweiflung, denn der Wunsch vom Eigenheim droht bereits an der Grundstückssuche zu scheitern.
Der Markt hat sich genau darauf eingestellt: Im Internet finden sich immer wieder vermeintliche „Sonderangebote“ für den Bau eines Hauses auf einem vorhandenen Grundstück – oder verbunden mit dem Versprechen, ein solches nach Vertragsabschluss zu finden. Immer wieder hört man von Vertriebsmitarbeitern mancher Haushersteller, die Bauinteressenten im persönlichen Gespräch mit dem Versprechen locken „Wir finden ein Grundstück für Sie“. Mündlich wird also ein passendes Grundstück zum Bauvertrag versprochen. Häufig werden auch Bilder von Grundstücken gezeigt. Damit dieses Grundstück erworben werden könne, müssten die Baufamilien aber erst mal den Bauvertrag für das Haus unterschreiben. Dass die Aussicht auf ein Baugrundstück bei der derzeitigen Marktlage viele zum Unterzeichnen eines Bauvertrages bringt, ist nachvollziehbar.
Pacta sunt servanda: Verträge sind bindend
Während der Hausbauvertrag mit seiner Unterschrift zunächst wirksam ist, verhält es sich bei den mündlichen Zusagen, dass ein Grundstück schon vorliegt oder bald gefunden wird, leider keinesfalls so: diese sind rechtlich nicht bindend. Viele Bauherren warten Monate auf ein Angebot und sind verunsichert, wenn sie immer wieder vertröstet werden.
Zeit ist Geld
So geht unter Umständen mit der Grundstückssuche wieder viel Zeit ins Land – und daraus können für die Bauherren ernsthafte finanzielle Probleme erwachsen. Denn in den unterschriebenen Bauverträgen ist üblicherweise ein Festpreis mit einer Festpreisbindung vereinbart. Innerhalb dieser Frist sichert nicht nur der Haushersteller den vereinbarten Preis zu, sondern auch der Bauherr muss seinen Teil der Pflichten erfüllen, die den Bau des Hauses ermöglichen. Dazu gehört in der Regel auch das passende Baugrundstück bereitzustellen.
Nach 12-18 Monaten läuft die Festpreisbindung in der Regel ab und hier lauert das Risiko: Was passiert wenn in dieser Zeit kein passendes Baugrundstück gefunden wird? Für einen Rücktritt vom Hausbauvertrag ist es nun zu spät, weil die dafür vertraglich vorgesehenen Fristen meist abgelaufen sind.
Für den Bauherren heißt das üblicherweise: Das Haus wird wesentlich teurer. Denn der Haushersteller kann nun den Hauspreis neu kalkulieren. Die Preissteigerungen infolgedessen liegen nicht selten im fünfstelligen Bereich. Geld, das viele Baufamilien nicht haben, und deswegen eine teure Nachfinanzierung benötigen. Sollte eine Neufinanzierung nicht genehmigt werden, bleibt vielen nur die freie Kündigung des Hausbauvertrages. Dies wiederum hat zur Folge, dass regelmäßig 10 Prozent des Hauspreises an die Baufirma gezahlt werden müssen, um sich vom Vertrag zu lösen.
Leicht verdientes Geld für die einen, schwer zu ertragen für die Verbraucher, die erhebliche Kosten zu tragen haben. Denn nicht nur die Stornogebühren für die Vertragsaufhebung mit dem Haushersteller schlagen zu Buche: Auch an den meist schon abgeschlossenen Darlehensvertrag mit einem Baufinanzierer sind Bauherren gebunden. Für diesen fallen nun Bereitstellungszinsen an. Hohe Kosten also und das alles, ohne ein Haus bauen zu können.
Warum Grundstücksinfos für die Hausplanung essenziell sind
Doch selbst wer innerhalb der Preisbindungsfrist ein passendes Grundstück findet, muss unter Umständen mit Mehrkosten rechnen, wenn er bereits einen Vertrag für den Bau eines bestimmten Haustypen abgeschlossen hat.
Der Grund: In Deutschland gelten für die meisten Baugrundstücke Bebauungspläne, die genaue Vorgaben zur möglichen Bebauung machen. Das heißt: Nicht überall kann man jedes Haus bauen. Auch diese Tatsache zeigt, dass es keinen Sinn macht, einen Bauvertrag abzuschließen, bevor klar ist, auf welchem Grundstück gebaut wird. Denn unter Umständen kann der zum Zeitpunkt des Bauvertrages gewählte Haustyp auf dem später gefundenen Grundstück gar nicht umgesetzt werden, weil die Vorgabendes Bebauungsplans nicht eingehalten werden können. Dann wird eine Haustypenänderung erforderlich.
Auch das fehlende oder erst später eingeholte Bodengutachten kann zu Planungsänderungen und Preissteigerungen führen, wenn z. B. eine spezielle, aufwendigere Gründung oder ein teurerer wasserdichter Keller notwenig wird.
Grundstückskauf nur mit Notar
Ein Immobilienverkauf, und dazu gehört auch der Verkauf eines Grundstücks, muss in Deutschland von einem Notar beurkundet werden – sonst ist der Übergang des Eigentums inklusive Eintragung im Grundbuch nicht möglich.
Aber auch ein Bauvertrag, der in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einem Grundstückserwerb steht, muss notariell beurkundet werden, da beide Verträge miteinander „stehen und fallen“.
Anwaltliche Beratung vor Unterzeichnung jeglicher Verträge im Zusammenhang mit einem Bauvertrag nebst Grundstückserwerb ist daher jedem Verbraucher anzuraten.
Was sagen die Gerichte?
Ist es aber tatsächlich immer so, dass, wer einen Vertrag zum Bau eines Hauses abschließt, grundsätzlich daran gebunden ist? Und zwar auch, wenn noch gar kein Baugrundstück erworben wurde? Wie sehen das die Gerichte?
Das OLG Frankfurt entschied in einem Fall, dass ein Hausbauvertrag, der gar keine Angaben zum Baugrundstück beinhaltet, nicht wirksam zustande kommt*, weil die „Essentialia des Vertrages“, also ein wesentlicher Vertragsinhalt, nämlich das von den Auftraggebern zu liefernde Grundstück zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht vorlag.**
Das OLG Celle sieht noch einen weiteren Punkt: „Unter den gegebenen Umständen hätte der Provisionsvertreter der Klägerin (…) die Beklagten jedenfalls vor dem Abschluss des Hausvertrages darauf hinweisen müssen, dass dieser auch unabhängig vom Erwerb eines Grundstücks und unabhängig von der Finanzierbarkeit des gesamten Bauvorhabens Wirksamkeit erlangen würde.“
Das OLG Celle wies damit in seiner Entscheidung*** die Klage eines Bauunternehmens auf Kündigungsvergütung ab, weil die Auftraggeber, also die Bauherren, nicht hinreichend belehrt wurden. Hierdurch wurde das Gericht den Bedürfnissen der Verbraucher an einer fairen Aufklärung gerecht.
Die sichere Vorgehensweise
Die Frage, die sich jeder Verbraucher stellen muss, ist: Wie kann ein seriöses Bauvertragsangebot vorgelegt werden, ohne Kenntnis des Bauortes und des Baugrunds?
Die Antwort: Ein Hausbauangebot kann nur dann seriös erstellt werden, wenn der Bauherr ein konkretes Grundstück besitzt und Informationen über dessen Bebaubarkeit anhand des geltenden Bebauungsplans sowie eines Bodengutachtens vorliegen. Auch die Besichtigung des Baugrundstücks durch Bauherren und Haushersteller ist üblich und der Bauherr benötigt einen Finanzierungsnachweis seiner Bank für das Budget des weiteren Hausbaus.
Als Bauinteressent sollten Sie daher folgende Reihenfolge einhalten. Sie ist für die richtige Planung und Kalkulation Ihres Bauvorhabens entscheidend. Nur wer weiß, was das Grundstück kostet und welche weiteren Kosten entstehen, kann seinen finanziellen Rahmen für das Haus bestimmen:
- Als erstes muss ein passendes Grundstück erworben werden.
- Dafür muss ein notarieller Kaufvertrag geschlossen und
- der Bauherr als Eigentümer im
Grundbuch eingetragen worden sein (eine Auflassungsvormerkung genügt auch).
- Im nächsten Schritt muss ein Bodengutachten eingeholt werden. Dieses prüft die Bebaubarkeit des Grundstückes. Um nicht die Katze im Sack zu kaufen, kann man das Bodengutachten im Optimalfall auch schon vor dem Erwerb des Grundstückes mit Zustimmung des Verkäufers einholen.
- Danach muss die Bank die Finanzierung des gewünschten Bauvorhabens bestätigen.
- Gemeinsam mit dem Unternehmer muss das Grundstück vor Vertragsabschluss besichtigt werden.
Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann ein seriöses Angebot unterbreitet werden, auf dem der Bauvertrag aufbauen kann.
Cool bleiben!
Entscheidend ist, dass man sich niemals unter Druck setzen lässt. So mancher Handelsvertreter weiß genau, wie man bauwillige Familien überreden kann. Daher ist es wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren. Insbesondere sollte man sich nicht von seinen eigenen Emotionen lenken lassen, sondern mit Sachlichkeit und Logik an das Thema herangehen.
Über alle Entscheidungen sollte man immer nochmal in aller Ruhe nachdenken. Keinesfalls sollten Sie übereilt einen Bauvertrag unterschreiben. Auch wenn oft suggeriert wird, dass es weitere Interessenten gibt oder die Preise steigen werden. Das Angebot läuft in der Regel nicht weg. Empfehlenswert ist es immer auch, sich ein zweites oder gar drittes Angebot von anderen Anbietern einzuholen.
Vorsicht ist geboten:
Gerade bei „Sonderangeboten“ oder besonders günstigen Angeboten muss man genau hinschauen. Dabei wird oft die schlechte Marktlage ausgenutzt, um Bauherren mit scheinbar günstigen Angeboten zu locken. Hier ist auch der gesunde Menschenverstand gefragt
Wenn versucht wird, Druck aufzubauen, ist dies tendenziell ein Zeichen dafür, nicht zu unterschreiben
Bei schlechten Bewertungen und Erfahrungsberichten anderer Baufamilien.
FAZIT:
Es ist ein Qualitätsmerkmal für den Verbraucherbauvertrag eines Hausanbieters, wenn dieser nur unterschrieben werden kann, wenn das Baugrundstück vom Verbraucher erworben und das Bodengutachten für dieses Grundstück erstellt ist.
Nur so herrscht bei Vertragsabschluss Klarheit über die Bebaubarkeit und die Bodenverhältnisse und erst damit ist ein seriöses Angebot des Herstellers an den Verbraucher möglich – und es lassen sich Rechtsstreitigkeiten und Bauablaufstörungen vermeiden: Denn gute Verträge sind Verträge, die zum Vertragen da sind!
Manuela Reibold-Rolinger
- Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
- Mitglied der ARGE Baurecht