Zuerst das Grundstück – dann das Haus!

Wer einen Hausbauvertrag unterschreibt, ohne bereits ein Grundstück für den Bau dieses Hauses zu besitzen, geht ein großes Risiko ein. Rechtsanwältin Manuela Reibold-Rolinger, erläutert die Gefahren – und wie man sicher an Haus und Grund kommt.

Die Grundstückskosten sind in letzter Zeit explodiert: Qua­dratmeterpreise von 1 000 Euro und mehr sind nicht selten und erschwingliche Grundstücke mitt­lerweile nur sehr schwer zu finden. Viele Baufamilien führt das zur Ver­zweiflung, denn der Wunsch vom Eigenheim droht bereits an der Grundstückssuche zu scheitern.

Der Markt hat sich genau darauf eingestellt: Im Internet finden sich immer wieder vermeintliche „Sonder­angebote“ für den Bau eines Hauses auf einem vorhandenen Grundstück – oder verbunden mit dem Verspre­chen, ein solches nach Vertragsab­schluss zu finden. Immer wieder hört man von Vertriebsmitarbeitern man­cher Haushersteller, die Bauinteres­senten im persönlichen Gespräch mit dem Versprechen locken „Wir finden ein Grundstück für Sie“. Mündlich wird also ein passendes Grundstück zum Bauvertrag versprochen. Häufig wer­den auch Bilder von Grundstücken gezeigt. Damit dieses Grundstück er­worben werden könne, müssten die Baufamilien aber erst mal den Bau­vertrag für das Haus unterschreiben. Dass die Aussicht auf ein Baugrund­stück bei der derzeitigen Marktlage viele zum Unterzeichnen eines Bau­vertrages bringt, ist nachvollziehbar.

Pacta sunt servanda: Verträge sind bindend

Während der Hausbauvertrag mit sei­ner Unterschrift zunächst wirksam ist, verhält es sich bei den mündlichen Zusagen, dass ein Grundstück schon vorliegt oder bald gefunden wird, lei­der keinesfalls so: diese sind rechtlich nicht bindend. Viele Bauherren war­ten Monate auf ein Angebot und sind verunsichert, wenn sie immer wieder vertröstet werden.

Zeit ist Geld

So geht unter Umständen mit der Grundstückssuche wieder viel Zeit ins Land – und daraus können für die Bauherren ernsthafte finanzielle Probleme erwachsen. Denn in den unterschriebenen Bauverträgen ist üblicherweise ein Festpreis mit einer Festpreisbindung vereinbart. Inner­halb dieser Frist sichert nicht nur der Haushersteller den vereinbarten Preis zu, sondern auch der Bauherr muss seinen Teil der Pflichten erfüllen, die den Bau des Hauses ermöglichen. Dazu gehört in der Regel auch das passende Baugrundstück bereitzu­stellen.

Nach 12-18 Monaten läuft die Fest­preisbindung in der Regel ab und hier lauert das Risiko: Was passiert wenn in dieser Zeit kein passendes Bau­grundstück gefunden wird? Für einen Rücktritt vom Hausbauvertrag ist es nun zu spät, weil die dafür vertraglich vorgesehenen Fristen meist abgelau­fen sind.

Für den Bauherren heißt das übli­cherweise: Das Haus wird wesentlich teurer. Denn der Haushersteller kann nun den Hauspreis neu kalkulieren. Die Preissteigerungen infolgedessen liegen nicht selten im fünfstelligen Bereich. Geld, das viele Baufamili­en nicht haben, und deswegen eine teure Nachfinanzierung benötigen. Sollte eine Neufinanzierung nicht genehmigt werden, bleibt vielen nur die freie Kündigung des Hausbauver­trages. Dies wiederum hat zur Fol­ge, dass regelmäßig 10 Prozent des Hauspreises an die Baufirma gezahlt werden müssen, um sich vom Ver­trag zu lösen.

Leicht verdientes Geld für die einen, schwer zu ertragen für die Verbrau­cher, die erhebliche Kosten zu tragen haben. Denn nicht nur die Stornoge­bühren für die Vertragsaufhebung mit dem Haushersteller schlagen zu Buche: Auch an den meist schon ab­geschlossenen Darlehensvertrag mit einem Baufinanzierer sind Bauherren gebunden. Für diesen fallen nun Be­reitstellungszinsen an. Hohe Kosten also und das alles, ohne ein Haus bauen zu können.

Warum Grundstücksinfos für die Hausplanung essenziell sind

Doch selbst wer innerhalb der Preis­bindungsfrist ein passendes Grund­stück findet, muss unter Umständen mit Mehrkosten rechnen, wenn er be­reits einen Vertrag für den Bau eines bestimmten Haustypen abgeschlos­sen hat.

Der Grund: In Deutschland gelten für die meisten Baugrundstücke Be­bauungspläne, die genaue Vorgaben zur möglichen Bebauung machen. Das heißt: Nicht überall kann man jedes Haus bauen. Auch diese Tatsa­che zeigt, dass es keinen Sinn macht, einen Bauvertrag abzuschließen, bevor klar ist, auf welchem Grundstück gebaut wird. Denn unter Umständen kann der zum Zeitpunkt des Bauvertrages gewähl­te Haustyp auf dem später gefundenen Grundstück gar nicht umgesetzt werden, weil die Vorgabendes Bebauungsplans nicht eingehal­ten werden können. Dann wird eine Haustypenänderung erforderlich.

Auch das fehlende oder erst spä­ter eingeholte Bodengutachten kann zu Planungsänderungen und Preis­steigerungen führen, wenn z. B. eine spezielle, aufwendigere Gründung oder ein teurerer wasserdichter Keller notwenig wird.

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Grundstückskauf nur mit Notar

Ein Immobilienverkauf, und dazu gehört auch der Verkauf eines Grundstücks, muss in Deutschland von einem Notar beurkundet werden – sonst ist der Übergang des Eigen­tums inklusive Eintragung im Grundbuch nicht möglich.

Aber auch ein Bauvertrag, der in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einem Grundstückserwerb steht, muss notariell beurkundet werden, da beide Verträge miteinander „stehen und fallen“.

Anwaltliche Beratung vor Unterzeichnung jeglicher Verträge im Zusammenhang mit einem Bauvertrag nebst Grundstückserwerb ist daher jedem Verbraucher anzuraten.


Was sagen die Gerichte?

Ist es aber tatsächlich immer so, dass, wer einen Vertrag zum Bau ei­nes Hauses abschließt, grundsätzlich daran gebunden ist? Und zwar auch, wenn noch gar kein Baugrundstück erworben wurde? Wie sehen das die Gerichte?

Das OLG Frankfurt entschied in ei­nem Fall, dass ein Hausbauvertrag, der gar keine Angaben zum Bau­grundstück beinhaltet, nicht wirksam zustande kommt*, weil die „Essentialia des Vertrages“, also ein wesentlicher Vertragsinhalt, nämlich das von den Auftraggebern zu liefernde Grund­stück zum Zeitpunkt des Vertragsab­schlusses nicht vorlag.**

Das OLG Celle sieht noch einen weiteren Punkt: „Unter den gegebe­nen Umständen hätte der Provisions­vertreter der Klägerin (…) die Beklag­ten jedenfalls vor dem Abschluss des Hausvertrages darauf hinweisen müssen, dass dieser auch unabhän­gig vom Erwerb eines Grundstücks und unabhängig von der Finanzier­barkeit des gesamten Bauvorhabens Wirksamkeit erlangen würde.“

Das OLG Celle wies damit in sei­ner Entscheidung*** die Klage eines Bauunternehmens auf Kündigungs­vergütung ab, weil die Auftraggeber, also die Bauherren, nicht hinreichend belehrt wurden. Hierdurch wurde das Gericht den Bedürfnissen der Ver­braucher an einer fairen Aufklärung gerecht.

Die sichere Vorgehensweise

Die Frage, die sich jeder Verbraucher stellen muss, ist: Wie kann ein seriö­ses Bauvertragsangebot vorgelegt werden, ohne Kenntnis des Bauortes und des Baugrunds?

Die Antwort: Ein Hausbauangebot kann nur dann seriös erstellt wer­den, wenn der Bauherr ein konkretes Grundstück besitzt und Informatio­nen über dessen Bebaubarkeit an­hand des geltenden Bebauungsplans sowie eines Bodengutachtens vorlie­gen. Auch die Besichtigung des Bau­grundstücks durch Bauherren und Haushersteller ist üblich und der Bau­herr benötigt einen Finanzierungs­nachweis seiner Bank für das Budget des weiteren Hausbaus.

Als Bauinteressent sollten Sie daher folgende Reihenfolge einhalten. Sie ist für die richtige Planung und Kalkulati­on Ihres Bauvorhabens entscheidend. Nur wer weiß, was das Grundstück kostet und welche weiteren Kosten entstehen, kann seinen finanziellen Rahmen für das Haus bestimmen:

  • Als erstes muss ein passendes Grundstück erworben werden.
  • Dafür muss ein notarieller Kaufver­trag geschlossen und
  • der Bauherr als Eigentümer im

Grundbuch eingetragen worden sein (eine Auflassungsvormerkung genügt auch).

  • Im nächsten Schritt muss ein Boden­gutachten eingeholt werden. Dieses prüft die Bebaubarkeit des Grund­stückes. Um nicht die Katze im Sack zu kaufen, kann man das Bodengut­achten im Optimalfall auch schon vor dem Erwerb des Grundstückes mit Zustimmung des Verkäufers ein­holen.
  • Danach muss die Bank die Finanzie­rung des gewünschten Bauvorha­bens bestätigen.
  • Gemeinsam mit dem Unterneh­mer muss das Grundstück vor Ver­tragsabschluss besichtigt werden.

Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann ein seriöses Ange­bot unterbreitet werden, auf dem der Bauvertrag aufbauen kann.

Cool bleiben!

Entscheidend ist, dass man sich nie­mals unter Druck setzen lässt. So mancher Handelsvertreter weiß ge­nau, wie man bauwillige Familien überreden kann. Daher ist es wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren. Ins­besondere sollte man sich nicht von seinen eigenen Emotionen lenken lassen, sondern mit Sachlichkeit und Logik an das Thema herangehen.

Über alle Entscheidungen sollte man immer nochmal in aller Ruhe nachdenken. Keinesfalls sollten Sie übereilt einen Bauvertrag unter­schreiben. Auch wenn oft suggeriert wird, dass es weitere Interessenten gibt oder die Preise steigen werden. Das Angebot läuft in der Regel nicht weg. Empfehlenswert ist es immer auch, sich ein zweites oder gar drittes Angebot von anderen Anbietern ein­zuholen.

Vorsicht ist geboten:

Gerade bei „Sonderangeboten“ oder besonders günstigen Ange­boten muss man genau hinschauen. Dabei wird oft die schlechte Markt­lage ausgenutzt, um Bauherren mit scheinbar günstigen Angeboten zu locken. Hier ist auch der gesunde Menschenverstand gefragt

Wenn versucht wird, Druck aufzu­bauen, ist dies tendenziell ein Zei­chen dafür, nicht zu unterschreiben

Bei schlechten Bewertungen und Erfahrungsberichten anderer Baufamilien.

FAZIT:

Es ist ein Qualitätsmerkmal für den Verbraucherbauvertrag eines Haus­anbieters, wenn dieser nur unter­schrieben werden kann, wenn das Baugrundstück vom Verbraucher er­worben und das Bodengutachten für dieses Grundstück erstellt ist.

Nur so herrscht bei Vertragsab­schluss Klarheit über die Bebaubar­keit und die Bodenverhältnisse und erst damit ist ein seriöses Angebot des Herstellers an den Verbraucher möglich – und es lassen sich Rechts­streitigkeiten und Bauablaufstörun­gen vermeiden: Denn gute Verträge sind Verträge, die zum Vertragen da sind!

Manuela Reibold-Rolinger

  • Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
  • Mitglied der ARGE Baurecht
Rechtsanwältin Manuela Reibold-Rolinger ist Fachanwältin für Bau- und Architekten- und auf das Verbraucherbaurecht spezialisiert. Des Weiteren ist sie Vertrauensanwältin des Bauherren-Schutzbund e.V., Schlichterin nach der Schiedsordnung Bau (SOBau) sowie Streitlöserin, gelistet bei der DGA-Bau und Mitglied der ARGE Baurecht.
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