Social Media für (Bau-)Rechtsanwälte

„Bloß nicht!“ sagen die einen, „Unbedingt!“ die anderen. In Sachen LinkedIn, Twitter und Co. scheiden sich die Geister der Juristen. Eines ist jedoch sicher: Diese und andere Social Media-Plattformen wachsen und gedeihen prächtig und sind als feste Stimme im Konzert der Kommunikationsmaßnahmen etabliert. In diesem Beitrag stellen wir ausgewählte Kanäle vor und beleuchten deren Potenzial für (Bau-)Rechtsanwälte.

Strategie und langer Atem

Bevor Sie eine Entscheidung treffen, ob Sie sich und Ihre Kanzlei auf der einen oder anderen Plattform präsentieren sollten, empfehlen wir Ihnen, zunächst einige einfache Fragen zu beantworten:

  1. Sind Sie ein Selbstdarsteller?
  2. Können Sie angemessene Ressourcen bereitstellen?
  3. Bringen Sie einen ausreichend langen Atem mit?

Wenn Sie Frage 1) mit „Ja“ beantworten können, dann bringen Sie eine gute Voraussetzung für ein Engagement in den sozialen Medien mit. Das zeigt etwa das Beispiel von Rechtsanwalt Christian Solmecke aus Köln, der einen Youtube-Kanal mit über 931.000 Abonnenten betreibt. Sicher, sein Fachgebiet ist das Medienrecht und das schreit geradezu danach, online präsentiert zu werden. Der Kollege tut dies allerdings mit einem solchen „Drive“, dass einem angst und bange werden kann. Hier ist jemand aktiv, der in einem anderen Leben möglicherweise TV-Moderator geworden wäre.

Ganz so intensiv müssen Sie es ja nicht gleich treiben, zumal das Baurecht in seiner Komplexität weit weniger publikumswirksame Ansatzpunkte bietet als das Medienrecht. Nichtsdestotrotz zeigt das Beispiel, welche Formen ein sozialmediales Engagement annehmen und welche Rückläufe es bringen kann. Nach eigenen Angaben hat Solmecke bereits über 10.000 Mandate über sein Social Media-Aktivitäten generiert.

Das bringt uns zu Frage 2), den Ressourcen. Solmecke unterhält ein eigenes Redaktionsteam, das sich darauf konzentriert, Beiträge für den Youtube-Kanal zu konzipieren und umzusetzen. Einen kompletten Tag in der Woche steht der Kölner Rechtsanwalt vor der Kamera, um sein Versprechen „Jeden Tag ein neues Video“ einzulösen. Diesen Aufwand kann und will natürlich nicht jeder betreiben. Und das ist auch gut so.

Natürlich ist es auch ein himmelweiter Unterschied, ob Sie sich auf der Berufsplattform LinkedIn mit einem Profil und einem gelegentlichen Beitrag in einer der Baurechts-Gruppen engagieren oder ob Sie dort täglich mehr oder weniger Substanzvolles von sich geben wollen.

Social Media brauchen Ressourcen

Mit der Frage nach den Ressourcen wollten wir Sie vor allem darauf hinweisen, dass Sie sich dazu Gedanken machen sollten, bevor Sie einen Social-Media-Kanal oder gar mehrere starten. Denn ein Profil ist schnell eingerichtet, die regelmäßige Bespielung mit sinnvollen Inhalten macht sich jedoch nicht von allein und kaum nebenbei.

Was uns zu Frage 3), dem langen Atem, führt. Eine Plattform in sozialen Netzen will nicht nur heute, nächste Woche oder nächsten Monat unterhalten werden, sondern vom Start an immer – es sein denn, Sie beschließen irgendwann, Ihr Engagement zu beenden und Ihr Profil zu deaktivieren, aber das soll ja nicht das Ziel sein.

Geben Sie dem Thema also frühzeitig eine angemessenere Bedeutung. Wenn Sie nicht selbst aktiv werden, delegieren Sie das Thema an einen jungen Kollegen oder an ein Team in Ihrer Kanzlei und statten Sie die Kollegen mit entsprechender Kompetenz aus. Deren erste Aufgabe sollte es sein, eine Strategie für Ihr Social-Media-Engagement zu entwickeln.

Wenn Social Media, dann strategisch!

Bereits 2013 befragte der Online-Marketing-Experte Felix Beilarz 104 (online-affine und somit nicht repräsentative) Rechtsanwälte bzw. Kanzleien nach ihren Social-Media-Aktivitäten. Gut die Hälfte (54 Prozent) stuften das Thema als wichtig oder sogar sehr wichtig ein. Eine steigende Bedeutung in der Zukunft sahen seinerzeit fast drei Viertel der befragten Rechtsanwälte (72,5 Prozent) voraus. Folgerichtig waren fast alle Befragten (90,4 Prozent) sozialmedial aktiv. Allerdings gaben 67 Prozent davon an, mit den Ergebnissen eher unzufrieden oder sogar sehr unzufrieden zu sein. Eine ausgearbeitet Social-Media-Strategie hatte indes nur jeder Zwölfte der Befragten (8,6 Prozent).

Mit diesem Befund untermauern wir eine zentrale Empfehlung: Wenn Sie in den sozialen Medien aktiv werden wollen, dann entwickeln Sie eine klare Strategie, halten Sie sie schriftlich fest und sorgen Sie dafür, dass diese für mindestens sechs, besser zwölf Monate eingehalten wird. Diese Zeit ist nötig, um eine valide Evaluation der Aktivitäten vornehmen zu können. Ihre Strategie braucht keine epische Breite, sollte aber mindestens die folgenden Kapitel enthalten:

  1. Analyse - Ermitteln Sie Ihre Ist-Situation, z. B.: Wo stehen Sie heute? Wie akquirieren Sie neue Mandate? Was machen die Wettbewerber?
  2. Ziele – Was wollen Sie erreichen? Wann wollen Sie wo stehen?
  3. Zielgruppen – Wen wollen Sie ansprechen? Welche Branchen, Berufsgruppen, Personen etc.?
  4. Kanäle – Wo treibt sich Ihre Zielgruppe herum? Welche Social-Media-Plattformen sind für Ihre Zwecke geeignet?
  5.  Inhalte – Welche Themen können Sie auf den ausgewählten Kanälen veröffentlichen? Welche Inhalte können Ihren Zielgruppen weiterhelfen, sie interessieren, zu einem Dialog animieren?
  6. Erfolgsmessung – Was bringen Ihre Aktivitäten? Hier brauchen Sie anfangs etwas Geduld, denn erst, wenn Sie einige Daten beisammenhaben, können Sie Rückschlüsse auf die Wirkzusammenhänge ziehen.

Auf Basis dieser ausgearbeiteten Strategie können Sie in die Umsetzung gehen. Sehr wahrscheinlich werden Sie einen oder mehrere der folgenden Kanäle dafür ausgewählt haben.

Social Media = Facebook, oder?

Wenn Rechtsanwälte über soziale Medien reden, meinen sie häufig Facebook. Das ist nicht falsch, aber eben auch nicht richtig. Facebook ist nur ein Kanal von vielen, allerdings mit beeindruckender Verbreitung: Mehr als 46 Millionen Deutsche nutzen die Plattform und viele Unternehmen meinen, schon allein deswegen dort aktiv sein zu müssen. Rechtsanwälte sollten sehr genau prüfen, ob ein Engagement dort sinnvoll ist.

Für Baurechtler ist die Frage schnell geklärt. Wenn Sie Ihre Mandanten vor allem unter privaten Bauherren suchen, dann können Sie auf Facebook einiges erreichen. Eine gute geführte, informative Fanseite kann Ihnen schnell Bekanntheit und neue Mandanten bringen. Rechtsanwältin Manuela Reibold-Rolinger, Fachanwältin für Bau- und Immobilienrecht und Mitglied in der ARGE Baurecht, macht das mit ihrer Fanseite vor. Das Beispiel zeigt eindrucksvoll, was alles möglich ist, repräsentativ ist es indes nicht. Wenn Sie ohnehin vor allem für Bauprofis, also Planer, Bauunternehmen, Investoren oder öffentliche Auftraggeber aktiv sind, sind andere Kanäle sicher besser geeignet.

Chancen für Arbeitgeber

Wobei wir auch in dieser Frage um das anwaltstypische „es kommt darauf an“ nicht herumkommen. Denn bei der Mitarbeitergewinnung spielt Facebook eine wachsende Rolle. Zukünftige Mitarbeiter, deren Kommunikationsverhalten durch Facebook und Co. geprägt ist, nutzen diese und andere Plattformen auch, um sich über potenzielle Arbeitgeber zu informieren. Wenn Sie diesen strategischen Ansatz verfolgen, kann Facebook das Recruiting Ihrer Kanzlei unterstützen. Das zeigen etwa die Beispiele von Linklaters Germany oder Allen & Overy Karriere.Durch Fotos, Videos und unterhaltende Posts wird hier die Unternehmenskultur veranschaulicht und die Nutzer haben die Möglichkeit, einen Einblick in die Kanzleien zu bekommen. Weitere Beispiele dieser Art finden Sie am Ende dieses Beitrags.

Baurecht in 280 Zeichen?

Twitter ist eine digitale Echtzeit-Anwendung zum Mikroblogging. Privatpersonen, Organisationen, Unternehmen und Massenmedien nutzen Twitter als Plattform zur Verbreitung von kurzen Textnachrichten (Tweets), die meist auch mit Links und immer mehr auch mit Fotos und Videos versehen sind. Diese Nachrichten dürfen maximal 280 Zeichen lang sein.

Nach eigenen Angaben nutzen 12 Millionen Menschen in Deutschland Twitter. Im Gegensatz zu anderen sozialen Medien sind dies vor allem professionelle Nutzer bzw. Anwender – damit wird die Plattform potenziell interessant für alle Kanzleien, die insbesondere Bauprofis oder auch Medien für die Eigen-PR im Blick haben.

Zudem besteht die Möglichkeit, Kontakte aufzubauen und Netzwerke zu knüpfen sowie gleichzeitig auf professioneller Distanz zu bleiben. Denn auf Twitter muss man nicht befreundet sein, wie etwa auf Facebook oder eine Kontaktanfrage bestätigen, wie etwa auf LinkedIn. Die Verbindung über bestimmte Themen reicht aus, um erste Fäden zu neuen Interessenten zu knüpfen.

Dabei müssen Sie sich allerdings der Herausforderung stellen, mit wenigen Worten etwas möglichst Substanzielles auszudrücken. Die Halbwertzeit der so genannten Tweets ist mit 90 Minuten naturgemäß sehr gering, so dass Uninteressantes sofort untergeht. Insofern sollten Sie sich sehr genau überlegen, ob Sie die Anforderungen der Plattform bedienen können. Einige Kanzleien tun dies mit bemerkenswerten Erfolgen, z. B. Baker McKenzie oder CMS Deutschland.

Königsdisziplin mit Eigenheiten

Die disruptive Kraft von Youtube erleben wir tagtäglich in den veränderten Mediennutzungsgewohnheiten der Jüngeren. Konkrete Zahlen sind für Deutschland nicht vorhanden, aber die auch in Fachkreisen kolportierte Faustregel „mehr als ein Drittel aller Internetnutzer schaut sich Videos auf YouTube an“ sagt einiges über Potenzial der Plattform. Auch für Juristen (die sich an private Zielgruppen richten) kann der Kanal einiges leisten, wie das weiter oben gezeigte Beispiel von Rechtsanwalt Solmecke zeigt. Allerdings ist der Aufwand dafür beträchtlich. Und ein schlecht gemachter und kaum bespielter Youtube-Kanal schadet eher als dass er etwas nützt.

Virtuelles netzwerken

Social Media-Kanäle mit deutlich anderer Prägung sind die so genannten Berufsplattformen LinkedIn (18 Millionen Nutzer im DACH-Raum, weltweit rund 830 Millionen, sehr stark in USA und Asien) und Xing (17 Millionen Nutzer im deutschsprachigen Raum). Beides sind gewissermaßen digitale Alter Egos Ihres realen beruflichen Netzwerks. Sie können die Plattformen als Einzelperson oder mit einem Unternehmensprofil nutzen. Mit einer Unternehmensseite bei LinkedIn können Sie Ihre Kanzlei präsentieren und beispielsweise Neuigkeiten, Stellenanzeigen, eigene Fach-Beiträge oder interessante Beiträge aus Ihrem Netzwerk veröffentlichen. Wenn Sie möchten, können Sie sich auch in Fachgruppen engagieren, mitdiskutieren oder Diskussionen anstoßen. Inwieweit Sie Ihr Engagement ausbauen, hängt davon ab, wie viel Zeit und Lust (genauer: Ressourcen) Sie haben. Mit interessanten, hochwertigen Beiträge und aktiver Beteiligung an den Diskussionen in den Gruppen generieren Sie die Aufmerksamkeit potenzieller Mitarbeiter und Mandanten.

Schärfen Sie Ihr Profil

Private Mitglieder geben auf  LinkedIn und Xing in der Regel ihren Arbeitgeber, ihre Position, Berufserfahrung, ihr Studium etc. an. Das Nutzerprofil entspricht Ihrem Lebenslauf oder dem, was Sie davon preisgeben wollen. Zusätzlich können Sie Schlagwörter hinzufügen, die Ihr Profil weiter schärfen, z. B. privates Baurecht, Bauvertragsrecht, Architektenrecht etc. sowie Gruppen beitreten.

Wenn Sie verstärkt international arbeiten, ist LinkedIn das Richtige für Sie. Die Plattform ist international ausgerichtet und bietet weltweit eine sehr hohe Reichweite.

Fazit

Mit Social Media können Sie viel erreichen. Klären Sie jedoch unbedingt vorher, ob es zu Ihrer grundsätzlichen Positionierung als Rechtsanwalt bzw. als Kanzlei passt. Denn die sozialen Medien verlangen Ihnen einiges ab. Sie verschlingen Aufmerksamkeit und Ressourcen und werfen durchaus auch juristische Probleme auf. Dennoch sollten Sie das weite sozialmediale Feld keinesfalls leichtfertig dem Wettbewerb überlassen – es sei denn, Sie entscheiden sich ganz bewusst dafür.

Der Beitrag vom 26.9.2017 wurde am 15. Mai 2023 aktualisiert.