Digitalisierung am Bau ist mehr als nur BIM
Wird von Digitalisierung im Bau gesprochen, denken viele zunächst an das „Building Information Modeling“ (BIM). Dabei reichen die Potenziale deutlich weiter. Doch laut des Berichts der KfW-Bankengruppe liegt der Fokus derzeit noch auf der Digitalisierung des Kontaktmanagements zu Kunden und Zulieferern. Hier steht die Baubranche mit 64 Prozent sogar an der Spitze, wohingegen sie im Aufbau von Know-how (20 Prozent), der Reorganisation des Workflows (20 Prozent) sowie der Einführung neuer Vertriebskonzepte und der Digitalisierung von Produkten und Dienstleistungen (jeweils 10 Prozent) noch deutlich hinter den übrigen Wirtschaftszweigen liegt.
Mit dem hohen Investment in das verbesserte Kontaktmanagement kommen die Unternehmen einer Empfehlung nach, die bereits 2016 in der Roland Berger-Studie „Digitalisierung der Bauwirtschaft – Der europäische Weg zu Construction 4.0“ ausgesprochen wurde. Philipp Hoff, Co-Autor der Studie, sieht hierin eine große Chance. Denn mit Hilfe mobiler Apps können Baufirmen und -zulieferer mit ihren Auftraggebern Informationen schnell austauschen – vor, während und nach dem Bauvorhaben. Besonders nach Fertigstellung verschenke die Branche oftmals viel Potenzial, indem man über längere Zeit keinen Kontakt mehr zum Kunden halte. Dabei sollten auch Baufirmen auf langfristige Kundenbeziehungen setzen und die Möglichkeiten digitaler After Sales-Anwendungen nutzen, so Hoff.
Grund zur Hoffnung geben auch die im KfW-Bericht ermittelten Ausgaben pro digitalisierendem Betrieb in der Baubranche. Allerdings befindet sich dieser Wert mit durchschnittlich 9.300 Euro pro Betrieb (gegenüber durchschnittlich 40.500 Euro im verarbeitenden Gewerbe) weiterhin in einem sehr niedrigen Bereich. Der Anstieg von 8.200 auf 9.300 Euro zwischen 2016 und 2017 zeigt jedoch einen merklich gestiegenen Investitionswillen.
Start-ups inspirieren die Baubranche
Schon sehr bald, ab 2020, wird BIM auch in Deutschland zum Standard in öffentlichen Ausschreibungen für Infrastrukturprojekte werden. Um zu dem Zeitpunkt bereits vertraut mit dem Bauen 4.0 zu sein, empfiehlt sich eine frühzeitige Einarbeitung in das neue Gebiet. Doch laut einer Analyse des Beratungsunternehmens PricewaterhouseCoopers (PwC) setzte 2018 nicht einmal jedes zehnte deutsche Bauunternehmen auf BIM. Dabei prognostiziert das Beratungsunternehmen der Baubranche ein gewaltiges Effizienzpotential durch die Digitalisierung. Den größten Einfluss sieht PwC hinsichtlich Zeitersparnis und Flexibilität. Der neue Know-how-Bedarf sowie die notwendigen Investitionen sind der Analyse zufolge die größten Barrieren.
Was abseits von BIM jedoch möglich ist, wenn diese Investitionen getätigt werden, zeigt beispielsweise die aktuelle Kooperation des Bauunternehmens Max Bögl mit dem Start-Up Capmo. Gemeinsam wollen sie das Projektmanagement auf der Baustelle verbessern. Dazu werden Baupläne zunächst digital erfasst. Bauleiter, Qualitätsmanager und Produktionsverantwortliche können anschließend Fortschritte und Mängel per Handy- oder Tabletkamera festhalten und direkt im Bauplan verorten. Der Bauherr hat somit permanent einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen und alle Beteiligten profitieren von einer erleichterten Zusammenarbeit und verbesserten Qualitätskontrolle. Laut einem Investor können Bauprojekte mit derartiger Software bis zu 40 Prozent produktiver sein.
Folgen für das Baurecht?
Das Baurecht ist von den Entwicklungen direkt und indirekt betroffen. Sowohl die Digitalisierung des gesamten Bauwesens bringt neue Herausforderungen mit sich, da neue Prozesse, Programme und Anforderungen in der anwaltlichen Arbeit berücksichtigt werden müssen. Das erfordert auch ein neues Know-how in Digitalisierungsfragen auf anwaltlicher Seite, die über Anwendungen zum Kanzleimanagement deutlich hinausgehen. Die digitale Fallbearbeitung ist einer der nächsten Schritte in Sachen LegalTech. Dabei bringt sich die ARGE Baurecht in Kooperation mit Wolters Kluwer ein und treibt eine derartige Software-Lösung aktiv voran.